Es gibt Dinge, die funktionieren in bestimmten Medien gut, in anderen weniger. Für Buchstaben eignet sich beispielsweise Papier sehr gut. Man kann dort Buchstaben draufdrucken, sie überall mithinnehmen, und nie ist der Akku leer. Ich finde, das ist ein nahezu perfektes Medium.

Für große Bilder empfehle ich Lichtspielhäuser. Wenn die Leinwand das komplette Gesichtsfeld ausfüllt, dann ist das im wahrsten Wortsinne großes Kino, dann vermählen sich das Medium und das Übermittelte zur perfekten Form.

Problematisch wird es, wenn mediale Grenzen überschritten werden, wenn man das, was im einen Medium passiert, einfach so transferiert ins andere. So gut beispielsweise Theater ins Theater passt, so wenig bleibt, wenn man Theater ins Fernsehen packt. Im Theater reden Schauspieler gerne mal so, dass auch der Zuschauer in der letzten Reihe etwas mitbekommt. Packt man das ohne Veränderung ins Fernsehen, nervt es, weil man sich dann als Zuschauer leicht angebrüllt fühlt. Also aufgepasst bei der Wahl der Medien.

Ein Beispiel, wie zwei Medien so gar nicht vernünftig miteinander reagieren mögen, sind Schrifttafeln im Fernsehen. Es kommt ja immer wieder vor, dass man in einem Magazin die Stellungnahme einer Behörde kundtun möchte. Das geht in deutschen Magazinen übrigens nur, nachdem der Off-Sprecher die Zauberworte gesagt hat. Die lauten: „Ein Interview vor der Kamera wollte uns das xy-Ministerium nicht geben.“ Danach folgen dann Schrifttafeln, die in der Regel so aussehen, als habe Moses sie eben vom Berg Sinai heruntergetragen.

Nun sind Schrifttafeln per se nichts schlechtes, allerdings passen sie leider nur bedingt ins Fernsehen. Wer lesen möchte, schlägt eine Zeitung auf oder klickt sich ins Internet. Auf die Idee, das Fernsehen einzuschalten, um etwas zu lesen, kommt so schnell keiner.

Die gezeigten Schrifttafeln sind aber noch nicht einmal das große Problem. Das große Problem sind die Off-Sprecher, die in der Regel der persönlichen Lesegeschwindigkeit arg hinterherhinken. Während ich nämlich den Text sekundenschnell erfasse und schon bei den letzten Worten bin, schlufft der Off-Sprecher noch immer irgendwo mittendrin herum. Das bringt mich jedes Mal durcheinander, es verwirrt mich nachgerade, wenn Lese- und Hörgeschwindigkeit auseinanderdriften. Am Ende geht es mir dann wie nach der Wettervorhersage: Ich habe ganz viel Input erhalten, nur habe ich leider nichts behalten.

Ich glaube allen Ernstes, dass es besser wäre, solche Einblendungen wegzulassen und den Text nur sprechen zu lassen. Dann kann sich mein Gehirn auf das Gesagte konzentrieren und ich kann mir wieder alles merken. So wie vorher, als die Off-Stimme mir auch Sachen erzählt hat, die ich verstanden habe, ganz ohne Schrifttafeln, die in Wahrheit ja doch Sprechtafeln sind.

Besonders schlimm wird es übrigens, wenn die Magazinmacher noch eine dritte Ebene implantieren. Wenn sie den Behördentext nicht nur sprechen und nicht nur zeigen, sondern zusätzlich mit einer wandernden farblichen Unterlegung klar machen, wo im Text der Sprecher sich gerade befindet. So etwas mag bei Karaoke-Veranstaltungen hilfreich sein. Im Fernsehen ist es einfach nur großer Mist. Da überlagert ein Medium das andere und das andere das eine.

Wenn man schon Fernsehen macht, dann sollte man auch Fernsehen machen und nicht Zeitung imitieren oder Twitter und Facebook als zu zitierendes Konkurrenzprogramm begreifen. Und: Wohin ist die feine Begabung guter Sprecher, durch Betonung ein Zitat kenntlich machen zu können?

Ich weiß, ich rede hier vor Sprechtafeln. Haben wir schon immer gemacht, machen wir auch weiter so. Dann aber bitte komplett. Dann möchte ich auch in der Tagesschau Sprechtafeln, mit wandernden Farbbalken und einem aufs Asynchrone trainierten Sprecher. Dazu hätte ich dann gerne noch einen Gebärdendolmetscher eingeblendet und eine Stimme, die mir sagt, wann der Sprecher aufblickt, wann er mit den Blättern raschelt. Alles zur gleichen Zeit.

Nein, Quatsch. Ist ebenso übertrieben wie mein Wunsch nach einem medialen Reinheitsgebot. Es geht halt durcheinander. Muss man sich wohl dran gewöhnen.

Ich warte übrigens noch drauf, dass irgendjemand mal ein Radio in ein Fernsehstudio stellt und die Kamera dann diesem beim Senden zusieht. Im Radio liest dann jemand unsichtbare Sprechtafeln vor, und danach kommt dann jemand und macht Pantomime - im Radio. Oder einen Striptease. Oder ein Radiosprecher liest im Radio schön gemächlich die schönsten Sprechtafeln aus dem Fernsehen vor während ein zweiter Sprecher denselben Text in der Lesegeschwindigkeit junger Zuschauer rezitiert. Das Ganze wird dann übereinandergelegt und im Radio übertragen, das von einer Fernsehkamera gefilmt wird. Ein Wahnsinn das alles. Wo sind meine Tabletten?