Natürlich ist es am Ende ein RTL-Film, also einer, der minütlich um Aufmerksamkeit buhlt. Nach fünf Minuten ist das erste Dutzend tot, nach zehn Minuten drängen sich jede Menge Brüste ins Bild, und nach einer Viertelstunde ist die Hand ab. Gehacktes vom edlen Herrn von Berlichingen, den man indes weniger für seine eiserne Ersatzhand erinnert als vielmehr für das, was er in Minute 26 dieses Filmes absondert. „Sag ihm, er soll mich im Arsch lecken“, lässt er dem Bischof von Bamberg bestellen, der gerade seine Burg belagert. Das mit dem „im“ trägt ihm prompt das Gespött der Kumpels ein. „Ja, ich hab mich versprochen. Das kann doch mal passieren“, sagt der große Götz und schiebt dann noch den Beweis nach, dass er es mit dem Seherischen nicht so hat. „Herrgott, es wird schon nicht in die Geschichte eingehen.“

Doch, es ist eingegangen. Nicht unbedingt in die Geschichte, dank Johann Wolfgang von Goethe aber zumindest in den allgemeinen Sprachgebrauch. Das immerhin ist die Brücke, die es möglicherweise braucht, um die Marken Goethe und RTL nicht gar so konträr dastehen zu lassen. Was wirklich geschah im 16. Jahrhundert, als der wahre Götz lebte, weiß kaum jemand. Goethe hat sich da dichterisch schon große Freiheiten erlaubt, und dieser netto 110 Minuten lange RTL-Film, der am kommenden Donnerstag fast das komplette Abendprogramm des Senders bestreitet, hat seinerseits Goethe einen guten Mann sein lassen und eine Geschichte gesponnen, bei der man abgesehenen von den hölzernen Innenszenen nicht durchweg leiden muss.

Die Frage, was denn im Film echt und was fiktiv ist, beantwortet Hauptdarsteller Henning Baum übrigens sehr schön mit einem Imperativ. „Fragen Sie Guido Knopp, er ist der einzige, der damals dabei war“, sagt er.

Baum darf sich das Flapsige leisten, denn er ist die Stütze dieses Films. Mit ihm steht und fällt das Unternehmen, und man muss sagen: Meistens steht es. Regisseur Carlos Rola („Goethe war mir immer zu verkopft.“) ist da ein schöner Ritterfilm gelungen, ein etwas biederer zwar, aber einer, in dem es um Loyalität und Verrat, um Freiheit und Sehnsucht, also um die ganz großen Ritterthemen geht.

Die Schwerter klingeln, die Schlacht tümmelt, und die Pfeile surren nur so durch die Luft. Das ergibt streckenweise großes Abenteuerkino, manchmal aber leider doch nur dürftigen Komödienstadl. Gruselig wird es immer, wenn Natalia Wörner auftritt, denn die spielt nicht nur eine intrigante Adelskuh, sie muss auch andauernd mit einem Dekolleté so groß wie der Jadebusen herumlaufen. Ob es kalt ist oder warm, ob es heimelt oder wer blutet, die Wörner zeigt, wo ihre Brust hängt. Dazu trägt sie ein starres Gesicht spazieren, das ein bisschen so aussieht, als hätte Heike Makatsch zu viele Honigpops gegessen. Auch Johannes von Bülow macht als intriganter Adelbert von Weislingen keine wirklich dolle Figur.

Aber möglicherweise gehört das ja auch zum Kalkül des Films, der die Guten einfach nur gut aussehen lassen will und die Bösen albern. Als Würze dient dazu eine gehörige Portion Brutalität. Wer sehen will, wie Kehlen geschlitzt werden und Köpfe fußballgleich rollen, ist hier richtig.

Dazu schiebt der Film eine imposante Musikkulisse vor sich her. Die Streicher sind im Dauereinsatz, die Hörner werden gar nicht mehr kalt, und so weiß man immer sehr genau, wo im Film man sich gerade befindet. Rola führt den Zuschauer streng an der Aufmerksamkeitskandarre. Der darf dafür am Schluss auch noch einen schwer durchschaubaren Nikolai Kinski als Kaiser Karl erleben. Um seine Rettung geht es.

Bis dahin dauert es natürlich. Längen lassen sich da nicht verhindern. Trotzdem hält der Film leidlich Spannung. Er hat ein Motiv, und er zeichnet einen schönen Weg des Helden, der bei allen Rückschlägen, von denen es reichlich gibt, stets ein edler Ritter bleibt.

Für RTL könnte dieser Film durchaus ein Erfolg werden, ein verdienter sogar. Der Sender könnte daraus lernen, dass er es noch kann. Wenn er denn will. Das kann er zumindest von Götz von Berlichingen lernen. Alle anderen können ihn dann ruhig gepflegt am …

"Götz von Berlichingen", Donnerstag um 20:15 Uhr bei RTL