"Ich sehe die Serie immer als das 'kleine Schwarze der Unterhaltungsindustrie'", sagt Philipp Steffens. "Jeder braucht's und es ist schwierig, das perfekte zu finden. Aber wenn man's hat, dann hat man's für immer." Der Produzent weiß, wovon er spricht. Immerhin zeichnet er mit "Der letzte Bulle" für einen der größten Erfolge von Sat.1 in den vergangenen Jahren verantwortlich - und gerade erst wurde die Serie mit Henning Baum in der Hauptrolle neben dem "Tatortreiniger" und "Borgia" für den Deutschen Fernsehpreis nominiert. "Der Tatortreiniger" sei "eine echte Bereicherung für das deutsche Fernsehen - auch, weil die Geschichten in einem derart reduzierten Rahmen stattfinden", so Steffens im Gespräch mit dem Medienmagazin DWDL.de über den Fernsehpreis-Gegner.

Das genaue Gegenteil davon Die Borgia-Geschichte des ZDF, "Wir befinden uns mit dem 'Letzten Bullen' irgendwo zwischen diesen beiden Produktionen und fühlen uns dort ziemlich gut aufgehoben." Dass Sat.1 einst überhaupt an die Idee zu der Serie glaubte, ist dabei alles andere verständlich. Er selbst war schließlich noch ein junger Produzent und gerade erst fertig mit dem Studium,als Matthias Alberti und Joachim Kosack ihm das Vertrauen für den "Bullen" aussprachen. "Das muss man erst mal machen!", lobt Steffens heute rückblickend. "Es ist immer wichtig, einen großen Vertrauensvorschuss vom Sender zu bekommen. Letztlich verkauft man ja erst mal ein weißes Blatt Papier mit schwarzer Tinte."

Ob eine Serie vom Publikum angenommen wird, steht zu diesem frühen Zeitpunkt noch völlig in den Sternen. Und doch muss den großen Sendern daran gelegen sein, neue Serien ins Programm zu nehmen, ist sich Philipp Steffens sicher. "Wenn man es schafft, eine erfolgreiche Serie zu etablieren, bedeutet das für einen Sender immer auch eine gewisse Ruhe." Noch dazu hätten die Sender plötzlich Gesichter, die auch an anderer Stelle eingesetzt werden können. "Das ist am einfachsten kalkulierbar, im Vorfeld dafür umso schwerer." Den Erfolg von "Der letzte Bulle" führt der Produzent vor allem auf das stets vorhandene Grundgefühl, dass früher alles besser war, zurück. Musikalisch habe er die 80er Jahre, die in der Sat.1-Serie eine große Rolle spielen, aber nur zum Teil miterlebt. Das sei aber auch gar nicht so wichtig, weil man in erster Linie Modeerscheinungen und Werte von damals zum Thema mache.

Für Steffens selbst hat sich in den vergangenen Monaten einiges verändert. Mit Twenty Four 9 Films hat er eine neue Produktionsfirma gegründet. "Ich produziere gerade einen englischsprachigen Kinofilm, der unter anderem in Dubai und New York gedreht wird", sagt er über seine aktuellen Projekte, zu denen auch ein neuer Serien-Pilot und ein deutschsprachiger Kinofilm zählen. Zusammen mit ITV Studios Germany geht es dann auch mit dem "Letzten Bullen" weiter. Dabei hat Philipp Steffens längst nicht nur das deutsche Fernsehen vor Augen. "Ich beobachte tagtäglich den amerikanischen Markt sehr intensiv und entwickle gemeinsam mit amerikanischen Autoren neue Ideen." Doch anders als vor wenigen Jahren ist es längst nicht mehr so, dass US-Serien hierzulande automatisch ein Erfolg werden.

"Die Lizenzware wird bei uns in Deutschland kaum noch angenommen. Deshalb muss man jetzt besonders darauf achten, was die Alternativen zum amerikanischen Produkt sind", sagt der Produzent und sieht deshalb Chancen für die eigene Arbeit. Zugleich räumt er mit dem HBO-Mythos auf. "Die amerikanischen Pay-TV-Formate, die auch bei uns immer sehr hoch gepriesen werden, sind absolute Nische. Man darf eines nicht vergessen: Wenn eine Serie bei HBO auf einem riesigen Markt eine Million Zuschauer erreicht, dann freuen die sich. Bei uns wird sie abgesetzt." Ohnehin habe es mit "Sex and the City" in all den Jahren nur eine HBO-Serie gegeben, die in Deutschland Mainstream-tauglich wurde. Dass die großen Networks viele der Autoren solcher Nischen-Serien für viel Geld zu sich geholt haben, sorgte in Folge dessen dafür, dass nun also auch dort verstärkt Programm für ein Nischenpublikum gemacht wird.

Und das ist in Deutschland für eine breite Zuschauerschaft eben nur schwer zu vermitteln. Darin könnte allerdings eine Chance liegen für die hiesige Produzentenlandschaft. "Wir haben es geschafft, modern deutsch zu erzählen", sagt Philipp Steffens im DWDL.de-Gespräch hinsichtlich des "Bullen"-Erfolgs. Auch bei "Doctor's Diary" sei das ähnlich gewesen. Steffens: "Die Zuschauer wollen in gewisser Weise Heimat sehen." Ein paar schräge Figuren seien kein Problem - sie müssten nur in etwas Deutsches eingebunden sein. Nur eine Serie über einen Geheimdienst ist hierzulande für den Produzenten dagegen nur schwer vorstellbar. "In Amerika finden die das cool", sagt er, "aber dort heißt der Geheimdienst auch FBI und hat seinen Sitz in Washington. Bei uns ist es der Verfassungsschutz in Köln-Mülheim. Das reicht höchstens für eine Sitcom."