Bäume gedeihen, Heuschnupfler-Nasen fangen an zu triefen und die Sonne sorgt für das Vergessen der milchig-weißen Haut, für die man das ganz Jahr über sonst gemobbt wird. Ein Liegestuhl plus dazugehöriges Bier oder eine kühle Limo und das Kobe-Rind-Steak, dass man sich für den ersten Brutzel des Jahres extra aus dem fernöstlichen Japan importieren hat lassen. Während wir uns mit Horst Lichters eindringlich erotischer Stimme noch einmal die wichtigsten Brat-Schritte ins Gedächtnis rufen und mit der Stoppuhr bewaffnet bereit stehen, um mit dem Bratwender bloß nicht zu spät zur Stelle zu sein, macht es BÄM. Der Arsch von Nachbar kickt den Grill um. Ein tiefer Schmerz macht sich in der Brust breit. Freunde wollen einen trösten, sagen, dass es doch noch andere Steaks gibt. Doch sie wollen es nicht verstehen. Da war etwas besonderes. Dieses Gefühl, dass einem etwas genommen wird auf das die persönliche Vorfreud so enorm groß war - das kennen Serienfans, wenn die Schlagzeile über die finale Staffel und das endgültige Aus kommt.

Manchmal will man sich nur mit Trauerflor und einer Packung Schokoladeneis in die Ecke der laufenden Dusche setzen. Verstehen werden mich da vor allem die „Firefly"-Fans. Das fantastische Stück Fernsehgeschichte von Joss Whedon („Buffy“, „Avengers“) wurde durch die unerklärlichen Sendezeiten und -reihenfolgen, die sich von Episode zu Episode geändert haben und die daraus resultierende verwirrte Zuschauerschaft, die gar nicht mehr genau wusste, wann sie denn nun einzuschalten hat, in den Serienhimmel befördert. Die -eigentliche- Pilotfolge wurde witzigerweise sogar erst nach dem -eigentlichen- Finale ausgestrahlt. Eine ordentliche Fanbase hatte „Firefly“ (2002). Und hat sie immer noch. Mit einer massiven Kampagne hat man dafür gesorgt, dass die stümperhaft präsentierte Serie 2005 einen Abschiedsfilm namens „Serenity“ bekommen hat. Manche träumen immer noch von Cpt. Mals Rückkehr.

Nur träumen darf man wohl auch von neuen Folgen von „Reaper – Ein teuflischer Job" (2007-2009). Mit der prominenten Unterstützung von Kevin Smith („Clerks“, „Dogma“) und seinem einzigartigen Humor, hat man via Ray Wise den wohl charmantesten und unmoralischsten Teufel aller Zeiten geschaffen. Das abrupte Ende hatte diese zynische Sonntagsserie einfach nicht verdient.

Abrupt war auch das Ende der in meinen Augen besten High-School-Serie aller Zeiten. „Voll daneben, voll im Leben" (1999-2000) hat mit ihrer liebenswerten und untypischen Weise die Gratwanderung zwischen Dödelhumor und Tiefgang geschafft. Rowdys brauchen Zuneigung und Streber mal ein Abenteuer. Nie wurde eine solch platte Feststellung formvollendeter umgesetzt. Die Chance, die heutigen Megastars James Franco, Jason Segel, Seth Rogen und Shia LaBeouf noch mit Pickel im Gesicht zu sehen, sollte man sich sowieso nicht entgehen lassen. Schade, dass nach 18 Folgen und einer Staffel bereits Schluss war.

Um mal kurz bei Jugendserien zu bleiben: „O.C., California" (2003-2007) hätte auch ruhig weiterlaufen können. Mit ihrem Mix aus klassischem Kitsch und einer feinen Prise Reich-und-Schön-Zynik hat sich das Guilty Pleasure „The O.C.“ als eine der besten Soaps in mein Gehirn gebrannt. Nach vier Staffeln erlag die Teenie-Tränendrüsendrückerei dann ihren Quoten.

