Und Sat.1 nicht?

Wie ich vorhin schon mal sagte: Der Zuschauer ist ein bisschen ein Gewohnheitstier und wenn ich zu und viel zu oft das Programm verändere, weil etwas nicht funktioniert, generiere ich keine neuen Zuschauer,  sondern verliere eher meine bisherigen. Nichts ist so schwer, wie einen verlorenen Zuschauer wieder zurück zu gewinnen. Hinzu kommt natürlich auch, dass die vermeintlich kleineren Sender, ob das jetzt RTL II oder Vox ist, über die Jahre immer stärker geworden sind. Und manchmal gibt es auch Fehler, die sich lange auswirken: Damals, als „Wer wird Millionär“ nach Deutschland kam, und ich noch bei Sat.1 war, lag das Format auch bei Sat.1 auf dem Tisch. Damals gehörte ich aber auch zu denen, die gesagt haben, dass das mit einer Quizshow doch nie etwas werden kann. RTL hat diese Perle entdeckt und damit seit weit über zehn Jahren ein für den Zuschauer verlässliches Programm hingelegt.

Lässt sich so etwas nochmal wiederholen mit dem nächsten großen Hit-Format?

Sowas wird es, so meine Prognose, in Zukunft nicht mehr geben. Wir unterliegen heute einfach viel stärk  Modeströmungen. Da ist es schwieriger, erfolgreiches, serielles Programm neu zu kreieren. Mit Event-Programmierungen wie sie beispielsweise Stefan Raab perfekt umsetzt, kann man Erfolg haben. Stefan Raab findet immer wieder etwas Neues, beispielsweise das "Quizboxen" neulich. Aber man könnte jetzt nicht einmal pro Woche abends "Quizboxen" machen. Es wird in einer immer vielfältigeren TV- und Medienwelt zunehmend eine Herausforderung, ein Publikum zu einer festen Zeit regelmäßig zum Einschalten zu bewegen.

Und das sagen Sie jetzt nicht nur, weil es bislang kein regelmäßiges Format mit Ihnen im ZDF gibt?

Ziel sollte es sein, dass man serielles Programm für sechs oder acht Wochen hintereinander auf einem Sendeplatz hat. Das werden wir in Zukunft häufiger erleben. Ich glaube, Du wirst kein Programm mehr finden, was Du seriell über 52 Wochen machen kannst. Das wird es nicht mehr geben. Die Briten machen das bereits so. Da wird auch Unterhaltung längst in kürzeren Staffeln produziert, um jedes Mal einen Event-Charakter zu kreieren.

Ist der eigentlich mal angedachte Dienstagabend-Talk im ZDF da für Sie noch erstrebenswert?

Wir hatten ein sehr schönes Talkformat pilotiert, eine Weiterentwicklung von Talk. die zu mir als Moderator gepasst hätte. Aber als wir das dann fertig hatten, kam gerade die Diskussion mit der Talkshow-Flut im Deutschen TV. Ich bin ja selber einer von denen, der dann im Hotelzimmer abends feststellt, dass überall gesabbelt wird und der sich dann schon fragt, ob wir wirklich noch eine Talkshow brauchen.

Sie haben in den 90ern ja nicht nur ihren DailyTalk gehabt - sondern auch „Zwei gegen zwei“. Wir haben heute zwar viel Talk, aber kaum meinungsstark und konfrontativ...

Ich glaube in der Tat, dass das beim Talk eine Farbe ist, die erfolgsversprechend sein könnte. Das Format, das wir entwickelt hatten, ging ein wenig in diese Richtung. Aber wie gesagt, es wurde genau in der Zeit pilotiert, als so viel getalkt wurde. Aber vielleicht wird es ja nochmal was. Wer sagt übrigens, dass eine Talkshow wöchentlich sein muss? Du kannst Talkshow als Event  machen, wie Stefan Raab gezeigt hat. Übrigens toll, wie ProSieben sich traut, für einen solchen Event das Programmschema flexibel anzupassen. Auch die lange Sommerpause bei "Wer wird Millionär?" ist genial, weil die dazu führt, dass man wieder heiß ist, wenn es los geht. Ich glaube Fernsehen braucht einfach solche Pausen. Wir müssen Programme besser pflegen.

Wie meinen Sie das?

Viele Programmplaner versuchen, das Programm horizontal zu planen. Ich glaube aber, es wird vertikal fern gekuckt. Das heißt, wenn ein Programm gut ist, dann bleibe ich dran, egal ob es eine Dokumentation ist oder fiktionales Programm ist. Und eine solche Sendung kann dann auch gern mal länger als 90 Minuten sein. Das Anschlussprogramm profitiert von solchen Sendungen, der Audience Flow klappt. Eine Programmierung, die diese Faktoren berücksichtigt, ist bei den Öffentlich-Rechtlichen noch etwas schwieriger als bei den Privaten. Aber auch wir brauchen das.

Kann das der neue ZDF-Programmdirektor Norbert Himmler?

Ich kann nur neues Programm machen, wenn ich mich auch von altem Programm verabschiede. Wir müssen uns einfach mehr trauen und dann auch den Gegenwind aushalten, wenn mal etwas nicht funktioniert. Programmentwicklung ist ein Prozess. Ich habe da großes Vertrauen und Hoffnung in Norbert Himmler, dass er diesen Prozess anpackt und durchsetzen kann.

...und Sie dabei auch eine größere Rolle spielen?

Nach meinem ersten Jahr beim ZDF, in dem es ja nur „Rette die Million“ gab, habe ich jetzt „Die Quizshow“, „Das Superhirn“, „Superchampion“ und den „Bildungstest“. Darauf kann man doch aufbauen.

Herr Pilawa, herzlichen Dank für das Gespräch.