Frau Stratmann, wieso hat man Sie in den vergangenen Jahren eigentlich so selten im Fernsehen gesehen?

Ich habe meinen Sohn bekommen – das hat für mein Leben eine extrem große Veränderung bedeutet. Da war schnell klar, dass ich mich nicht ungebremst nur um meinen eigenen Weg kümmern kann. Zu der Zeit sagte ich eine geplante Serie mit Sat.1 ab, weil ich nicht mal eben hundert Drehtage aus dem Haus gehen wollte. Daraus entwickelte sich dann eine zunehmende Autorentätigkeit, mit der ich wirklich sehr glücklich bin. Der Beruf der Autorin bringt es mit sich, nicht gesehen zu werden. Das finde ich allerdings gar nicht schlimm. Ich brauche nicht so oft einen Saal, der mir Applaus spendet.

Die Kamera muss also nicht ständig laufen?

Auf gar keinen Fall! Ich dosiere mittlerweile ganz gut, wann die Kamera läuft und wann sie aus ist. Die öffentliche Wahrnehmung ist allerdings komisch. Wenn mich alle sehen, dann gelte ich als erfolgreich – und wenn mich keiner sieht, bin ich plötzlich nicht mehr da und unerfolgreich. Ich selbst nehme das natürlich ganz anders wahr. Für mich bin ich ja immer da. (lacht) 

Hatten Sie in der Zeit, in der Sie häufig vor der Kamera standen, das Gefühl, eine Pause nötig zu haben?

Soweit lasse ich es gar nicht kommen. Meine Mutter hat mir mal beigebracht: Mach dich rar! Dieser Satz sitzt noch immer. Ich schaue mir regelmäßig an, was ich gerade vor der Nase habe und ob sich das noch richtig anfühlt. Oder ob es gerade im Begriff ist, sich ins Negative zu verändern. Darauf reagiere ich dann – und so lebe ich auch mein Leben. Den Job als Mama habe ich ein Leben lang, aber in meinem beruflichen Leben darf's gern auch mal abwechslungsreich zugehen. 

Das ZDF hat bereits vor langer Zeit eine Sitcom mit Ihnen angekündigt, die Ende Juli nun tatsächlich startet. Warum haben Sie sich gerade auf „Ellerbeck“ eingelassen?

Zunächst mal fand ich die Bücher sehr gelungen – und zwar von jeder einzelnen Folge. Das hängt auch mit der Entwicklung meiner Figur, der Sabine Ebert, zusammen, die gleichzeitig realistisch und sehr komisch ist. Das ist ja auch im wahren Leben so: Da gibt es nicht nur die dramatischen, sondern auch die komischen Momente. Komik ist vermutlich eh die einzige Chance, ohne Verbitterung alt zu werden.

Ellerbeck“ ist vor allem auch politisch.

Ich verkörpere die Leiterin eines Kindergartens, die völlig unverhofft auf dem Bürgermeister-Sessel landet. Persönlich finde ich das Thema des Bürger-Engagements sehr interessant. Es ist immer gut, wenn sich Menschen außerhalb der eigenen vier Wände engagieren. Daraus ergibt sich allerdings gerne eine moralische Selbstzufriedenheit, die ich wiederum äußerst fragwürdig finde. Diese Engagierten sind ja häufig diejenigen, die gegen „die da oben“ wettern. Das ist mir etwas zu einfach.

Dazu passt, dass in den vergangenen Monaten in der Öffentlichkeit häufig über „Wutbürger“ gesprochen wurde. Inwiefern erinnerte Sie das an Ihre eigene Serie?

Wir sind da tatsächlich auf die Minute aktuell! Meine Kollegin Inka Friedrich, die in Berlin wohnt, kam nach einem Wochenende zu den Dreharbeiten zurück. In der Hand hielt sie einen Flyer, den sie aus einer Kneipe mitgenommen hatte – versehen mit der Aufforderung, sich gegen eine Schweinemast-Anlage zur Wehr zu setzen. Genau wie bei „Ellerbeck“. Wir haben den Autoren gehuldigt für ihre Maßarbeit! Das war wirklich sehr lustig.

Ihr Leben spielt sich momentan allerdings nicht nur in „Ellerbeck“ ab, sondern gewissermaßen auch im Kuhstall. Für die ARD sind Sie zuvor jedenfalls noch als „Kuhflüsterin“ im Einsatz. Können Sie denn so einfach auf zwei Hochzeiten tanzen?

Das hat sich einfach so ergeben. Ich hatte gerade mit dem ZDF zu tun, als relativ zeitnah die Anfrage der ARD zur „Kuhflüsterin“ kam, die ich ebenfalls sehr reizvoll fand. Ich habe das ZDF darüber informiert und nach Auffassung beider Sender war es möglich, beide Projekte zu machen. Heimlich mauscheln ist für mich nie eine Option. Ich lege äußersten Wert darauf, dass die Partner, mit denen ich zu tun habe, mir gegenüber die hundertprozentige Transparenz an den Tag legen, sonst bin ich wieder weg – und von mir kann man das genauso erwarten. Damit weiß jeder, wo er beim Gegenüber dran ist und kann sich auf die Arbeit statt aufs Zanken konzentrieren.