Die öffentlich-rechtlichen Sender sollen sich aus den Texten raushalten. Fordern die Verleger, und sie haben mit ihrer Forderung auch schon viel erreicht, denn ARD und ZDF haben sich im Netz bereits gewaltig zum Bückling gemacht und die Texte aus der vorderen Auslage genommen. Stattdessen buhlen nun ganz vorne die Videos um Aufmerksamkeit. Die Texte finden sich weiter hinten, ein paar Klicks später, in oft verstümmelt anmutender Minimalform. Die Verleger geben sich zufrieden, weil sie nun verhindert sehen, dass ARD und ZDF allzu presseähnliche Angebote vorhalten. Was auszudrücken ist, sollen die Öffentlich-Rechtlichen bitteschön visuell ausdrücken und nur noch in Ausnahmefällen schriftlich. Erlaubt sind immer Manuskripte, aber die fehlen häufig, weil die ja auch wer aus den Videos heraustippen muss.

Mich haben die Anbieter bei ARD und ZDF damit ein bisschen verloren, weil ich nun mal ein Text-Junkie bin und Videos in den allermeisten Fällen für Zeitverschwendung halte, da sie mir genau die Zeit diktieren, die ich für die Aufnahme einer Information zu brauchen habe. Das, was mir ein Video in drei Minuten an neuer Information kredenzt, kann ich aus einem Text in einer Minute herauslesen. Das Video stiehlt mir also zwei Minuten.

Ich rede hier nicht von Videos, die besondere Ereignisse dokumentieren. Wenn irgendwo ein bedeutendes Haus einstürzt oder in Flammen steht oder Sachverhalte optisch viel besser zu erklären sind oder ein Fußballspieler ein Tor schießt, ist natürlich ein Video die optimale Wahl, dann schaue ich auch gerne hin und opfere meine Zeit.

In den meisten Fällen präsentieren Videos allerdings eine eher nachrangige Optik, die allerhöchstens als Gleitmittel zu werten ist für Menschen, die sich mit dem Erfassen von komplizierten Verhältnissen schwer tun. Für diese Menschen sind Videos eine tolle Möglichkeit zur Teilhabe am Leben.

Für mich sind die meisten Videos indes pure Belästigung. Ich scrolle sofort herunter, ob es nicht irgendwo da drunter eine Textfassung gibt. Finde ich die, inhaliere ich den Inhalt und bin schon klüger, während die Bewegtbilddatei noch mit der Einstimmung befasst ist.

Ich bin aus genau diesen Gründen auch sehr erbost, wenn es wieder einmal ein Seitenanbieter schafft, ein Video ohne meine Einwilligung automatisch zu starten. Ich weiß nicht, wie viele Blocker ich schon installiert habe, um so etwas zu verhindern, aber immer wieder schafft es irgendeine Deppenseite (Hallo, SpOn), trotzdem ein Video auf meinem Smartphone zu starten.

Das hat zur Folge, dass ich panikartig die Flucht antrete und das meinen guten Willen missbrauchende Angebot erst einmal eine gehörige Weile meide. Wenn ich Videos will, dann klicke ich auf die Videos.

Ähnlich geht es mir bei Podcasts. Es mag Menschen geben, die sich gerne anhören, wie jemand redet. Mir redet dieser Jemand meist zu lang. Ich bin da eher von der hastigen Sorte. Sag mir, was du zu sagen hast und halte ansonsten die Klappe, lautet die Devise, die ich für Podcasts empfehle, die aber viel zu selten befolgt wird, außer vielleicht bei "Zeit Verbrechen". Meist gibt es aber so viel Schwafelei, dass ich schon Konkurrenz für meine hauseigenen Produkte befürchten muss.

Trotzdem höre ich natürlich ab und an Podcasts, weniger zur Informationszufuhr als vielmehr zum Dahindösen, zu Zerstreuung. Die Auswahl fällt leicht, weil ja inzwischen jeder Müllfahrer einen Podcast macht. Soll er doch. Wenn es Leute gibt, die hören wollen, was ein Müllfahrer zu erzählen hat, dann bitteschön.

Ich habe halt auch diese Tage, die so zäh dahinfließen, dass ich bedenkenlos einen Podcast als Kuscheldecke drüberlegen kann und mich dann einer Halbwelt aus Träumen und Lauschen anvertraue. Leider gelingt das immer nur kurz und ist oft abhängig von der Qualität der Stimmen. Viel zu schnell erwache ich  meist aus der Schläfrigkeit, und dann rege ich mich auf über die Langatmigkeit. Ich bin deshalb sehr froh, wenn mir die Podcast-Anbieter über langatmige Stellen hinweghelfen oder mir Hinweise geben, wo sich das Hinhören wirklich lohnt.

Nehmen wir nur mal "Fest & Flauschig". Da gibt es die Rubrik "Die großen Fünf", ein Showstopper par excellence, der die beiden Moderatoren jedes Mal aus ihrer Fabulierschleife holt und auf mich oft wirkt, als habe man vorab Sorge gehabt, die Sendung nicht vollzubekommen. Ich springe schon bei der Ankündigung an den Schluss der Rubrik, weil ich weiß, dass mich das, was kommt, weit weniger interessiert als das ganze Drumherum.

Natürlich habe ich ab und an das Gefühl, möglicherweise etwas zu verpassen. Dann aber klicke ich auf eine verdienstvolle Fanseite wie "Die großen 5" und kann dort nachlesen, was Jan und Olli nun exakt für Vorlieben haben. Ich finde, das könnte ein schönes Vorbild für andere Podcasts sein. Die sollten  ankündigen, dass man das, was sie nun gleich erzählen, auch nachlesen kann und dann schneller ist als die analogen Podcasthörer. Dazu wünsche ich mir einen Hinweis, wann ich wieder reinklicken sollte.

Beinahe vorbildlich regelt das turi2 bei seinen YouTube-Interviewvideos. Da finde ich unter dem Video eine Art Timeline, die mir angibt, wann der Interviewte zu welchem Thema spricht. Will ich etwa im Interview mit Werber Michael Trautmann wissen, wann er über seinen größten Werbe-Fehler spricht, dann sagt mir der Zusatztext, dass ich bei Minute 20 nachschauen sollte. Perfekter Service. Null Zeitverschwendung.

Ich sehe das als Mahnung an vor allem für die Öffentlich-Rechtlichen, ihre Videos möglichst auch zu verschriftlichen oder zu verschlagworten. Wäre für mich besser. Ich hätte dann mehr Zeit für die wirklich wichtigen Sachen, was immer die auch sein mögen.