Foto: SAT.1Im September erscheint das neue Buch "Die TV-Falle" von Roger Schawinski, in dem sich der ehemalige Sat.1-Geschäftsführer seinen Alltag als Senderchef und die Welt von TV-Stars und Werbemillionen schreibt. Er geht aber auch über die Beschreibung seiner Sat.1-Zeit hinaus: Schawinski beleuchtet das Zusammenspiel von Politik, Produktionsgesellschaften, Printmedien und Fernsehen und regt eine Diskussion über die Fernsehkultur und ihre rechtlichen Rahmenbedingungen an.

Am Donnerstag veröffentlichte das "Zeit Magazin Leben" nun einen ersten längeren und sehr lesenswerten Auszug aus dem Buch, in dem Roger Schawinski die Geschichte des Megaflops "Blackout - Die Erinnerung ist tödlich" detailliert beschreibt - beginnend von der Entwicklung des Vierteilers bis zum "Morgen danach", an dem das niederschmetternde Ergebnis bekannt war.

Im Vorfeld der Entwicklung von "Blackout" habe sich Roger Schawinski ausrücklich von der Philosophie des Ex-RTL-Chefs Thoma "Im Seichten kann man nicht Ertrinken" abgrenzen wollen und wollte auf qualitativ höherwertige Produktionen setzen. "Das weitaus ambitionierteste war 'Blackout'", so Schawinski. "Als wir den Rohschnitt der ersten Folgen sahen, waren wir verstört. Noch nie hatten wir etwas ähnlich Radikales, Eindringliches gesehen."


Doch schon vor der Ausstrahlung habe es Warnsignale gegeben. Die Resultate der ersten Marktforschung bezeichnet Roger Schawinski als "ernüchternd". "Folge 1 ist zu kompliziert, zu verworren, teilweise langatmig und kognitiv beanspruchend", zitiert Schawinski aus der Zusammenfassung. In der Folge wurde nachgebessert, was zu heftigen Diskussionen zwischen Sender und Regisseur geführt hat, der sein künstlerisches Werk durch die Interessen eines kommerziellen Senders gefährdet gesehen haben.

Dennoch hatte man schließlich alle Klippen umschifft - und heimste mit dem fertigen Produkt überall Lob ein. "Wohl nie zuvor gab es für eine Serie im deutschen Fernsehen solche Elogen, wie wir sie im Vorfeld der Ausstrahlung lesen konnten", so Schawinski. Immer wieder gelobt worden sei der "Mut" des Senders - was den damaligen Sat.1-Chef aber eher nachdenklich gemacht hat. "Diese Lobeshymnen hatten auch mich zutiefst verunsichert. Waren wir etwa ein größeres Risiko eingegangen, als uns selbst bewusst gewesen war, und hatten es viele der Beteiligten erkannt, nur wir nicht?"

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Trotz der Lobeshymnen blieb man bei Sat.1 vorsichtig, den Werbepreisen wurde im Vorfeld "betont defensiv" ein Marktanteil von 13 Prozent zugrunde gelegt - ein Wert, der noch deutlich unterschritten werden sollte. Den Morgen danach beschreibt Schawinski so: "Dann, so gegen halb neun am nächsten Morgen, hatte ich die Quoten auf meinem BlackBerry. Aufgeregt spulte ich die einzelnen Sendungen herunter, bis ich es vor mir sah: Blackout 7,0 Prozent. Ich erstarrte augenblicklich. 7 Prozent! Das war eine Katastrophe! 7 Prozent. Wie war das möglich?"

Im Sender habe Trauerstimmung und "blankes Entsetzen" geherrscht. Doch gleichzeitig habe man "aus der gesamten Welt des deutschen Fernsehens Sympathiebekundungen" bekommen. "Selbst bei der Konkurrenz war nicht der geringste Hauch von Häme zu verspüren", so Schawinski. Im Anschluss begann die Suche nach den Fehlern. Die Quintessenz: "Wir hatten nicht genau genug analysiert, ob wir mit einer Serie wie Blackout die richtige Ansprache für das Publikum von Sat.1 gewählt hatten. (...) Wir hatten gehofft, dass der Köder diesmal dem Fisch und dem Angler zugleich schmecken würde, aber wir Macher hatten den Schmaus vorwiegend mit unserem eigenen Gaumen abgeschmeckt."

Das Buch "Die TV-Falle" erscheint im September im Kein & Aber-Verlag und wird 16,90 Euro kosten. Die Kapitel des Buches tragen Überschriften wie "Verliebt in Telenovelas", "Produzenten und ihre Stars", "Die CSIisierung des Fernsehens", "Ach, diese Zuschauer!" oder eben "Der totale Blackout".