„Möge der Prophet dir Warzen auf deinen welken Arsch wachsen lassen.“ Das sagt der Salafist vom Dienst, als Ursel Piepenkötter, die Bürgermeisterin von Lautringen, zum Besuch in der örtlichen Moschee anrauscht und als Gastgeschenk eine solargetriebene Wackeldackelqueen mitbringt. Er sagt das allerdings nicht auf Deutsch, sondern in seiner Sprache, die aber für den Zuschauer per Insert übersetzt wird.

Mit dem frommen Wunsch ist ungefähr der Graben vermessen, der sich zwischen der örtlichen Verwaltung und der muslimischen Gemeinde in der kleinen fiktiven NRW-Stadt am Rhein auftut. Die will nämlich eine neue Moschee bauen, wogegen die Bürgermeisterin aber was hat. Was haben muss, denn ihr wird von parteieigenen Hardlinern früh klar gemacht, dass sie sich ihre künftige Kandidatur schenken kann, wenn sie das Gotteshaus nicht verhindert.

Am Mittwoch (20:15 Uhr) zeigt die ARD „Der Hodscha und die Piepenkötter“, eine beschwingte Komödie, die sehr schön all die um die Religionen schwirrenden Konflikte und Vorurteile integriert und irgendwann auch entschärft. Der 90-Minüter enthält indes mehr als seine vordergründig leichte Art vermuten lässt. Er will viel.

Leider schafft er nicht alles, denn man hat sich ganz früh entschieden, die Geschichte als Märchen anzulegen. Wenn man ein Märchen präsentiert, muss man es mit den Realitäten nicht so genau nehmen, dann kann man sich das Happy End leichter herbeiwünschen.

Trotz alledem ist die WDR-Produktion aber doch auch ein sehr politischer Film. Er packt so ziemlich alles unter einen Hut, was derzeit in Sachen Weltanschauung zu haben ist, von IS bis NSU, und er lässt nicht einen Moment einen Zweifel daran, dass er an Versöhnung und an ein friedliches Zusammenleben der Kulturen glaubt. Dieses Werk ist nichts für Pegidisten, Afdler und ähnliche Flitzpiepen, die ihr politisches Geschäft auf just jenem Haufen Angst erledigen, den sie selbst zuvor geschissen haben.

Vordergründig erzählt der Film die Geschichte der Bürgermeisterin, die es mit einem neuen Gemeindevorsteher zu tun bekommt. Der heißt Hodscha und wurde gerade dem örtlichen Salafisten vorgesetzt. Vordergründig pflegt der Hodscha muslimische Tradition, innerlich ist der sehr pfiffig agierende Mann aber auch Bruce-Springsteen-Fan. Damit passt er gut zur Bürgermeisterin, die eigentlich an alles und nichts, vor allem aber an ihre Karriere glaubt.

Unter dieser Geschichte, die der WDR-Redakteur Birand Bingül als Roman veröffentlicht hat und die von Gernot Gricksch zum Drehbuch gewandelt wurde, liegt noch ein weiterer Erzählstrang. Es ist die Geschichte der Kinder von Hodscha und Bürgermeisterin, die sich nicht um Religion scheren und so ein bisschen Romeo und Julia spielen müssen. Der Sohn der Bürgermeisterin wird übrigens gespielt von Damian Hardung, den man noch als Jonas aus „Club der roten Bänder“ positiv in Erinnerung hat.

Der Hodscha und die Piepenkötter© WDR/Martin Valentin Menke

Regisseurin Buket Alakuş weiß ganz offensichtlich, wie man mit Emotionen umgeht, und sie scheut sich nicht, diese Komödie als sehr naives Stück anzulegen. Es ist ein Stück für Weltfremde, die an was Besseres glauben wollen. Es hätte gar als Kinder- oder Jugendfilm durchgehen können, hätte man den Fokus ein wenig mehr auf die jungen Liebenden gesetzt.

Man kann diesen Film sehr leicht mit feuilletonistischen Standardmitteln vernichten, schlecht finden und in die Tonne kloppen. Man könnte kritisieren, dass vieles zu sehr auf klaren Kontrast angelegt ist, dass Anna Stieblich ihre Bürgermeisterin ein wenig zu überkandidelt präsentiert. Auch die holzschnittartige Zeichnung der rechten Dumpfbacken gerät ein bisschen zu simpel, und das Ende machte sich auch gut in der Auslage eines Bonbonladens.

Kann man alles machen. Man kann diesen Film aber auch gut finden wollen, weil er so eine schöne Botschaft vermittelt, die bei all dem Geschrei, dem man sich allgemein so auszusetzen hat, sehr wohltut. Wir können miteinander leben, wenn wir empörungstechnisch ein wenig abrüsten, lautet die Botschaft, die eine sehr gute ist. Insofern ist „Der Hodscha und die Piepenkötter“ ein Feelgoodmovie, ein Märchen, in dem die Guten zu ihrem Gutsein finden und die Bösen böse stolpern.

Am Schluss ist die Welt so wie wir sie gerne hätten. Das ist ein schöner Anblick. Es lohnt sich, ein paar Momente bei diesem Anblick zu verweilen und zu genießen. Das Bild der Welt wie sie ist, kommt uns noch früh genug wieder unter die Augen.