Foto: AppleDWDL: Herr Dr. Schusser, seit heute verkauft Apple auch in Deutschland TV-Inhalte via iTunes. Kommt das nicht fast etwas zu spät?

Dr. Schusser: Uns ging es gar nicht um den Zeitpunkt sondern darum, ein attraktives Angebot zu haben. Es hat in Europa etwas gedauert bis wir mit den TV-Inhalten gestartet sind, aber Deutschland ist mit Abstand der zweitgrößte digitale Markt in Europa und nach dem Start in Großbritannien im vergangenen Jahr war es klar, dass als nächstes Deutschland folgen wird. Wir sind jetzt mit über 35 Shows von ProSiebenSat.1, ZDF Enterprises, Brainpool, ABC Studios und MTV Networks gestartet. Wir freuen uns darüber sehr und sind auch auf die kommenden Monate sehr gespannt.

Das klingt nach mehr in den kommenden Monaten...

Sie können davon ausgehen, dass wir unser Geschäft global sehr ähnlich gestalten. Und wir sind 2005 in den USA mit fünf Shows von einem Anbieter gestartet und im vergangenen Jahr in Großbritannien mit acht Shows von zwei Anbietern. Und in beiden Märkten ist es dabei nicht geblieben. Wir werden peu à peu sowohl mit den bestehenden Partnern die Zusammenarbeit ausbauen als auch neue Partner hinzufügen.

Um nochmal zur Frage des Zeitpunkts zu kommen: Da sind Ihnen die Sender in Deutschland mit Angeboten wie Maxdome oder RTL now zuvor gekommen. Wo ist die Marktlücke für iTunes, wenn ich manche der Inhalte schon woanders umsonst bekomme?

Wir sind ja auch im Musikgeschäft in Deutschland nicht die ersten gewesen und haben uns nach dem Start in den USA anderthalb Jahre Zeit gelassen. Auch damals gab es schon verschiedene Anbieter mit unterschiedlichen Geschäftsmodellen und Preisen. Uns ist wichtig, dass das Produkt, dessen Attraktivität und die Integration mit unserer Hardware stimmt. Natürlich muss es preislich auch wettbewerbsfähig sein.

Aber konkret: Was bietet mir iTunes, was die Sender online inzwischen nicht selbst auch schon anbieten?

Sie können die Inhalte wie beim Musikangebot im Download-to-own-Verfahren kaufen und herunterladen. Bei den TV-Shows zum Preis von 1,99 Euro bzw. 2,49 Euro. Dann gehört der Content Ihnen und sie können ihn über ihren Mac oder PC, iPod, iPhone oder Apple TV anschauen. Was uns von anderen Anbietern unterscheidet, ist sicher die Konzentration auf das eigene Produkt und die nahtlose Integration in unsere Hardware. Von der Bildauflösung bis zu dem Feature, dass sie etwas auf ihrem Rechner schauen und das synchronisierte iPhone oder der synchronisierte iPod weiß, wo sie aufgehört haben und Ihnen anbietet, dort weiterzuschauen.
 
Einer der Partner mit denen Sie gestartet sind, ist ZDF Enterprises. Mich überrascht, dass ich für gebührenfinanziertes Programm bei iTunes noch einmal zahlen soll...

Das ist eine Frage, die nur ZDF Enterprises beantworten kann. Wir freuen uns aber sehr, dass wir diesen attraktiven Partner dabei haben. Wir arbeiten ja auch in England schon sehr erfolgreich mit der BBC zusammen, auch wenn das öffentlich-rechtliche System und deren Verwertung etwas anders läuft als in Deutschland.

Naheliegende Frage auch: Wieso sind, gerade nach so langer Vorbereitung, ARD und die RTL Gruppe noch nicht dabei?

Die Frage habe ich indirekt schon beantwortet. Wir sind in den USA und Großbritannien auch nicht gleich mit allen denkbaren Partnern gestartet. Wenn Sie sich den iTunes-Store in den USA anschauen, dann sind wir von einem Partner auf über hundert gewachsen. Aus meiner Sicht gibt es keinen Grund warum es sich nicht auch in Deutschland so entwickeln soll.

Der Start in Deutschland ist eine Premiere für Apple, weil es der erste Markt mit synchronisierten Inhalten ist. Soll es bei synchronisierten Inhalten bleiben oder kommen auch noch Originalversionen hinzu, wie es sie z.B. bei Maxdome gibt?


