Ich beschreibe jetzt erst einmal etwas umständlich ein Bild. Ich schaue Sie dabei an und strecke meinen rechten Arm im 90-Grad-Winkel auf ein neben mir zu bewunderndes Bild, auf dem zu sehen ist, wie die Sonne über einem Nebelfeld aufgeht. Ich strecke den Arm aus, damit Sie auch wissen, welches Bild gemeint ist. Das ist eigentlich überflüssig, weil nur ein einziges Bild zu sehen ist. Aber es macht sich halt so gut, dieses Armausstrecken. Es lässt mich ein bisschen dynamisch wirken. Im Vordergrund sind noch ein paar Eiszäpfchen zu bewundern, und in einer Art Restbeblattung bricht sich das Licht des frischen Tages. Dazu sage ich Ihnen, dass dieses Bild vom Leser Thomas L. eingesandt wurde und dass ich mich für die Einsendung herzlich bedanke. Und dann sage ich noch, dass Sie, wenn Sie auch so tolle Bilder machen können wie Thomas L., doch bitte auch welche an mich senden mögen, damit ich diese Eindrücke dann zum Beginn meines nächsten Textes mit Ihnen teilen kann.

Das interessiert Sie nicht? Echt nicht? Überhaupt nicht? Sie fragen: Was soll der Bullshit? Nun ja, ich kann Ihnen da keine befriedigende Antwort geben. Ich kann vielleicht erklären, dass Sie sich doch eigentlich an solch ein Verfahren gewöhnt haben sollten, denn es ist seit Jahren Standard in etlichen Wettersendungen. Ein toller launiger Einstieg.

Das Vorkommen dieses Einstiegs kann man leicht in eine Formel fassen, die gerne von Lungenärzten benutzt wird: Je leichtgewichtiger die Sendung drum herum, desto launiger der Wetterbericht. Ich weiß nicht, ob diese Formel stimmt, aber sie klingt zumindest so gut, dass ich sie der Erwähnung wert fand, und die randomisierte Überprüfung anhand diverser Morgenmagazin-Wetterbeiträge hat sie auf jeden Fall bestätigt, was natürlich daran liegt, dass die von den Morgenmagazinen alles tun würden, um ihre endlose Sendefläche zu füllen. Notfalls laden die auch Yvonne Willicks als Studiogast ein. Oder wie sagte so schön schon der Comedian Bastian Bielendorfer übers ZDF-Morgenmagazin: "Die würden Döner beim Schimmeln filmen, um die Zeit rumzukriegen."

Womit wir beim Thema wären: Die Launigkeit von Wetterberichten. Wer trägt eigentlich Schuld an dieser Launigkeit? Wer hat jemals behauptet, dass die Übermittlung einer Wetterprognose, wertvoller wird, wenn man sie nicht ganz so ernst nimmt? Ich weiß nicht, ob es der kachelmannige Jörg war oder sonst wer. Auf jeden Fall hat der oder die dieser Form von Nachrichtenübermittlung einen Bärendienst erwiesen.

Bricht man nämlich mal den Kern eines Wetterberichts auf, dann handelt es sich doch lediglich um eine Übermittlung faktischer Elementarteilchen, die der Frage folgen: Wie wird das Wetter? Die erwartete Antwort kann man grob einteilen in "gut", "nicht so gut", "schlecht" oder "man weiß es nicht". Im Idealfall will ich nach dem Wetterbericht mit einer Erkenntnis befüllt sein, die meine Aktivitäten am nächsten Tag entscheidend lenkt. Kann ich grillen? Kann ich schwimmen gehen? Oder sollte ich besser den Schlitten rausholen?

Nun ist es aber so, dass die Launigkeit von Wetterberichten inzwischen fast jede Erkenntnis entweder verhindert oder durch irgendwelchen Firlefranz innerhalb von Sekunden wieder aus meinem Hirn tilgt. Fragt mich jemand nach einem durchschnittlichen Wetterbericht, wie das Wetter wird, stehe ich in 80 Prozent der Fälle relativ dämlich da. Auf ein ratloses "Ähhhhh" folgt dann recht schnell ein wirres "weiß nicht".

Das beginnt schon bei der Übergabe an die Wetterfrau oder den Wettermann. Diese hat gemäß der heiligen Bibel der Fernsehunterhaltung unbedingt, und wenn ich unbedingt sage, dann meine ich UNBEDINGT, mit einem launigen Spruch zu erfolgen. Einem kleinen Hihi zwischen Studio und Wetterkarte. Dass dieses Hihi oft das Gefühl aufkommen lässt, das man auch von Krampfanfällen beim Weitrausschwimmen kennt, geschenkt. Die Aufgabe der Frau oder des Mannes an der Wetterfront ist es dann, aus der arg gewollten Launigkeit heraus in medias res zu kommen und fortan mit Fakten zu hantieren.

Tun sie aber höchstselten direkt. Vielmehr zeigen sie mir erst einmal ein zauberhaftes Bild von einer Sonne, die über einem Nebelfeld aufgeht, von ein paar Eiszäpfchen und einer Art Restbeblattung, in der sich das Licht des frischen Tages bricht. Eingesandt von Thomas L., dem treuen Zuschauer aus Kyritz an der Knatter.

Danach kommen dann endlich die Fakten. Leider im Übermaß. Am liebsten habe ich es, wenn es wirre Striche über das ganze Bild gibt, und irgendein Wetterfrosch sagt mir: "Wie Sie schon an den eng beieinander liegenden Isobaren sehen..." Nein, sehe ich nicht. Trotz hundertfacher Erwähnung klingen Isobaren für mich immer noch eher wie eine Inselgruppe im Südpazifik, auf der man Urlaub macht. Wir fahren auf die Isobaren, Schatz.

Und dann noch die Tiefs und Hochs, die sich mal so rum und mal so rum drehen und dazu noch Namen tragen, die klingen wie die von dringend zu verachtenden Strebern auf dem Pausenhof: Hilmar oder Gunnar oder sonst wie.

Das ist mir zu viel Information. Es ist, als würden Eltern beim Weihnachtsschmaus von ihrem Sexleben berichten. Will ich nicht hören! Ich will wissen, wie das Wetter wird. Und manchmal möchte ich in den Bildschirm hineinbrüllen: "Ich will hier keinen Schnellkurs Meteorologie absolvieren, ich will wissen, ob ich grillen kann."

Ich schreibe das hier alles auf, weil die ARD gerade ihre Wetterproduktion verlagert und all die Prognosekompetenz beim HR bündelt. Ich finde, das wäre doch mal eine gute Gelegenheit, dem Wetterbericht wieder ein wenig mehr Stringenz und Ernsthaftigkeit zuzubilligen. Weg mit der penetranten Launigkeit, die oft so schmierig klingt wie der besoffene Onkel Klaus auf dem 70. Geburtstag von Oma Ilse. Her mit den klaren Informationen, die mich wirklich klüger machen und mich das wissen lassen, was ich wissen will. Weg mit dem Missverständnis, dass Wetter beschwipste Show bieten muss. Zurück zur Nüchternheit.

Mein Tipp: Es gibt dafür schon ein Vorbild. Läuft jeden Tag am Ende der "Tagesschau" und nennt sich angenehm angestaubt "Wettervorhersage". Dauert keine Minute, enthält nur ein paar aufschlussreiche Animationen und die nötigsten Informationen, übermittelt in einer klaren Sprache. Kein launiger Einstieg, keine Bildchen, sondern direkt Fakten. Danach weiß ich immer Bescheid. Bitte nachmachen!