Foto: ZDFNach den schweren Vorwürfen, die nach dem Auftauchen einer PR-Vereinbarung mit dem Unternehmen Weight Watchers gestern gegen ZDF-Moderatorin Andrea Kiewel erhoben wurden, hat sich Kiewel, die sich derzeit in den USA aufhält, am Donnerstag selbst zu Wort gemeldet.
 
„Selbstverständlich hätte ich einräumen müssen, dass es eine PR-Vereinbarung gab, in deren Rahmen es zu einem Foto-Shooting und einem Interview-Termin kam. Das war ein Fehler, für den ich mich ausdrücklich bei den Zuschauern und den Kollegen vom ZDF entschuldigen möchte“, teilt sie am Donnerstag mit. „Dennoch möchte ich betonen, dass Weight Watchers für den Auftritt bei 'Johannes B. Kerner' keine wie auch immer geartete Honorierung zahlte“, heißt es in der schriftlich übermittelten Stellungnahme weiter. Darüber hinaus werde es weder von Kiewel noch ihrem Management weitere Stellungnahmen zum Thema geben.
 
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Die Vereinbarung zwischen Andrea Kiewel und Weight Watchers (Foto: DWDL.de)
 
 
Das ZDF muss sich also damit begenügen und über die künftige Zusammenarbeit entscheiden. Es war ein schwerer Schlag, der die Mainzer am Mittwoch mit Bekanntwerden von Kiewels PR-Vereinbarung traf. Und man machte beim ZDF auch keinen Hehl daraus. Nachdem der Schleichwerbe-Skandal aus dem Jahr 2005 überstanden war, bringt Kiewel mit ihrem Auftritt bei "Johannes B. Kerner" den Sender wieder in die Negativ-Schlagzeilen.
 
Noch dazu als Gast, der selbst für das ZDF tätig ist. "Fernsehgarten"-Moderatorin Andrea Kiewel plauderte im Januar mit Kerner über die Vorzüge, die das Abnehmen mit dem Unternehmen Weight Watchers mit sich brächte - und hatte eine PR-Vereinbarung mit just diesem Unternehmen. In der Vereinbarung hieß es zudem, man zähle „Kerner“ zu den „besonders erwünschten Formaten“, in denen
Kiewel das Weight Watchers-Produkt „Power Start“ platzieren solle.
 
 
Das ZDF ist erbost. Der Sender nannte den Vorfall bereits „sehr gravierend“. Bei Weight Watchers selbst hält man sich eher bedeckt. Die PR-Vereinbarung sei aus Kiewels persönlicher Begeisterung für das Unternehmen entstanden. „In diesem Rahmen hat Frau Kiewel beispielsweise erfolgreiche Weight Watchers-Teilnehmer ausgezeichnet und ist so für viele Menschen ein ermutigendes Vorbild geworden“, teilt das Unternehmen in einem Statement mit.
 
Zum „Kerner“-Auftritt heißt es bei Weight Watchers eher lapidar, Andrea Kiewel sei direkt von der zuständigen Redaktion zum Thema „Abnehmen“ eingeladen worden. Der Impuls sei also nicht von Kiewel ausgegangen. Dennoch: Die Vereinbarung stellte für "Kerner" ein „Sonderhonorar“ in Aussicht - auch wenn es nicht geflossen ist, äußerst bedenklich. „Wir gehen davon aus, dass der Redaktion aufgrund der langen öffentlichen Zusammenarbeit zwischen Weight Watchers und Frau Kiewel im Vorfeld hinreichend bekannt war, das Frau Kiewel mit Weight Watchers abgenommen hat“, teilt Weight Watchers mit und gibt die Verantwortung für die zumindest zu irgendeinem Zeitpunkt beabsichtigte Schleichwerbung an Kerner und sein Team ab.

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Eine Lesart dieses Statements wäre, dass die Redaktion hätte wissen müssen, dass zumindest die Möglichkeit besteht, dass Kiewel – auch wenn sie im Vorfeld und während der Sendung – Gegenteiliges gesagt hat, mit dem Unternehmen Geschäfte macht, die auch die Interessen der Sendung und des Senders betreffen könnten. Selber Schuld, scheint Weight Watchers hier wohl zu sagen. Wie genau die Aussage des Unternehmens aus dem Januar, man habe mit dem Auftritt Kiewels bei Kerner nichts zu tun, nun zu verstehen sei, wollte man bei Weight Watchers heute auf DWDL.de-Nachfrage unter Verweis auf das aktuelle Statement nicht näher erläutern. Dass man mit der Vereinbarung einen Anreiz schaffte, verbotene Themenplatzierungen zu versuchen - auch darüber schweigt das Unternehmen.
 
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Die besonders pikante Passage der Vereinbarung (Foto: DWDL.de)
 
 
Um so schwieriger wird die Situation nun für die Macher der TV-Sendungen. „Wir sind seit Anfang an sehr sensibel – ohne uns allerdings dabei selbst verrückt zu machen“, sagte Kerners Redaktionsleiter Markus Heidemanns im vergangenen März im DWDL.de-Interview zum Thema Schleichwerbung. Doch wie will man sich künftig dagegen wehren? Noch ist der Fall zu frisch, als dass es konkrete Überlegungen hierzu gäbe. Bei Protagonisten aus dem eigenen Hause erscheint es einfacher – die müssen ihre Werbeengagements offen legen. Moderator Kerner nannte Kiewels Auftritt gegenüber der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ „nicht sehr freundlich und nicht sehr kollegial“, sollten die Vorwürfe stimmen.

Kiewels Management räumte bereits ein, dass man den Schleichwerbe-Vorfall bedauere und dass es Kiewel "nur noch schwer möglich war, 'private Überzeugung' und 'bezahlte PR-Leistung' konsequent voneinander zu trennen". Das in Aussicht gestellte Sonderhonorar sei ohnehin nicht geflossen. Ein Auftritt wäre demnach nur dann als Schleichwerbung zu verstehen, wenn der Werbende es auch so sieht. Doch dies kann nicht das Beurteilungskriterium sein, denn zu unscharf wäre die Trennungslinie. „Das Problem des Übergewichts wird mehr und mehr zu einer gesellschaftlichen Bedrohung“ ist im Statement von Weight Watchers zu lesen. Das Problem der unbemerkten Vermischung von Werbung und Inhalten aber auch.