Sport im Fernsehen ist teuer. Sehr teuer. Zu teuer, sagen nicht wenige, die nur schwer verstehen, warum von den Beitragsmillionen erkleckliche Beträge einer Industrie zufließen, die Jahr um Jahr ihre Profite zu steigern weiß. Aus einem Papier für einen Rundfunkrat entnahm die wackere „taz“ kürzlich die Zahl von 133,83 Millionen Euro, die künftig pro Jahr für Bundesligafußball von der ARD an die Rechteinhaber gehen. Das seien nur 8,5 Prozent mehr als bisher, wurde zur Rechtfertigung eingewandt. Allerdings wird die auf den ersten Blick moderat wirkende Steigerung mit einem verminderten Leistungsumfang erkauft.

Ob die Zahlen bis auf die letzte Nachkommastelle stimmen, sei hier mal hintenan gestellt. Es geht nicht um die exakte Summe, es geht um die Größenordnung, um die Tatsache, dass man mit dem Geld auch locker 84 zusätzliche „Tatort“-Episoden oder ein paar hundert politische Magazine zusätzlich drehen könnte.

Nun sind ja die Bundesliga-Millionen der ARD nicht alles, nicht einmal die Spitze des Eisberges. Als Beitragszahler berappe ich ja gleichfalls noch ein paar Milliönchen für die vom ZDF erworbenen Rechte, zu denen bekanntlich nicht nur die der Bundesliga, sondern auch noch die der Champions League zählen. Von den Millionen, die für Europameisterschaften und Weltmeisterschaften gezahlt werden müssen, mal ganz zu schweigen.

Um es mal sehr grob zu pauschalieren: Es ist eine verdammte Menge Geld, die da fließt. Es ist Geld, das auch jene finanzieren, die mit Fußball nichts anzufangen wissen. Das ist in Ordnung, solange das Verhältnis stimmt, so lange die Ausgaben für andere Fernsehproduktionen eine Größenordnung annehmen, die diskutabel bleibt. Um es mal aus der Sicht einer Großmutter zu formulieren: Ich zahle für den Fußball mit, dafür finanziert ihr meinen Pilcherschmus. Um es mal aus meiner Sicht zu formulieren: Ihr gebt mir „Monitor“ und Böhmermann und „Die Anstalt“, dafür könnt ihr Fußball kaufen. Fernsehen ist halt immer eine Mischkalkulation, auf der Anbieterseite ebenso wie bei den Nachfragern.

Abenteuerlich wird es allerdings, wenn man mal Senderhierarchen fragt, warum denn die Sender so viel für Sport ausgeben müssten. Sie behaupten dann, sie bräuchten diese Rechte, weil sie sonst nicht mehr an die jungen Zuschauer herankämen. Wenn Sportevents ein paar Millionen vor den Bildschirm locken, sind eben auch immer ein paar junge Menschen dabei. Umgekehrt könnte man daraus folgern, dass das Durchschnittsalter der Zuschauer von ARD und ZDF wohl an der 70-Jahre-Marke kratzen würde, wenn es keinen Fußball gäbe.

Eine deutlichere Bankrotterklärung kann man wohl nicht abgeben. Wer so redet, legt sein Sein in die goldenen Hände von ein paar talentierten Kickern und hat sich damit im Prinzip längst aufgeben. Er erweist sich zudem als abhängig von der Droge Sport.

Womit wir beim zweiten Missstand wären. Drogen kriegt man bekanntlich beim Dealer. Die Sport-Dealer sind so genannte Verbände, denen die Korruptionsvorwürfe an den Hacken haften wie festgewachsen. Dort werden Gelder verschoben, wird bestochen und eingeheimst, was einem nicht zusteht. Man muss dazu nichts sagen. Nicht einmal Franz.

Finanziert werden solche dubiosen Dealer nun von öffentlich-rechtlichen Anstalten, die sich offensichtlich für nichts mehr schämen und es gar nicht so genau wissen wollen. Folgt man dieser Argumentationskette bis an ihr Ende, kommt man unweigerlich zu dem Schluss, dass ARD und ZDF die Korruption erst ermöglichen.

Jan Fleischhauer hat das kürzlich im Spiegel sehr schön aufgespießt, und auch, wenn ich mich in der Regel scheue, mit dem Rechtsausleger Fleischhauer einer Meinung zu sein, muss ich ihm in diesem Fall zustimmen. „Beihilfe zur Korruption durch Ignoranz?“, hat er geschrieben, und er ist noch einen Schritt weiter gegangen.

Die korrupten Dealer machen nämlich Geschäfte mit korrupten Systemen. Ich meine damit nicht ARD und ZDF. Ich meine die Ausrichter von Meisterschaften. Die nächste Weltmeisterschaft im Fußball findet 2018 nochmal wo statt? In Russland. Mmmh. Und die übernächste? In Katar.

Um die Kette mal ein bisschen rasseln zu lassen. Ich als Beitragszahler finanziere ARD und ZDF. ARD und ZDF finanzieren dann die Uefa und die Fifa mit. Diese wiederum schicken mein Geld zu einem erklecklichen Teil in jene Staaten, die es mit der Unversehrtheit des Individuums nicht so arg genau nehmen. Bin dann nicht am Ende ich mitschuldig, wenn in Katar mal wieder ein Leiharbeiter vom Gerüst fällt? Komme ich da mit der Floskel „Kollateralschaden“ aus der Bredouille? Müsste ich nicht meinen Beitrag verweigern mit dem Hinweis, dass ich mich nicht schuldig machen möchte?

Natürlich werden sie nun in ARD und ZDF einwenden, dass sie ganz viele dolle Filme drehen werden, die von den Missständen in den Austragungsländern handeln. Wenn sie ganz dreist sind, werden sie behaupten, dass sie das ja nur können, weil sie als Rechteinhaber ohnehin vor Ort wären und Zugang bekämen zu Stellen, die sonst niemand sieht. Als könnte man nicht auch recherchieren, ohne Millionen für Rechte abzuführen.

Um es mal ganz drastisch zu formulieren. Das Blut, das in Russland oder Katar fließt, klebt zu einem gehörigen Teil auch an den Händen jener, die Verträge mit den Dealern unterschreiben. Es sind Rundfunkräte, Intendanten und Manager, deren Hände sich eigentlich augenblicklich dauerhaft rot färben müssten, die dieses aber nicht wahrhaben wollen und lieber nicht drüber reden. So ein Schweigekartell kennt man sonst nur von einem weiteren Verein mit einem f in der Mitte, von der Mafia.

Solange das alles als systemimmanent hingenommen wird, solange sich Intendanten noch für tolle Fußballquoten feiern lassen und ausblenden, wem sie da in Wahrheit dienen, sind die Millionen, die an die deutsche Bundesliga fließen noch das kleinste Problem des öffentlich-rechtlichen Fernsehens.