Ich habe gerade gefrühstückt. Mit Golden Toast, Nutella, Schwartau Konfitüre und Philadelphia. Dazu habe ich Jacobs-Kaffee getrunken, verfeinert mit einem Schuss Bärenmarke. Dann habe ich auf meinem MacBook Air die Weltlage gecheckt und sitze nun an meinem Schreibtisch von Ikea und schaue auf meinen Bildschirm mit dem Logo von Fujitsu. Im Hintergrund läuft als lebendige Tapete stumm mein Samsung-Fernseher, und zwischendrin erinnert mich mein Fairphone daran, dass ich noch Termine habe, zu denen ich mit meinem Lehrerauto fahre, einem Skoda.

Man sieht, ich bin umgeben von Marken. Marken prägen unseren Alltag. Marken sind hier, sind dort, Marken sind überall. Nur nicht im deutschen Fernsehen. Das ist frei von Marken. Da müssen Ausstatter fein säuberlich Markennamen überkleben, und wenn etwa die Form einer Dose so einzigartig ist, dass auch das kleinste Kind sehen kann, dass darunter eine bestimmte Marke steckt, dann wird es zusätzlich heikel, dann kommt das Produkt am besten gar nicht vor.

Ich weiß, das hat zu tun mit dem Verbot von Werbung, von offener und von heimlicher. Daran halten sich alle, hoffe ich. Nur ab und an lassen sich Produktionen bei besonders aufwändigen Projekten von Firmen aushelfen. Dann steht oben links oder oben rechts im Bildschirm, dass die Sendung Produktplatzierungen enthält, was etwa bedeutet, dass die Traumschiff-Produktion die Kabinen zu sehr günstigen Konditionen buchen kann oder dass Kommissare Fahrzeuge einer bestimmten Marke gestellt bekommen. Das ist dann keine Schleichwerbung, weil es ja gekennzeichnet ist. So etwas kann sich für die Zurverfügungsteller lohnen, weil ein Produkt ja besonders hervorsticht in einer ansonsten markenfreien Welt.

Markenfrei ist die Fernsehwelt. Klinisch markenfrei. Also weitgehend. Auf besondere Art spiegelt das deutsche Fernsehen, das so viel auf sich hält, wenn es darum geht, Realität, abzubilden, eine Realität, die keine ist. Meine oben beschriebene Frühstückswelt kommt darin ebenso wenig vor wie mein Arbeitsplatz. Dächte man das so genannte Werbeverbot im Fernsehen konsequent zu Ende, dürften auch öffentlich-rechtliche Einrichtungen keine Marken mehr benutzen. Keine Siemens-Telefone mehr in Ämtern. Oder wenn, dann mit abgeklebten Markennamen.

Ich weiß, dass die entsprechenden Gesetze Missbrauch verhindern sollen. Niemand soll sich für teuer Geld in Serien einkaufen können und sich damit einen Vorteil gegenüber Wettbewerbern verschaffen, außer es passiert in so genannten Dauerwerbesendungen wie sie Stefan Raab ab und an veranstaltet. Da sind dann gleich so viele Logos von Sponsoren versammelt, dass es einem erst ganz schwummrig wird, bevor dann die vielen bunten Logos zu einer uniformen Fläche verschwimmen, was sehr schön zeigt, dass der Vorteil des einzelnen Wettbewerbers schwindet, wenn alle dasselbe tun.

Nun möchte ich gar nichts gegen die bestehenden Werbebeschränkungen sagen, schon gar nichts gegen das Schleichwerbeverbot. Das ist feste Übung im deutschen Mediengeschäft, und wenn dann doch mal ein Applecomputer auftauchen muss, dann trägt er halt, Witzwitz, ein angebissenes Birnchen auf dem Cover, was letztlich fast schon wieder Werbung für Apple ist, halt nur über Bande. Wir haben uns eben daran gewöhnt, reglementiert zu werden.

Jede Gewöhnung sollte indes ab und an einer Überprüfung unterzogen werden. Ich werfe deshalb mal die Frage in den Raum, was wohl passierte, wenn es keinerlei Beschränkungen gäbe, wenn jede Produktion machen dürfte, was sie für richtig hielte. Solange jemand die Sache mit den Produkten nicht ausufern ließe, dürfte er die Welt zeigen wie sie ist. Mit all den Marken, die den Alltag prägen.

Dass solch eine Überprüfung vonnöten ist, zeigt doch die Omnipräsenz mancher Marken. Will ich etwa in einer Fernsehserie von Platzhirschen wie Facebook oder Twitter reden, kann ich doch schwerlich die Produktnamen vermeiden, es sei denn ich hätte es darauf angelegt, mich lächerlich zu machen. Dann sage ich nicht, dass ich etwas googele, dann muss ich strenggenommen einen sprachlichen Umweg nehmen und etwas im Internet aufspüren.

Erinnert sei auch an die peinlichen Situationen, wenn Talkgäste sagen, sie hätten etwas auf ihrem iPad nachgeschaut und der Moderator glaubt, eilfertig vermelden zu müssen, dass es Tablets auch von Samsung und Aldi gibt.

In Zeiten, da es die Vorstellung neuer Apple-Produkte regelmäßig auch in seriöse Nachrichtensendungen schafft, kann es doch nicht sein, dass für die einen Beschränkungen gelten, für die anderen nicht. Oder anders gesagt: Die Marke Apple ist so sehr Teil unserer Alltagskultur, dass sie Nachrichtenwert hat, dass sie im heiligen deutschen Nachrichtenwesen vorkommen darf. Andere Marken dagegen bleiben außen vor. Ich denke, dass sich da ein Umschwung ankündigt, dass wir ohne die Integration der Markenwelt ins tägliche Fernsehgeschäft Gefahr laufen, den Anschluss ans wirklich reale Leben zu verpassen. Kann man nicht mal über eine Freigabe nachdenken? Von mir aus mit ein paar Regeln als Leitplanken?

Oder übersehe ich da etwas? Ich bin mir nicht sicher. Sicher bin ich nur, dass ich im Fernsehen die Welt gerne so sähe wie sie ist. Und eine Welt ohne Marken existiert nun mal nicht.