1. Wann und wo gibt's das eigentlich zu sehen?

Preisverleihungen an der US-Westküste sind, man höre und staune, Nachmittagsveranstaltungen - geschuldet der Zeitverschiebung innerhalb der USA. Im Microsoft Theater in Downtown Los Angeles beginnt die Verleihung um 17 Uhr Ortszeit, damit sie an der US-Ostküste zur "besten Sendezeit" ab 20 Uhr gezeigt werden kann. Wer die Verleihung in Deutschland sehen will, muss sich also die Nacht um die Ohren schlagen: Der Pay-TV-Sender TNT Serie überträgt die Emmys in der Nacht von Sonntag auf Montag ab 2 Uhr live und exklusiv im deutschsprachigen Raum. Bereits eine Stunde zuvor steigt TNT Serie mit der Ankunft der Stars auf dem Roten - oder in diesem Jahr besser gesagt lilanen - Teppich ein. Das Medienmagazin DWDL.de wird in der Nacht zu Dienstag live über Social Media und im Anschluss auf unserer Website berichten über glückliche Gewinner, Überraschungen, Aufreger und auch Verlierer des wichtigsten Fernsehpreises der Welt.

2. Beste Drama-Serie: Alles "Game of Thrones", oder was?

"Game of Thrones" hat das Problem so vieler Serien mit riesiger Anhängerschaft: Es ist schwer, es zum Abschied allen recht zu machen. So viel Kritik wie an der letzten Staffel gab's in der Geschichte der Serie noch nie. Dass das den Triumphzug des Fantasy-Epos zum Abschied stoppen wird, erwartet trotzdem kaum jemand. Gedanken dazu hat sich für uns Kevin Hennings gemacht. Schon bei den Creative Arts Emmys räumte "Game of Thrones" zehn Preise ab, auch in der Kategorie "Beste Drama-Serie" ist man haushoher Favorit, den übrigen Nominierten "Better Call Saul", "Bodyguard", "Killing Eve", "Ozark", "Pose", "Succession" und "This is us" bleiben allenfalls Außenseiter-Chancen. "Better Call Saul" hat übrigens in seiner ganzen Geschichte noch nie einen Emmy gewonnen - hier hat aber wohl eher noch Bob Odenkirk als Bester Hauptdarsteller eine Chance, müsste sich aber u.a. gegen Billy Porter aus "Pose" und Jason Bateman aus "Ozark" durchsetzen. Bei den Frauen sind mit Sandra Oh und Jodie Comer gleich beide Hauptdarstellerinnen aus "Killing Eve" nominiert - gut möglich, dass es die Serie von BBC America hier zu einer Emmy-Statue bringt.

3. Beste Comedyserie: Vermiest Amazon "Veep" den Abschied?

Drei Mal hat "Veep" bereits den Preis als Beste Comedy-Serie gewonnen - doch ob es auch zum Abschied nochmal für eine weitere Auszeichnung in dieser Kategorie reicht, erscheint alles andere als sicher. "Veep" ist einer der Favoriten, doch mit "Fleabag" und Vorjahres-Abräumer "The Marvelous Mrs. Maisel" sind gleich zwei wunderbare Amazon-(Ko)-Produktionen mit echten Siegchancen dabei - und auch "Barry" sollte man keinesfalls abschreiben, auch wenn die Ausbeute bei den Creative Arts-Emmys noch etwas mau war. "Veep" bekam da übrigens noch gar keinen Preis, es gäbe also auch noch die Möglichkeit, dass es ein ganz bitteres Abschiedsjahr wird. Nur Außenseiter-Chancen haben wohl "Russian Doll" (auf deutsch "Matrjoschka"), "The Good Place" und "Schitt's Creek". Dominiert wird die Comedy in diesem Jahr unterdessen von starken Frauen - und das macht die Frage, wer beste Hauptdarstellerin in einer Comedy-Serie wird, besonders spannend. Mehr dazu hat Thomas Lückerath hier aufgeschrieben...

4. Limited Series: "When they see us" gegen "Chernobyl"

Sehr stark besetzt ist in diesem Jahr auch die Kategorie der Limited Series. Letztlich dürfte es sich wohl zwischen zwei Serien entscheiden: Auf der einen Seite steht "Chernobyl", die Koproduktion von HBO und Sky, die sich in geradezu beklemmender Art und Weise der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl widmet, auf der anderen Seite "When they see us" von Netflix, das die Rassenproblematik in den USA in kaum minder aufwühlender Art und Weise anhand eines ebenfalls realen Falls erzählt. Ohnehin ist bei den Limited Series die reale Vorlage Trumpf: Auch "Escape at Dannemora" und "Fosse/Verdon" haben eine solche, nur "Sharp Objects" fällt hier etwas aus der Reihe. Meine Kollegin Regine Pfaff hat sich ausführlich mit den Nominierten beschäftigt

5. Variety Talk Series: Ist der Lauf von John Oliver zu stoppen?

Drei Jahre in Folge wurde nun schon "Last Week Tonight" mit John Oliver als "Best Variety Talk Series" ausgezeichnet und auch in diesem Jahr geht er wieder als Favorit ins Rennen. Einstweilen deutet nichts darauf hin, dass die Academy-Mitglieder von ihm genug hätten. Mit neun Nominierungen erhielt "Last Week Tonight" in diesem Jahr sogar so viele wie noch nie, zwei Preise konnte man letztes Wochenende schon mit nach Hause nehmen. Stephen Colbert, der einst mit seinem "Colbert Report" auch schon zwei Mal siegreich war, hat sich seit Trump zum Quotenkönig der Late Night gemausert, dürfte es aber mit seiner polarisierenden Art dennoch schwer haben. Dass frischer Wind im Genre wie von Samantha Bee oder Trevor Noah ausgezeichnet wird, käme schon überraschend.

