Die gute Nachricht zuerst: Fernsehen bleibt. Doch was wir mit Fernsehen meinen, das wird sich in den kommenden Jahren gehörig ändern. Viele Neuerungen liegen bereits hinter uns. Veränderungen, die das Konzept über die Jahre immer wieder ein bisschen besser machten: Neue Inhalte, neue Erzählformen und Informationsstrategien, die Fernbedienung und der Videotext. Was konstant blieb war das Prinzip: Ein Bildschirm, ein Programm und ein relativ enges Korsett an konsumierbaren Inhalten.

Doch nun steht das Medium – das mit seiner Linearität, seinem Programmschema, den aufwändig produzierten und daher weniger flexiblen Inhalten ein wenig Old School daherkommt –  vor einer neuen Entwicklungsstufe. Das Fernsehen expandiert in die Tiefe. Einige grundlegende Veränderungen hat die Digitalisierung bislang für die elektronischen Medien bereitgehalten. In Ihrer Summe bergen sie gewaltiges Potential den Begriff Fernsehen mit neuen Leben zu füllen und das damit verbundene Erlebnis zu einer neuen Wucht zu entfalten.

Da ist zunächst das technisch vermittelte Erlebnis. Solide Infrastrukturen bringen brillante Bilder auf hohem technischen und ästhetischen Niveau. Kurze Reaktionszeiten und schnelle Übertragungsraten lassen neben beeindruckenden HD- und 3D-Erlebenissen in Echtzeit auch neue Formen der Vernetzung entstehen – vom Game bis zur Videotelefonie. Von Interaktion bis Partizipation ist alles machbar. Und all das nicht nur an einem zentralen Ort im Haus, sondern auf Geräten in jeder Größe und verschiedensten Graden der Mobilität.

Und das ist schon der zweite Punkt: Die Entkopplung von Zeit, Raum und inhaltlichen Beschränkungen. Neben dem linearen Programm – jenem Fluss an Angeboten und Möglichkeiten, in dem der Zuschauer in diesem Moment und ohne großen Entscheidungsaufwand eintauchen kann – steht das gesamte Repertoire an verfügbaren Inhalten nun jederzeit griffbereit. Man kann wenn man will. Alles und immer. Nicht immer legal – aber es dürfte wohl nur noch eine Frage der Zeit sein, bis sich entsprechende Lösungen und Marktstandards finden. Und dank verschiedenster Abruflösungen lassen sich lineares Programm und 24/7-Archiv auch inhaltlich miteinander verzahnen. Sie wollen mehr davon sehen? Dann drücken Sie jetzt den VoD-Knopf – irgendwie so.

Beide Entwicklungen sind nicht wirklich neu und die ersten soliden Antworten der Branchenspieler liegen bereits vor: HD-Angebote, Onlinevideotheken für eine Vielzahl an Endgeräten. Wer es mag, bekommt auch 3D. Anbieter von Kabel, Satellit und Telekommunikation haben sich auf die neue Zeit eingestellt. In Netzwerken können sich die Gamer zusammenfinden und allmählich findet die App ihren Weg auf den Fernseher. Mit dem HbbTV-Standard soll mittels Red Button jetzt auch die TV-Werbung interaktiv werden. Bezahlfernsehen ist im Aufwind, weil die neue Vielfalt auch zu neuen Bedürfnissen bei den Nutzern führt.

So weit, so gut für den Ausbau bestehender Geschäfte. Doch nach und nach bekommt der Fernseher Zuwachs. Mit Laptop, Smartphone, Tablet und Co. werden weitere Bildschirme im Wohnzimmer heimisch und ergänzen den Fernsehkosum um den Zugang zu den Tiefen des Netzes. Verschiedene Studien belegen, dass die so genannte Parallelnutzung auf dem besten Weg zum Massenphänomen ist. Die Faustregel: Je jünger, das Publikum, desto paralleler die Nutzung. Die häufigste Nebenbeschäftigung: Irgendwas mit Internet. Chatten, Surfen, Shoppen.