Richtig beobachtet, es ist eine Premiere für uns. Aber wir schauen nicht so sehr auf den Wettbewerb sondern fokussieren uns auf unser eigenes Angebot. Die meisten Shows, die wir anbieten, sind sowieso deutsche Produktionen. Wir glauben auch, dass der deutsche TV-Zuschauer gewohnt ist, seine Fernsehinhalte auf deutsch zu sehen, deswegen werden auf absehbare Zeit alle Inhalte im deutschen iTunes-Store in deutscher Sprache sein.

Die Preise für eine Episode liegen mit 1,99 Euro bzw. sogar 2,49 Euro deutlich über dem Preis in den USA...


Man kann es zusammenfassen mit: Andere Länder, andere Geschäftsmodelle. Aber in den USA kommt z.B. zu den 1,99 Dollar noch die Mehrwertsteuer hinzu, die in Deutschland schon inbegriffen ist. Die Preise in Deutschland entsprechen in etwa denen in Großbritannien, wo eine Folge 1,89 Pfund, also etwa 2,49 Euro, kostet. Gerade mit dem reduzierten Preis von 1,99 Euro glauben wir, ein sehr attraktives Angebot zu haben.

Aber wenn man an die Apple-Präferenz für einheitliche Preise denkt, dann verwundert die Staffelung. Wieso zwei verschiedene Preisstufen?


Lassen Sie es mich so sagen: Der ein oder andere Anbieter ermöglicht es uns eben, die Inhalte günstiger anzubieten und das geben wir an den Kunden weiter.

Wieviel Umsatz erwarten Sie durch den Verkauf von TV-Inhalten in Deutschland im Vergleich zu Großbritannien?

Ich glaube, dass sich das am Starttag des neuen Angebots nicht abschätzen lässt. Was die Größe der Medienmärkte angeht, gibt der Musikbereich ja einen Eindruck.

Nochmal zum Thema Preis: Das Apple-Produkt mit dem größten Preisunterschied zwischen den USA und Deutschland ist die Settopbox Apple TV. Ist da eine baldige Preisanpassung geplant?

Apple äußert sich im Vorfeld bekanntlich nie zu Produkten oder Preisgestaltung.

Trotzdem der Versuch: Der in den USA schon gestartete Filmverleih via iTunes soll laut Steve Jobs 2008 auch international starten. Also auch in Deutschland?


Da bleibt es bei der Aussage von Steve Jobs, dass wir 2008 auch international damit starten. Und Details gibt es dann, wenn wir soweit sind.

Bleiben wir kurz in den USA: Mit Prepaid-Karten lässt sich der US-Store auch aus Deutschland heraus nutzen. Wie steht Apple zu dieser Lücke?

Wir arbeiten weltweit mit tausenden von Musiklabels und hunderten Fernsehanbietern und Produktionsfirmen zusammen. Mit denen setzt man sich natürlich wegen dem Thema Sicherheit auseinander, um den Kundenkreis auf einzelne Märkte zu konzentrieren. Wir haben uns entschieden dies über die Kreditkarten-Daten und die Adresse zu machen. So erreichen wir den höchstmöglichen Schutz der Märkte.

Zurück nach Deutschland: Wie wollen Sie den Start des Verkaufs von TV-Inhalten im deutschen iTunes-Store eigentlich kommunizieren?


Wir sind richtig stolz auf den Launch und werden das groß kommunizieren. Und wir haben ja auch schon eine sehr loyale Kundschaft durch den Musikverkauf. Denen bieten wir als Schnupperangebot ja auch derzeit je eine Episode von „Pastewka“, „Ladyland“ und „Switch“ umsonst an. Wir hoffen, dass so viele Kunden die bislang nur Musik gekauft haben, auch die TV-Inhalte entdecken. Aber wir werden auch alle klassischen Marketingkanäle nutzen.

Am Ende eine persönliche Frage: Auf welche Inhalte freuen Sie sich selbst besonders bzw. welche Serie oder Show fehlt Ihnen noch bei iTunes?

Ich lebe seit einiger Zeit in England und bin deswegen schon sehr froh über das jetzige Angebot, weil ich vieles davon in London eben nicht sehen kann. Wir haben einen guten Mix aus amerikanischen und deutschen Produktionen und auch einen guten Mix aus brandaktuellen Shows, die sie am nächsten Morgen nach der Ausstrahlung bekommen wie „Desperate Housewives“ und „Grey‘s Anatomy“ sowie echten Klassikern wie die Comedys „Switch“ oder „Genial daneben“.