Weltweit erfreuen sich britische Serien einer wachsenden Popularität. In den USA sorgten die jüngsten Staffeln von „Downton Abbey“ und „Sherlock“ für Rekordquoten auf dem öffentlich-rechtlichen Network PBS. Kritiker-Liebling „Downton Abbey“ tritt zudem bei den diesjährigen Emmy-Nominierungen als erste britische Serie seit Jahrzehnten in der Kategorie Beste Drama-Serie an – und kann sich gute Chancen ausrechnen, zu einer ernsthaften Konkurrenz von „Mad Men“, „Breaking Bad“ und Co. aufzusteigen. Und auch außerhalb der englischsprachigen Welt nimmt der Appetit auf britische Serien zu: So zeigte beispielsweise eine Studie der britischen Produzentenvereinigung PACT aus dem Oktober 2011, dass Russland mit einem Umsatzplus von 54 Prozent der größte Wachstumsmarkt für britische TV-Exporte im vergangenen Jahr war.

Insgesamt hat die Ausfuhr britischer Fernsehproduktionen im besagten Zeitraum um 13 Prozent zugenommen. Der Verkauf von Show- und Serienformaten (für lokale Adaptionen) spielt dabei nach wie vor eine große Rolle. Überproportional zugelegt – nämlich um 15 Prozent – hat jedoch auch der Verkauf von bereits fertiggestellten britischen Fernsehsendungen. Hinter den Vereinigten Staaten ist das Vereinte Königreich der zweitgrößte Programmexporteur der Welt. Britisches Fernsehen wird dabei, wie die PACT-Studie zeigt, von den ausländischen Käufern vor allem wegen seiner Kreativität und Innovationsfreude geschätzt: „Die Welt schaut“, so wird ein Teilnehmer der Umfrage zitiert, „auf Großbritannien, wenn es um neue Trends geht.“

Lange vorbei sind die Zeiten, als britische Serien auf Video gedreht wurden und dadurch vielfach einen vergleichsweise billigen Eindruck gemacht haben. Heute können sie sich dagegen von Machart und production value her durchaus mit der US-Konkurrenz messen. Und werden deshalb gerade von den Sendern, die keinen Output-Deal mit einem Hollywood-Studio haben, als ebenbürtige Alternative zur US-Ware geschätzt. In Deutschland hat beispielsweise das ZDF mit der Programmierung von hochwertigen britischen und skandinavischen Krimis einen sehr erfolgreichen Sendeplatz am späten Sonntagabend geschaffen.

Von internationaler Seite gibt es im Grunde nur einen Punkt, der immer wieder als Kritik an der britischen Serie geäußert wird. Und zwar sowohl in der PACT-Studie als auch im persönlichen Gespräch mit den Redakteuren: Die geringe Anzahl von Episoden. Während US-Serien in der Regel zwischen 13 (Cable) und 22 Folgen (Network) pro Staffel vorweisen können, werden von britischen Serien häufig nur sechs (zum Beispiel „Hustle“) oder acht Episoden (zum Beispiel „Downton Abbey“) im Jahr produziert. Von „Sherlock“ gibt es sogar nur drei neue Folgen im Jahr, bei „Luther“ waren es zuletzt nur vier. Einzig die BBC macht bei ihren erfolgreichen Samstagvorabend-Serien „Merlin“ und „Doctor Who“ eine Ausnahme und geht auf 13 Episoden (beziehungsweise 14 bei „Doctor Who“, wenn man das Weihnachtsspecial mitzählt).

Längere Strecken lassen sich mit solchen Folgenzahlen nur schwerlich programmieren. Kaum hat eine Staffel angefangen, ist sie auch schon wieder zu Ende, was es den Zuschauern schwer macht, auf eine Serie aufmerksam zu werden, und den Sendern, diese Aufmerksamkeit zu wecken. Warum also produzieren die britischen Sender nicht mehr Episoden pro Staffel? Die Nachfrage ist da. Die Welt ruft nach mehr Serienstoff made in UK – warum liefern die Briten nicht?

Die Antwort darauf setzt sich aus mindestens drei Komponenten zusammen: dem Budget, den Produktionsbedingungen und der Tradition.

Lesen Sie weiter auf Seite 2...