In der Vergangenheit hatte sich die Medienregulierung zum Ziel gesetzt, die Medienvielfalt zu verwirklichen. Wenn sich ein Anbieter verpflichtete oder verpflichtet wurde, Nachrichten oder Regionalprogramme auszustrahlen, dann erhielt er auch bevorzugten Zugang zu den Übertragungswegen wie etwa dem TV-Kabel. Doch in Zeiten der Digitalisierung und des Internets gibt es längst eine überbordende Vielfalt an Angeboten - und die wird für die bislang privilegierten Anbieter längst eher zum Problem. Schließlich drohen sie nun im Wettbewerb mit anderen, nicht so streng oder gar nicht regulierten Anbietern, unterzugehen.

"Das Problem der Knappheit hat sich nicht erledigt. Aus einer technologischen Knappheit ist nur eine Wahrnehmungsknappheit geworden", so Tobias Schmid, Bereichsleiter Medienpolitik der Mediengruppe RTL Deutschland bei der Diskussionsrunde "Medienpolitik: Navigation und EPGs - Was ist erlaubt?" auf der ANGA COM. Das Problem der Regulierung: Während man den Kabelnetzbetreibern bei der Zusammenstellung von Basis-Navigationen noch Vorschriften macht, sind neue TV-Portale, die längst von den Herstellern der Geräte kommen, bislang frei von jeglichen Verpflichtungen.

Bei Kabel Deutschland findet man das ungerecht. Annette Schumacher, Abteilungsleiterin Regulierung & Public Affairs des Unternehmens: "Es geht nicht, dass wir reguliert bleiben, andere aber nicht." Sie betonte zudem, dass man in diesem Spiel längst zu den kleineren Playern gehöre. Gleiches Recht für alle war also die Forderung - und das war auch der Tenor, in den Tobias Schmid einstimmte: Wenn man die Regulierung vom Rundfunk nicht auch auf Web-Angebote ausdehne, dann habe sich die Medienregulierung allgemein erledigt. Wenn der Gesetzgeber den Sendern bestimmte Pflichten auferlege, dann müsse er auch dafür sorgen, dass sie auch auf neuen Angeboten wie den Portalen der Endgeräte-Hersteller oder im Web gefunden werden.

Jan Kottmann, Leiter Medienpolitik DACH bei Google, musste da natürlich dagegen halten und wehrte sich gegen Forderungen, in den Suchalgorithmus einzugreifen, um etwa Angebote von Sendern zu bevorzugen. Es könne nicht angehen, dass der Nutzer nicht mehr das finde, was er finden wolle, sondern das, was die Medienpolitik als besonders wichtig ansehe. Wenn die ersten Ergebnisseiten von Suchen künftig immer von den bekannten Anbietern wie ARD und ZDF belegt würden, dann sei dies sicher kein Beitrag zur Erhaltung der Vielfalt und könne nicht im Sinne des Erfinders sein.

Tobias Schmid von RTL betonte, dass es natürlich nicht darum gehe, die digitale Vielfalt einzuschränken. Aber er übertrug das Beispiel auf den Rundfunk: Es sei auch nicht die Idee des Zuschauers gewesen, dass auf den meistgesehenen Programmen Lokalfenster gezeigt werden müssen. Es ist eine Auflage der Medienpolitik, weil es gewollt sei, dass möglichst viele Nutzer fast zwangsweise in diese Inhalte "hineingespült" werden. Man könne dieses Verfahren nicht in einer Mediengattung sinnvoll und in einer anderen Mediengattung sinnlos finden.

"Beide Systeme sind in sich stimmig. Aber beide Systeme passen nicht zusammen", so Schmid. Für welche der beiden Möglichkeiten - Deregulierung des Rundfunks oder Regulierung auch der neuen Angebote - man sich entscheide, sei ihm und der RTL-Gruppe letztlich egal. Wichtig sei nur, dass für alle die gleichen Regeln gelten. "Mann kann Google gerne in Ruhe lassen. Dann soll man uns aber auch in Ruhe lassen."