Herr Graf, war für die Mediengruppe RTL Deutschland was dabei bei den LA Screenings? Genug zu sehen gab es ja.

Jörg Graf: Mengenmäßig war es viel. Das meiste, was wir bisher gesehen haben, überzeugt auch qualitativ. Mit Qualität meine ich Production Value und den Cast. Das wirkt alles sehr hochwertig. Die Frage, die wir uns als Mediengruppe stellen, lautet: Was passt zu unseren Sendern? Selbst wenn die Formate gut und spannend gemacht sind, heißt das noch lange nicht, dass wir diese dienstags oder donnerstags bei RTL laufen lassen können. Es gibt viel Neues, aber nur einige Formate sind für Vox oder RTL geeignet

Also keine Begeisterung nach den diesjährigen LA Screenings?

Jörg Graf: Manche Sachen sind einfach thematisch schwierig. Fast jedes Studio hat in seinem Package eine Serie, die sich mit Afghanistan oder internationalem Terrorismus beschäftigt. Spannende Geschichten, die toll besetzt sind, aber thematisch für uns wegen der amerikanischen Perspektive nicht passend. Bei manchen Dingen sind wir in Deutschland gesellschaftlich einfach ein Stück weiter. Wenn sich ein Homosexueller outet, holt man mit solch einer Geschichte bei uns keinen mehr hinterm Ofen hervor.

Jetzt setzt RTL bei US-Ware bislang klassisch auf Crime. Bei der Eigenproduktion „Doctors Diary“ wiederum ging es zuletzt ja schon sehr fantastisch zu. Öffnet sich RTL auch bei Lizenzware neue Genres?

Jörg Graf: Öffnen würden wir uns natürlich. Wir haben hier in L.A auch einige Sitcoms gesehen, die zumindest ich als Mann sehr unterhaltsam finde. Worüber wir uns viel unterhalten haben, waren auch die Figuren. Man hat versucht, bei einigen Charakteren immer noch mal einen drauf zu setzen. Vieles wirkte teilweise aber zu gewollt. So nach dem Motto „Was mache ich denn jetzt nach House und Monk, wie setze ich noch einen drauf?“ Da verliert man leicht den Plot aus den Augen.

Sitcoms bei RTL wären ja schon ein neues Genre...

Barbara Thielen: Früher hatte RTL ja zahlreiche eigenproduzierte Sitcoms und war damit sehr erfolgreich. Bei den neuen Eigenproduktionen ist  aktuell eine Sitcom dabei, zu der uns einfach nur noch ein zweites halbstündiges Format fehlt. Wir verschließen uns der Sitcom nicht, im Gegenteil. Es fehlt jedoch ein weiterer Sitcom-Slot, denn das ist eine Programmfarbe, die bei RTL immer gut funktioniert hat.

Aber dann sprechen Sie von eigenproduzierten Sitcoms...

Barbara Thielen: Ich weiß gar nicht, ob man unbedingt so strikt zwischen Eigen- und Kaufproduktionen trennen muss. Donnerstags läuft „Alarm für Cobra 11“, danach „Bones - Die Knochenjägerin“, Im Frühjahr lief auf dem „Bones“-Timeslot die eigenproduzierte Serie „Countdown“. Letztendlich ist eher die Farbe des Formats entscheidender als die Frage, ob es aus den USA oder Deutschland kommt.

Jörg Graf: Eine einzelne Sitcom alleine zu senden, ist schwierig. Dieses Genre fand eine Zeit lang bei RTL nicht statt, weil keine interessanten Stoffe vorhanden waren. Aber im Moment läuft das wieder gut an. Wir entwickeln eine ganze Menge im Eigenprogramm und halten auch Ausschau im Fremdprogramm. Es muss halt passen. Einige Sitcoms sind zu spitz. Für RTL beispielsweise muss es Mainstream und für die ganze Familie geeignet sein. Sind die Figuren zu speziell und nicht nachvollziehbar, haben wir beim Zuschauer keine Chance mehr.