Sie würden also keinem Nachwuchs-Talent davon abraten, zum Fernsehen zu gehen?

Winterscheidt: Ganz sicher nicht. Aber man sollte schon darauf hinweisen, dass es mehr Arbeit ist, als es sich viele vorstellen. Außerdem gibt's keine Vorbereitung für das, was passiert, wenn man berühmt ist. Jedem, der sich in dem Beruf versucht, sollte aber bewusst sein, dass es auch desillusionierend sein kann. Es ist eben nicht alles Halligalli, auch wenn man sich das wünscht. Der Schritt, ins Fernsehen zu gehen, ist der kleinste von allen.

Wie haben Sie gelernt, mit Erwartungen umzugehen?

Winterscheidt: Ich weiß gar nicht, ob ich das wirklich gelernt habe. Es gibt Tage, an denen man das besser kann als an anderen. Man muss nur ehrlich zu sich bleiben und darf nicht glauben, der Allergrößte und Allercoolste zu sein. Man muss eine gesunde Portion Selbstkritik mit sich rumschleppen, weil man schon dazu neigen kann, komplett durchzudrehen. Jeder sagt dir, wie toll und großartig du bist, aber niemand traut sich, dir zu sagen, was für ein unheimlicher Schwachkopf du bist.

Heufer-Umlauf: Doch, doch. Das übernehme ich gerne. (lacht)

Winterscheidt: Aber du bist einer von wenigen, der das macht. Man muss aber einen Weg finden, ehrlich zu sich selbst zu bleiben, und alles, was um einen herum passiert, nicht überzubewerten – immer in einem gesunden Maß, denn in gewisser Weise macht das ja auch den Reiz dieses Jobs aus.

Der "Circus" im Titel Ihrer neuen ProSieben-Show trifft es ja ganz gut. Auch das Fernsehgeschäft hat ja bisweilen was von einem großen Zirkus.

Heufer-Umlauf: Vor allem, wenn man an die hungernden Tiere, den saufenden Direktor und die halbleeren Zuschauerränge denkt! Und die zahnlosen Kinder werden hinten im Schulwagen "unterrichtet". (lacht) So schlimm ist es sicherlich bei uns nicht. Aber klar: The show must go on - und wenn keiner kommt, wird's düster.

Hat das Fernsehen denn für Sie inzwischen von dem Glanz eingebüßt, den man nach wie vor damit verbindet?

Heufer-Umlauf: Nein, das finde ich nicht. Ich bin relativ schnell aus der Zuschauersicht herausgekommen. Meine Faszination ist übergesprungen zu der Frage, wie man genau diese Illusion schafft. Wie gelingt es, dass die Leute vor dem Fernseher denken, es wäre alles Glanz und Gloria? Genau davon lebt doch das Fernsehen! Ich fand es immer interessanter zu sehen, dass die Kulissen von hinten scheiße aussehen als mir vorne die Show anzugucken.

Gibt es denn überhaupt noch genügend Zuschauer, die diese Illusion auch noch als solche wahrnehmen wollen?

Heufer-Umlauf: Es ist ja nicht immer alles nur die große Showtreppe. Aber wer Bock darauf hat, ist auch bereit dazu, diese Illusion entgegenzunehmen. Ich bin davon überzeugt, dass es noch genug Leute dieser Sorte gibt. Genau deswegen werden wir nun auch auf die Kacke hauen! Menschen, Tiere, Explosionen! Wir tun so, als wäre das eine riesengroße Show.

Das haben Sie die letzten Jahre ja schon ganz gut üben können.

Winterscheidt: Hat nur nicht so richtig funktioniert. (lacht)

Heufer-Umlauf: Das mag so sein, aber wir behaupten es weiter. Mal schauen, wer darauf reinfällt.

Wenn wir im Zirkus-Bild bleiben: Sehen Sie sich eher als Clowns, Dompteure oder Messerwerfer?

Heufer-Umlauf: Ich bin der traurige Clown, manchmal auch eine Mischung aus Nacktseiltänzer und kindlicher Gewichtheber.

Winterscheidt: Und ich komme brennend in die Manege gelaufen und finde den Ausgang nicht.

Heufer-Umlauf: Viele wissen gar nicht, dass Joko aus einer langjährigen Zirkusfamilie stammt. Er ist Hochseil-Autist. (lacht)

Jetzt bleibt nur noch die Frage nach den Quoten. Bei ProSieben sollte der Marktanteil jetzt im Vergleich zu ZDFneo etwa das Zwanzigfache betragen, damit "Circus Halligalli" als Erfolg gilt.

Heufer-Umlauf: Wir müssen nicht lange drumherum reden. Wir brauchen eine ordentliche Quote und wenn wir die nicht haben, ist der Arsch ab. Das ist eine druckvolle Situation, mit der wir aber so umgehen, dass wir trotzdem nachts gut schlafen und uns auf die Show freuen können. Uns war von Beginn an klar, dass wir ein Risiko eingehen. Deswegen werden wir jetzt nicht so tun, als sei uns das scheißegal.

Winterscheidt: Ich höre das zum ersten Mal. Ich wusste das nicht!

Heufer-Umlauf: Ich werde dir das mal in einer ruhigen Minute erklären.

Herzlichen Dank für das Gespräch.