Gerne werden die Emmys als Vorbild für Fernsehpreise angeführt. Über die Akademie dahinter wird oft geschwärmt. Wie wurden die Emmys, was sie heute sind? Und gibt es Parallelen zu den Herausforderungen des Deutschen Fernsehpreises? Werfen wir einen Blick auf die Geschichte der Emmys, die in ihren Anfängen nur ein Nebenprodukt waren. Als die Academy of Television Arts & Sciences Mitte der 40er Jahre damals unter dem Namen Television Academy - der Übrigens seit Kurzem der Einfachheit halber wieder genutzt wird - entstand, wollte ihr Initiator Syd Cassyd keinerlei Preise vergeben. Ihm ging es stattdessen darum, dem gerade erst geborenen Medium und allen, die in dieser jungen Branche arbeiteten, eine Plattform zum beruflichen Austausch zu bieten. Zehn Jahre später, die ersten Emmys waren vergeben, entwickelte sich die Television Academy in erster Linie zum Ausrichter des wichtigsten TV-Preises der USA. Die ersten Emmys wurden bereits 1949 vergeben. Damals jedoch nur an TV-Produktionen aus dem Großraum Los Angeles, wo die Academy gegründet wurde. Nur sechs Preise wurden damals vergeben bevor in den folgenden Jahren TV-Produktionen aus allen Teilen der USA berücksichtigt wurden. Dazu muss man wissen: Damals gab es kaum landesweit bekannte Fernsehprogramme, dafür viel mehr lokale Fernsehsender und Formate als heute.

Die Emmys waren etabliert, doch so manchem TV-Produzenten an der Ostküste der USA war die Fixierung auf Los Angeles nicht ganz geheuer. 1955 gründete sich deshalb eine eigene Academy in New York. Zwei Jahre später fusionierten beide zur Academy of Television Arts & Sciences. Der Name der Organisation spiegelt sich bekanntlich auch in der Trophäe, die den Gewinnern überreicht wird: Flügel auf dem Rücken stehen für die Kunst, ein in die Luft gestrecktes Atom für die Wissenschaft des Fernsehens. Die Emmy-Statue stehe damit für die Balance zwischen Kreativität und Handwerk der Branche. In den 60er Jahren wurde die Emmy-Verleihung professionalisiert. Eine PR-Idee erwies sich als sehr wirksam und wird noch bis heute praktiziert: Die Bekanntgabe der Nominierten wurde, ähnlich wie bei der Oscar-Verleihung, ebenfalls schon als Event inszeniert. Während sich hinter den Kulissen ein andauernder Streit zwischen den Academy-Mitgliedern von West- und Ostküste entwickelte, wurde aus der einmal jährlichen Emmy-Verleihung eine ganze Familie von Preisverleihungen: 1969 wurde die International Academy of Television Arts & Sciences gegründet, um künftig auch ausländische, internationale TV-Programme mit dem International Emmy Award zu ehren. 1974 wurden zum ersten Mal die Daytime Emmy Awards gesondert in einer eigenen Preisverleihung vergeben.

Die 1970er: Zwischen Blütezeit und Rivalitäten

Die Emmys erlebten ihre Blütezeit - wäre da nur nicht der Streit zwischen den Mitgliedern der West- und Ostküste gewesen. 1977, nach Jahren der offenen Feindschaft, entschied man sich zur Trennung, mit interessanten Folgen: Fortan gab es in Los Angeles die Academy of Television Arts & Sciences (ATAS) und in New York die National Academy of Television Arts & Sciences (NATAS). Beide Organisationen behielten gleiche Rechte an der Marke Emmy. Die ATAS übernahm die Ausrichtung der Primetime Emmys, die NATAS die Verleihung der Daytime Emmy Awards und dann gab es noch die internationale Schwester. Daran hat sich bis heute nichts geändert: Drei unabhängige Veranstalter mit fast identischem Namen verleihen Preise, die so klingen als gehörten sie zusammen - und tun es doch nur indirekt. Doch gehen wir doch noch einmal zurück zu den Primetime Emmy Awards der späten 70er Jahre: Längst waren so viele neue Kategorien hinzugekommen, dass man sich 1978 unter Protest von Kreativen gezwungen sah, von 83 Kategorien auf 57 zu kürzen. Auch die berühmten Emmys hatten schwierige Jahre innerhalb der US-Branche. Doch man fand eine Lösung: Es wurden zwei Verleihungen abgehalten. Die Mehrzahl der Preise wurde fortan in einer gesonderten Veranstaltung verliehen, die heute als Creative Emmy Awards firmiert und inzwischen jeweils am Wochenende vor der Live-Verleihung der Hauptkategorien stattfindet.

Trends zu erkennen und zu adaptieren - in der Geschichte der Emmys ist das immer wieder eine Schwäche der Academy, weil Entscheidungen in den meisten Fällen von der Masse der Mitglieder getragen werden müssen und die Masse bewegt sich träge. Erst 1988 wurde den in den 80er Jahren entstandenen Kabelsendern die Teilnahme an den Primetime Emmy Awards gestattet. Zuvor und noch einige Weile parallel gab es deshalb die Cable Ace Awards, die inzwischen aber längst TV-Geschichte sind. Doch nicht nur die Kabelsender waren plötzlich neu auf dem TV-Markt: Zu den etablierten US-Networks ABC, CBS und NBC stieß der neue Wettbewerber FOX hinzu. Und der wollte so gar nicht kuscheln mit den anderen drei Sendern. Im Gegenteil: Bislang hatten die drei großen Sender die Primetime Emmys stets im Wechsel übertragen. Doch das Spiel wollte FOX nicht mitspielen. Stattdessen sicherte man sich 1987 für 3 Millionen Dollar pro Jahr gleich für mehrere Jahre die exklusiven Übertragungsrechte an der Verleihung - und das nur wenige Monate nach dem Start des Senders. Einmal mehr war das Image der Emmys und der Academy beschädigt. Diese rechtfertigte sich: Im Vergleich zu dem, was die Motion Picture Academy mit den Oscars verdiente, wären die Einnahmen durch Vermarktung der Emmys minimal - nicht einmal ein Zehntel. Das lukrative Angebot von FOX sei da genau zur richtigen Zeit gekommen.

