Ein Hinterhof in Köln-Ehrenfeld. Mit stolz leuchtenden Augen führt Jan Böhmermann über die Baustelle, die in Kürze das Studio seines "Neo Magazins" sein wird. Bühnenbild und Technik hat das Team von super btf, Böhmermanns Joint Venture mit der Bildundtonfabrik ("Roche und Böhmermann"), komplett in Eigenregie entwickelt. Ob die Show genauso gut wird wie die seit Wochen im Netz verbreiteten Trailer, zeigt sich erstmals am Donnerstag um 23 Uhr bei ZDFneo. Zwischen den letzten Vorbereitungen haben wir Böhmermann ein paar schnelle Stichworte zugeworfen...

Late Night?


Ein belastetes Genre, in Deutschland zurzeit nur von Stefan Raab diszipliniert und liebevoll ausgeführt.

Harald Schmidt
?

Der lustigste 61-Jährige, den ich kenne.



Gerhard L
öwenthal?

Reaktionäres Verkündungsfernsehen zu einer Zeit, als das ZDF noch gesetzesgleiche Kraft hatte. Das würde ich mir zurückwünschen. Also, natürlich nicht in der reaktionären Form. Aber es ist eine ganz charmante Haltung, zu sagen: Mich kümmert es nicht, was ihr denkt! Ich habe meine Meinung und die ist bitteschön Gesetz! Für unser "Neo Magazin" eher optische Inspirationsquelle als echtes Vorbild. Eine gewisse Strenge tut leichter Unterhaltung gut. Wir machen seriösen Quatsch.

Wunschg
äste? 

Mein erster Wunschgast ist Olli Welke und der kommt in die erste Sendung. Der zweite Wunschgast ist David Garrett, der kommt in die zweite Sendung. Der dritte Wunschgast ist Lars Eidinger, der kommt in die dritte Sendung. Und Fettes Brot, Alice Schwarzer, Jean Pütz, Gina-Lisa – alle kommen.

Kai Diekmann?
 

Der kommt ärgerlicherweise nicht. Wobei er vermutlich Angst hat, weil ich ihm gedroht habe: Wer mit ZDFneo im Aufzug nach oben fährt, fährt mit ZDFneo auch wieder nach unten. Und er weiß, was das bedeutet: Mit ZDFneo kann's ganz schön tief hinuntergehen.

Digitalkan
äle?

Entwicklungsraum und Probenkeller.

Primetime?


Kein Entwicklungsraum, kein Probenkeller. Leute wie mich lassen die Menschen nicht gern in ihr Wohnzimmer, hat mir ZDF-Unterhaltungschef Oliver Fuchs vor Publikum auf den Münchner Medientagen gesagt. Was Herr Fuchs nicht weiß: Ich stehe so lange mit einem Blumenstrauß vor der Tür, bis ich aus Mitleid reingelassen werde. Und wenn ich einmal im Wohnzimmer bin, gehe ich da nie wieder weg.

Sehnsucht nach Mainstream?


Es wird keinen Bruch geben. Ich betrachte das als Prozess. Man sagt ja nicht: Jetzt bin ich Primetime, jetzt bin ich Mainstream. Irgendwann ist man's einfach. Bis dahin sollte es eine möglichst organische Entwicklung sein, die allen Seiten genug Zeit lässt, sich aneinander zu gewöhnen. Vorbilder wie Joko und Klaas machen Hoffnung. Man sieht, dass man mit einem 50.000-Zuschauer-ZDFneo-Programm bei ProSieben den Montagabend füllen kann.

Bildundtonfabrik?


Die beste Produktionsfirma, die ich je kennen gelernt habe, und die besten Leute, mit denen ich je zusammengearbeitet habe. Wir sind quasi der Gegenentwurf zu Fabriken wie Endemol. Wir sind ein kleiner Bio-Bauernhof mit einem Cash-Flow zum wacklige Knie kriegen. Dadurch haben wir weniger Druck und Einschränkungen, viel mehr Freiraum. Wir wollen nicht krampfhaft das Fernsehen retten, aber das ist nun mal das Medium, das gerade da liegt und dankbar neue Inhalte aufnimmt.

"Wir sind ein kleiner Bio-Bauernhof mit einem
Cash-Flow zum wacklige Knie kriegen"

Jan Böhmermann über seine Produktionsfirma


Jugendkanal?

Braucht kein Mensch. Wenn die Anstalten jetzt einen Jugendkanal beschließen, sind die Jugendlichen ungefähr 48, wenn er auf Sendung geht. Es gibt bereits eine verlorene Zuschauergeneration für die Öffentlich-Rechtlichen, so Leute wie ich gehören dazu. Das ist den Verantwortlichen auch bewusst.

YouTube?


Meine Theorie – kürzlich aufgestellt – ist, dass YouTube die größte Gefahr für Medien wie die "Bravo" darstellt. Junge Leute ab zehn Jahren fangen dort an, kostenlos niedrigschwellige Inhalte zu rezipieren. Simon Desue oder die Ponk-WG kanalisieren heute die ersten hormonellen Schübe. Das ist das Boygroup-Phänomen, nur breiter aufgestellt und mit Comedy-Ansatz. Für professionelle Unterhaltungskreise ist dabei aber noch kein ernst zu nehmender Inhalt rumgekommen. Mit 21 fragen sich die meisten: Gibt's nicht was Spannenderes? Und dann landet man eher bei einer Fernsehproduktion, die mit größerem Budget ausgestattet ist.

Product Placement?


Ich empfehle Glümp Ayrancola!

Bremen?


Meine geliebte Heimatstadt.

Mockumentary?


Ein Genre, das es seit 25 Jahren gibt, das aber viele ARD-Zuschauer offenbar für bare Münze genommen haben. Wenn man als einer von 16 Autoren bei "16x Deutschland" auffallen will und nur 15 Minuten Zeit hat, eigentlich keine schlechte Methode. Ich hatte darauf spekuliert, dass die ersten Zuschauer zwei Minuten nach der Doku zum Bremer Elefantendenkmal laufen, um nach Diamanten zu graben. Ob es so war, weiß ich aber nicht.