Das polnische Parlament hat kurz vor dem Jahreswechsel im Eiltempo nach kurzer Debatte eine umstrittene Medienreform verabschiedet. Nach der bereits heftig kritisierten Gerichtsreform übernimmt die rechtskonservative Regierung der PiS-Partei, welche die Wahl im Oktober für sich entschieden konnte und erst seit Mitte November im Amt ist, mit der nun beschlossenen Reform de facto die Kontrolle über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk des Landes. Mit 232 Stimmen sprachen sich die Abgeordneten am Mittwoch für die Änderung aus, 152 entschieden sich dagegen, 34 enthielten sich.

Bislang bestimmte der Landesrat für Rundfunk und Fernsehen über die Besetzung der Spitzen von Telewizja Polska und Polskie Radio. Die bisherigen Vorstands- und Aufsichtsratmitglieder verlieren mit Inkrafttreten der Reform ihren Posten. Über die künftige Besetzung und bei Misfallen auch Absetzung entscheidet fortan nur noch der Schatzmeister aus der polnischen Regierung, womit auch die Auswahlkriterien nicht mehr durchsichtig sind. Die Sender sollen künftig nicht mehr als öffentliche Medien auftreten, sondern in "nationale Medien" umgewandelt werden und sich der Vermittlung von Patriotismus widmen.

Die Europäische Rundfunkunion, kurz EBU, kritisiert das Vorgehen bei unseren östlichen Nachbarn scharf. "Die Einführung eines Systems, in dem ein Regierungsminister den Aufsichtsrat und Vorstand nach seinem eigenen Ermessen ernennen und entlassen kann, verstößt gegen fundamentale Prinzipien und etablierte Standards in der Verwaltung öffentlich-rechtlicher Medien in Europa". Wenn das polnische Parlament die Maßnahmen verabschiedet, warnte man im Vorfeld der Entscheidung bereits, werde Polen ein rückschrittliches Regime kreieren, das es in keinem anderen EU-Mitgliedsstaat gebe.

Die EBU gab an, gemeinsam mit anderen Organisationen wie "Reporter ohne Grenzen" (ROG) "empört" vom vorgeschlagenen und mittlerweile verabschiedeten Reformpaket zu sein. "Es ist alarmierend, wenn nach Ungarn nun auch in Polen eine rechtsnationale Regierung das Mediensystem von Grund auf umkrempelt und so ganz unverhohlen versucht, kritischen Journalismus zu verhindern und Reporter, die hartnäckig nachfragen, mundtot zu machen", sagte ROG-Geschäftsführer Christian Mihr bereits Mitte des Monats.

Kritischen Journalisten werde von Ministern offen damit gedroht, sie von ihren Posten zu entfernen, warnte "Reporter ohne Grenzen". Das betraf bereits die Moderatorin Karolina Lewicka von TVP Info, dem öffentlich-rechtlichen Nachrichtenkanal des Landes, die wegen kritischer Äußerungen zeitweise suspendiert wurde. In einem Interview fragte sie den Kulturminister Gliński hartnäckig, auf welcher Grundlage die Aufführung eines Theaterstücks von Elfriede Jelinek verboten werden sollte – was dem Minister aber missfiel, woraufhin er ausfallend wurde und die Sendung als Propaganda-Programm bezeichnete. Während Lewicka nach Protesten vorerst wieder auf den Bildschirm zurückkehren durfte. Anders erging es dem in Polen äußerst bekannten Journalisten Tomasz Lis, dessen Talkshow nur einen Tag nach dem Amtsantritt der PiS-Regierung abgesetzt wurde. Staatssekretär Czabański, der die Reformen umsetzen soll, erklärte auch dies mit einem "Propaganda-Programm", für das es keinen Platz in den öffentlichen Medien gebe.

Auch bei der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) ist man, gelinde gesagt, wenig begeistert von der nun verabschiedeten Medienreform in Polen. Dunja Mijatović, bei der OSZE für Pressefreiheit zuständig, teilte am Mittwoch mit, zutiefst besorgt zu sein. "Es ist entscheidend, dass öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten gegen jegliche Versuche politischer und kommerzieller Einflussnahme gesichert sind", so Mijatović. "Ich befürchte, die hastig eingeführten Änderungen werden die grundlegenden Bedingungen von Unabhängigkeit, Objektivität und Unbefangenheit der öffentlich-rechtlichen Sender gefährden."