Die 1980er: Schwere Jahre für die Emmys

Bis 1992 waren die Primetime Emmy Awards also exklusiv bei FOX zu sehen. Für die Verleihung bedeutete das massive Einbrüche bei den Zuschauerzahlen. FOX spielte in seinen ersten Jahren eben noch längst nicht in der gleichen Liga wie die drei anderen US-Networks. Der Sender war noch nicht einmal in allen Regionen der USA via Kabel empfangbar. 1993 schlug dann ABC zu. Erneut erhoffte sich die Academy durch einen Exklusiv-Deal mit nur einem Sender höhere Einnahmen. Immerhin 2,5 Millionen Dollar pro Jahr war ABC bereit zu zahlen. Doch einmal mehr verärgerte die Academy damit die anderen Fernsehsender - und diesmal hatten sie den Bogen überspannt. CBS, NBC und selbst FOX protestierten und boykottierten 1993 zahlreiche Emmy-Veranstaltungen, so dass die Academy of Television Arts & Sciences 1994 den Exklusivdeal mit ABC vorzeitig auflöste. Man einigte sich in Folge dieser Ereignisse darauf, die Preisverleihung künftig turnusmäßig von einem der vier großen Networks übertragen zu lassen, was die Preisverleihung in den folgenden Jahren in ruhigere Gewässer brachte. 2001 wurde die Verleihung der Primetime Emmy Awards zweimal kurzfristig verschoben. Sie hätte am 16. September stattfinden sollen, nur fünf Tage nach den Terroranschlägen. Doch auch der Ersatztermin, 7. Oktober, wurde wieder gestrichen als die USA den Taliban den Krieg erklärt haben. Erst im November gab es dann eine Preisverleihung.

2002 brachte der PayTV-Sender HBO die Emmy-Veranstalter noch einmal in Versuchung: Man bot 10 Millionen Dollar pro Jahr für die Übertragungsrechte. Doch die Academy hatte aus dem Desaster mit den Exklusivdeals gelernt. Immerhin: Die vier großen Networks waren angesichts des HBO-Angebots bereit deutlich mehr zu zahlen als bisher. Für vier Jahre zunächst 5,5 Millionen Dollar, danach für weitere vier Jahre sogar 7,5 Millionen Dollar jährlich. Und erstmals wurden die Übertragungsrechte auch ins Ausland verkauft, u.a. nach Großbritannien und Deutschland. Seit 2002 tat sich hinter den Kulissen viel, doch spürbar für die Zuschauer wenig. Auffällig war erst 2008 wieder der Umzug der Verleihung der Primetime Emmy Awards. Von Hollywood zog es die Verleihung in das neue Nokia Theatre in Downtown Los Angeles. Bis in die 70er Jahre hinein wechselte die Location übrigens jährlich - durch diverse Hotels und Studios in LA. Von 1977 bis 1997 - stolze 20 Jahre lang - war zwischenzeitlich das Pasadena Civic Centre Austragungsort. Am 25. September gehen die Blicke der Fernsehwelt jetzt aber nach Downtown Los Angeles, wenn die 66. Primetime Emmys bei NBC bzw. in Deutschland TNT Serie übertragen werden. Eine ausführliche Red Carpet Show liefert wie gewohnt E! Entertainment - und das sowohl in den USA als auch Deutschland.

Neue Verpackung - und der Inhalt?

Neu ist in diesem Jahr der Name des Gastgebers. Aus Marketinggründen hat sich die Academy of Television Arts & Sciences dazu entscheiden als Markennamen künftig einfach wieder Television Academy zu nutzen. Und an wen wird sie am 25. September Preise verleihen bzw. hat bei den Creative Arts Emmys schon Preise verliehen? Das entscheiden wie in all den Jahren zuvor die Mitglieder der Television Academy in mehrstufigen Wahlverfahren. Die breite Abstimmungsbasis mache die Emmys zu so einem wertigen Fernsehpreis, heißt dabei oft. In den USA wiederum wird dieses Abstimmungsverfahren auch durchaus kritisch betrachtet. Denn auch hier gilt: Die Masse bewegt sich träger als eine Fachjury könnte. Einer Fantasyserie den Preis als beste Dramaserie zu verleihen? Undenkbar. Deswegen galt „Game of Thrones“ in den letzten Jahren in den USA nie als Emmy-Favorit in dieser Kategorie. Vielleicht aber ja in diesem Jahr. In den Staaten wird die Königskategorie auch vor dem Hintergrund dieses Aspekts sehr aufmerksam verfolgt. Nicht dass aus dem Akademie-Modell, das auch in Deutschland gerne als Vorbild gesehen wird, in den USA selbst noch ein Kritikpunkt wird.