Foto: ZDFDie derzeitige Brender-Diskussion in den ZDF-Gremien wird mehr und mehr zur Diskussion um den Einfluss der Politik auf das öffentlich-rechtliche Fernsehen, der seit jeher ein fester Bestandteil des Systems ist. Noch ist nicht entschieden, ob das Ansinnen von CDU-Politiker Koch aufgeht, Brender durch einen ihm gefügiger erscheinenden Kollegen abzulösen. Am Freitag dieser Woche berät sich der Fernsehrat des ZDF zu diesem Thema, der Verwaltungsrat entscheidet am 27. März über die Personalie.

Klar ist allerdings schon jetzt: Durch die Diskussion wird ein Finger in die Wunde des Systems der Aufsicht von ARD und ZDF gelegt, in dem unter anderem Regierungschefs über die Besetzung journalistischer Chefposten entscheiden. Bereits im Jahr 2002 gab es ähnliche Querelen während der Wahl von ZDF-Intendant Markus Schächter. Damals ohne weitreichende Konsequenzen.
 

 
Der "Kölner Stadtanzeiger" hat nun Stimmen gesammelt, die sich mit der Frage auseinander setzen, ob die gängige Praxis, in der die Politik auch die Vertreter anderer gesellschaftlichen Gruppen in den Aufsichtsgremien hinter sich schart, überhaupt mit der Verfassung in Einklang zu bringen ist. Überprüft wurde dies noch nicht, da sich bislang kein Kläger gefunden hat. So schrieb zum Beispiel NDR-Justiziar Hahn im Fachdienst "epd Medien", dass die "Feststellung der Verfassungswidrigkeit der Gremienauswahl" nicht zu vermeiden wäre, sollte Karlsruhe sich damit befassen.

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Auch neutralere Beobachter haben ihre Zweifel am System. "Man kann nur die Hoffnung haben, dass das BVG eines Tages ein Verfahren kriegt, wo es unzweideutig feststellt, dass es so nicht geht", sagte der ehemalige Verfassungsrichter Ernst Gottfried Mahrenholz dem "Kölner Stadtanzeiger".

Der Medienphilosoph Norbert Bolz weist allerdings darauf hin, dass es sich beim derzeitigen Taktieren der Union gegen Brender nicht um ein spezifisches CDU-Phänomen handele. Kritik an Kochs vorgehen nannte Bolz "Heuchelei" Ähnliches habe "die SPD in den letzten Jahrzehnten eleganter gemacht", so Bolz zur Zeitung.  Allerdings könnte die Frage nach der Verfassungskonformität das ganze öffentlich-rechtliche System in Frage stellen, meinen die Experten.

Während die theoretische Reflexion der Ereignisse bereits eingesetzt hat, ist das Verfahren noch in vollem Gange. So gaben verschiedene Mitglieder des ZDF-Verwaltungsrats bereits zu Protokoll, dass sie eine Entscheidung für oder gegen Koch noch nicht gefällt haben. So zitiert der "Tagesspiegel" die Ex-Präsidentin des bayerischen Verfassungsgerichtshofs, Hildegund Holzheid: "Wir werden uns die Argumente vorlegen lassen und dann nach sachgemäßen Gründen entscheiden, nicht nach Parteitaktik".

Große Worte gelassen aussprechen kann dagegen Peter Kloeppel. Als Chefredakteur von RTL ist er Amtskollege von Nikolaus Brender - nur im anderen System. Als Nachrichtenmann eines Privatsenders unterliegt er nicht der Aufsicht durch die Politik. Kloeppel wird nach marktwirtschaftlichen Kriterien gemessen. Ob das besser ist, sei dahingestellt. "Wer sich die Politik ins Boot holt", sagte Kloeppel dem "Kölner Stadtanzeiger", der "muss sich nicht wundern, wenn sie auch mitrudern, oder ans Steuer will".

Wer die Anspannung spüren will, die derzeit beim ZDF wohl in manchen Bereichen herrscht, der sollte sich aufmachen zu den Mainzer Tagen der Fernsehkritik. Die alljährliche Kongressveranstaltung auf dem Lerchenberg, bei der so mancher Vertreter von Sender und Gremien zugegen sein wird, findet nur wenige Tage vor der Entscheidung des Verwaltungsrates in Sachen Brender statt. Das Thema in diesem Jahr: "Leitmedium auf Bewährung - Suchen und Finden des Neuen".