So, letzte Überweisung erledigt. Ich habe gerade 5000 Euro an die ARD überwiesen. Gestern gingen schon 4000 Euro an das ZDF raus. Die RTL-Gruppe durfte ich schon vor Tagen mit 4500 Euro beglücken, und die ProSiebenSat.1-Menschen müssten auf ihrem Konto einen Geldeingang in Höhe von 3000 Euro verbuchen dürfen. Habe ich alles gezahlt. Brav, wie ich bin. Gibt ja Verträge. In denen steht, dass ich für das Geld über alles berichten darf, was diese Anstalten senden. Ich habe die Rechte.

Das wird natürlich dazu führen, dass ich mein Textvolumen nun extrem ausweiten muss. Mit einem Text die Woche ist es nicht mehr getan. Ich muss jetzt täglich ran. Was sag ich? Stündlich. Eigentlich darf ich mich gar nicht mehr von den Tasten wegbewegen. Außerdem muss ich mir einen Experten suchen. Der schreibt mir auf, was ich eh schon weiß. Aber immerhin habe ich dann einen Experten an meiner Seite. Ich brauche den, denn rund um die Uhr schreibe ich über ARD, ZDF, RTL und ProSiebenSat.1. Ich habe schließlich die Rechte.

Rechte müssen sich refinanzieren. Das geschieht einerseits über die Werbung, die rund um meine Texte platziert wird, andererseits lässt sich auch über meinen Imagegewinn ein materieller Zusatznutzen hochrechnen. Ich als Marke bin einfach hochwertiger, weil ich die großen Sender im Boot habe. Nur wer die großen Sender im Boot hat, findet Interesse. Ich habe die Rechte.

Natürlich habe ich vorproduziert. Ich werde über alles schreiben, was mit den Anstalten zusammenhängt. Ich habe schon einen Text fertig über Tom Buhrows Schuhgröße (extrem winzig) und Thomas Belluts Dioptrien (so mittel). Außerdem will ich noch herausfinden, welches Duftwasser Anke Schäferkordt (Boss Jour Pour Femme?) und Thomas Ebeling (Paco Rabanne Invictus?) bevorzugen. Ich darf das wissen. Ich habe die Rechte.

Damit ich das alles herauskriege, stehen mir überaus alerte Sendersprecher zur Seite. Die sagen mir alles, was ich wissen muss, und was sie mir nicht sagen, muss ich auch nicht wissen. Ich habe stattdessen die Rechte.

Natürlich darf ich auch ein bisschen spekulieren über die jeweilige Tagesform der Sender. Ich werde Volker Herres fragen, ob er vorhat, die ARD wieder ganz nach vorne zu bringen. Der Programmdirektor wird sich dann ungefähr so äußern. „Ja, gut, wir hatten im vergangenen Halbjahr nicht immer die Form, die man von uns erwartet hat, aber jetzt sind wir fit und entschlossen, alles zu wagen. Das ZDF ist schlagbar. Das hat man ja im Mai gesehen. Ich sage mal, ohne Marktführerschaft gehen wir nicht vom Platz.“

Ich werde auch mit Herres‘ Amtskollegen Norbert Himmler reden und ihn nach den Chancen seines Vereins fragen. Himmler wird dann vielleicht so antworten: „Je, nun, wir agieren natürlich aus einer Strategie der Stärke heraus. Wir haben bewiesen, dass wir siegen können, und das wollen wir natürlich auch zeigen.“

Ich werde dann keck dazwischen fragen, was für ein Gefühl es denn so ist, wenn man ohne die üblichen Sturmspitzen wie „Neo Magazin Royale“ oder „Heute Show“ auflaufen muss. Himmler wird dann auf die Kraft der Mannschaft verweisen und sich weit aus dem Fenster lehnen. „Zweiter Platz ist zuwenig“, wird er sagen, und ich werde ein süffisantes „Ho, Ho“ hinterherschicken.

Ich muss das tun. Ich muss auch ein bisschen frech sein. Sonst denken meine Leser noch, ich würde mit denen, die mir das Recht verkauft haben, über sie berichten zu dürfen, zu nett umgehen. Der Eindruck muss unbedingt vermieden werden, auch wenn er natürlich nicht trügt. Ich bin halt schon ein bisschen lenoriger drauf, wenn ich weiß, welche Summen (siehe Einleitung) auf dem Spiel stehen.

Aber ich werde natürlich auch kritisch sein. Ich werde mich vor den Senderzentralen tummeln und gnadenlos Falschparker aufschreiben. Einer muss das ja tun. Sonst denken die da oben, sie kämen mit allem durch. Nicht mit mir. Ich kann erbarmungslos sein, auch wenn ich die Rechte habe.

Nach dem Spiel werde ich mir dann Schäferkordt und Ebeling vor die Sponsorenwand holen. Ich werde angesichts ihrer Quotenunterlegenheit den gesalzenen Finger in die Wunde legen. „Woran lag’s?“, werde ich fragen, und dann werden sie sich winden. „Was soll die Frage“, wird Schäferkordt vielleicht kurz und pampig antworten und noch ein genervtes „Was wollen Sie?“ nachsetzen. Das kommt gut, das mehrt meinen Ruf als beinharter Investigateur. Auch Ebeling kommt dran. „Haben Sie Fehler gemacht? Woran lag es?“ werde ich wissen wollen, und er wird dann keck und nur ein bisschen mürrisch antworten. „Die anderen waren halt besser.“

Das wird mich dann ein bisschen sauer machen. Mit so banalen Antworten kommt mir der nicht davon. Ich schnappe mir dann seinen Pressesprecher und geige ihm mal die Meinung. Wenn ich schon für teuer Geld die Rechte kaufe, habe ich auch das Recht, dass mir so einer nicht mit solchen Repliken kommt. So nah an der Wahrheit. Ich habe Anspruch darauf, ein paar geschraubte Antworten zu bekommen, die alles und nichts bedeuten können. Ein paar Allgemeinplätze will ich für mein Geld schon haben. Ich habe schließlich die Rechte. Da weiß man, was man verlangen kann.

Sonst könnte ich ja auch Sportreporter werden und zur EM fahren.