Umstrittene Diskussionen entstehen auch, wenn man das Thema auf die Westernserie „Deadwood" (2004-2006) lenkt. Als frauenfeindlich und derbe wurde die Geschichte, die im Jahr 1876 einsetzt, in den USA betitelt. Somit eigentlich historisch korrekt. Nicht jeder kommt damit klar, nach jahrelang geschichtlich-verwaschenem Fernsehen die etwas dreckigere Realität serviert zu bekommen. Das Aus kam jedoch durch einen anderen Grund: Serienschöpfer David Milch wurde nach seiner Feuerprobe bei HBO zu der Surferserie „John from Cincinnati“ (2007) gebeten. Es wurde zwar vorerst geplant, Deadwoods Geschichte in zwei Filmen zu Ende zu bringen, doch hat man die Kulissen abgerissen und die Kostspielligkeit einer Fortsetzung nicht auf sich nehmen wollen. „John from Cincinnati“ wurde übrigens nach zehn Episoden und einer Staffel mit eher mäßigen Kritiken eingestampft.

Deadwood© Kevin Hennings

Vampire haben in den 90ern durch Filme wie „From Dusk Till Dawn“ und „Interview mit einem Vampir“ einen unfassbaren Hype abbekommen. Dank „Buffy“ -hätte trotz sieben Staffeln auch gerne noch weiter laufen können- gab‘s dann auch eine richtig gute Serie. Das britische Pendant „Ultraviolet" (1998)  war nicht weniger genial, wurde aber gerade nach einmal sechs Folgen eingestellt. Traurigerweise lag‘s in diesem Fall nicht an den Quoten, sondern an der zugegebenen Ideenlosigkeit des Showrunners Joe Ahearn, der einfach keinen Plan hatte, was er noch drehen solle.

Wer nicht so auf Blutsauger steht, könnte mit „The Event" (2010-2011) und seinen Aliens Spaß haben. Eigentlich sehen die Aliens jedoch genauso wie wir Menschen aus und sind somit nur auf dem Papier Aliens. Dieser Fakt enttäuscht aber kaum, funktioniert die Serie als Was-wäre-wenn-Aliens-bereits-unter-uns-sind?-Spielchen dank der lupenartigen Detailarbeit perfekt. Dieses etwas anspruchsvollere Konzept hat aber wohl auch dafür gesorgt, dass der ein oder andere Zuschauer nicht mehr so viel Hirnschmalz aufwenden wollte. Nach 22 Folgen und einer Staffel war die Klappe zu und trotz Bemühungen der Produzenten fortzusetzen, auch der Affe tot.

Krimi-Serien gibt‘s wie Fremdscham auf RTL – eine Menge. Und neben dem ganzen „CIS“-Gedöns, gibt es auch wirklich gute Sachen. „The Unusuals" (2009) ist als moderne „M*A*S*H*“-Variante regelrecht eines der genießbarsten und lustigsten Cop-Formate überhaupt gewesen. Mit Jeremy Renner und Adam Goldberg war selbst der Cast nicht ohne. Aber auch hier gab‘s nur zehn Folgen.

Gleiches Spiel mit „The Dresden Files" (2007), wo sich ein Detektiv, der Zauberer ist, auf Verbrecherjagd begibt. Ein Detektiv der Zauberer ist! Das ist auch absolut kein Trash, sondern basiert auf Jim Butcher gleichnamigen Romanen, die eine Menge Potenzial zu Verfügung gestellt haben. Die Serie hat sicherlich nicht alles richtig gemacht, doch die Qualitätskurve nach oben war deutlich erkennbar. Das Geschäft ist manchmal aber einfach zu grausam und erlaubt es einer Menge Serien nicht, überhaupt erst in Fahrt zu kommen.

Auch „Veronica Mars" (2004-2007) als Teenager-Detektivin mit der fantastischen Kristen Bell hat wunderbar funktioniert. Statt eines Serienfinales gab es zum Ende jedoch nur ein Staffelfinale und das hinterließ nicht nur bedröppelte Fans, sondern auch unzählige offene Fragen.Mit „Las Vegas" (2003-2008), wo sich ausgerechnet mit einem Cliffhanger verabschiedet wird und „Life" (2007-2009), wo durch eine außergewöhnliche Grundidee und doku-eske Züge begeistert wird, gibt es noch ein paar Krimi-Serien, die ihren frühzeitigen Tod -noch nicht- verdient hatten.