6. Räumt RuPaul nochmal ab?

Dürften sich die Journalisten im Pressecenter etwas wünschen, dann wäre es wohl eine weitere Auszeichnung für "RuPauls Drag Race" als Outstanding Competition Program. Seine Auftritte hinter der Bühne sind quasi schon legendär (hier können Sie sich selbst ein Bild machen). Drei Preise gingen in diesem Jahr bereits an das Format - unter anderem für RuPaul selbst und auch das Format selbst gilt wieder als klarer Favorit in seiner Kategorie. Während "The Voice", "The Amazing Race", "Top Chef" und "American Ninja Warrior" schon alte Hasen sind, ließe hier in erster Linie allenfalls ein Sieg von "Nailed it" aufhorchen - für die erfrischende Netflix-Show mit Gute-Laune-Garantie war allerdings schon die Nominierung ein Überraschungserfolg. Mehr dazu finden Sie an dieser Stelle.

7. Die Dominanz von HBO und Netflix ist größer denn je

Im vergangenen Jahr gelang es Netflix erstmals, den jahrelang unangreifbar scheinenden Emmy-Platzhirsch HBO bei der Zahl der Nominierungen zu übertrumpfen, bei den tatsächlichen Preisen ging es zuletzt aber mit 23:23 unentschieden aus. In diesem Jahr lag HBO - vor allem auch dank der Rekordzahl an Nominierungen für "Game of Thrones" in Sachen Nominierungen wieder vorn. Nun muss sich zeigen, ob HBO auch bei der Zahl der Preise die Oberhand zurückgewinnen kann. HBO liegt nach den Creative Arts Emmys übrigens mit 25 Auszeichnungen - vor allem dank "Game of Thrones" - schon über dem Vorjahr, Netflix ist mit 23 Auszeichnungen aber nur hauchdünn dahinter und hat das Vorjahres-Niveau ebenfalls bereits erreicht. Amazon liegt mit bislang acht Preisen schon meilenweit dahinter - die Dominanz von HBO und Netflix ist angesichts dessen schon beeindruckend.

8. Welche Sender liegen hinter den Erwartungen zurück?

Wenn sich HBO, Netflix und Amazon den Großteil der Preise teilen, dann bleiben im Umkehrschluss natürlich viele andere auf der Strecke. Pay-TV-Sender Showtime hat (wie schon im Vorjahr) noch keinen einzigen Emmy, trotz acht Nominierungen bei den Creative Arts Emmys, Network ABC wiederum hat bei den Creative Arts Emmys bei immerhin 23 Nominierungen nur eine Auszeichnung erhalten und Kabelsender FX, in den Jahren zuvor ein Liebling der Academy, holte bislang nur drei Preise bei 23 Nominierungen im Rahmen der Creative Arts Emmys. Und wenn AMC, einst u.a. mit "Mad Men" und "Breaking Bad" ja auch ein Emmy-Liebling, noch einen Preis gewinnen will, dann muss man auf eine erste Auszeichnung für "Better Call Saul" hoffen.

9. Rekorde voraus: Hier könnte Geschichte geschrieben werden...

Julia Louis-Dreyfus könnte mit einem Sieg als beste Hauptdarstellerin in einer Comedyserie die meistausgezeichnete Frau in der US-Fernsehgeschichte werden. Bislang hat Louis-Dreyfus acht Auszeichnungen, wie auch schon Cloris Leachman. Einer mehr und sie zieht in die Geschichtsbücher ein. Den Rekord für die meisten Auszeichnungen, die eine Schauspielerin je für dieselbe Rolle bekommen hat, hält sie ohnehin schon ganz alleine. Zum wiederholten Mal Emmy-Geschichte schreiben könnte zum Abschied auch "Game of Thrones": Sollte die Serie zum vierten Mal als Beste Drama-Serie ausgezeichnet werden, würde das HBO-Epos in den Emmy-Olymp aufsteigen, in dem "Mad Men" (AMC) und "The West Wing" (HBO) mit ebenfalls vier Siegen in der Königskategorie warten. Gelingt es "Game of Thrones" am Sonntag insgesamt noch mindestens vier weitere Emmys zu gewinnen (10 gab es bereits in den Creative-Arts-Kategorien), gäbe es dazu noch den Rekord der meisten Emmy-Trophäen in einem einzelnen Jahrgang. Die HBO-Miniserie "John Adams" aus 2008 hält den bisherigen Rekord mit 13 Auszeichnungen in einem Emmy-Jahr. Schon seit dem vergangenen Jahr kann sich "Game of Thrones" übrigens als die Serie bezeichnen, die über ihre gesamte Laufzeit die meisten Emmy-Auszeichnungen bekommen hat. 47 waren es vor den Creative-Arts-Emmys, 57 sind es bis jetzt - der Vorsprung auf Nummer 2 dürfte nach der heutigen Nacht noch größer sein.

10. Kein Moderator - und nun?

Der Trend der Preisverleihungen geht in diesem Jahr eindeutig dahin, sich den Moderator respektive die Moderatorin kurzerhand zu sparen. Bei den Oscars hat das schon ganz gut funktioniert, bei den Emmys setzt man nun ebenfalls auf diese Strategie. Statt eines festen Hosts werden wechselnde Laudatoren durch den Abend führen. Das kann für mehr Abwechslung sorgen - oder auch für einen konfuseren Ablauf ohne festen Rahmen. Angekündigt sind jedenfalls unter anderem Julia Louis-Dreyfus, Amy Poehler, RuPaul, Ben Stiller, Phoebe Waller-Bridge, James Corden, Jon Hamm, Tim Allen, Jane Lynch, Kerry Washington und Hugh Laurie.