Herr Seemann, ist das Viertelfinale in der Europa League zwischen Dortmund und Liverpool für Sport1 bereits das Highlight der Saison?

Bisher ist es das natürlich, klar. Sollte Dortmund aber ins Finale kommen, wäre es natürlich das noch größere Highlight. Aber selbstverständlich ist Dortmund gegen Liverpool ein tolles Ereignis – im Fußball allgemein, nicht nur in der Europa League.

Ist es nicht schade, dass Dortmund schon so früh im Wettbewerb auf Liverpool trifft?

Ganz ehrlich: Für uns ist es schöner, dass beide Mannschaften jetzt aufeinandertreffen und nicht erst im Finale. Wenn Jürgen Klopp nach Dortmund kommt, herrscht dort einfach dieser emotionale Ausnahmezustand, den es beim Finale in Basel nicht in der Form geben würde. Dazu sind es auch gleich zwei Spiele und nicht nur eines, was das Ganze für uns noch einmal schöner macht.

Wie genau wird sich die Berichterstattung in der Programmgestaltung der kommenden beiden Wochen niederschlagen?

Auf Sport1.de wird man von einer gelb-schwarzen Anmutung in Empfang genommen und genauso wird sich die Stimmung im restlichen Programm abspielen. Schon am Sonntag werden wir ab 13:00 Uhr einen Spezial-"Doppelpass" zum bevorstehenden Spiel senden. Hinzu kommen täglich ab Sonntag ein Schwerpunkt bei "Bundesliga Aktuell"– am Mittwoch schon ab 18 Uhr inklusive der Klopp-PK – und eine von uns selbst produzierte Dokumentation über Jürgen Klopp in Liverpool und Thomas Tuchel beim BVB, eine Art Vergleich beider Karrieren Während des Spiels in Dortmund werden wir den Usern auf Sport1.de zum Beispiel speziell zu seinem "Homecoming" eine "Kloppo Livecam" bieten, die die ganzen 90 Minuten nur auf ihn gerichtet ist. Generell haben wir den Produktionsaufwand im Stadion hochgeschraubt und unsere Präsenz verstärkt.

Was heißt das im Detail?

Es fehlen noch die definitiven Bestätigungen, aber es werden weitere Prominente mit vor Ort sein. Wir werden zudem früher dabei sein: Sobald Jürgen Klopp mit dem Mannschaftsbus das Gelände des Signal-Iduna-Parks betritt, halten wir drauf.

Bei einem solch großen Aufwand dürften Ihre Quoten-Erwartungen entsprechend groß sein. Mit wie vielen Zuschauern rechnen Sie?

Auf eine genaue Zahl lege ich mich nicht fest, aber es ist natürlich von Vorteil, dass das Spiel bundesweit große Beachtung findet. Somit haben wir gewisse Erwartungen und orientieren uns an unseren Top-5-Reichweiten des Senders, wo wir bei vier Millionen Zuschauern aufwärts lagen.

Sie müssten doch eigentlich froh sein, dass die anderen deutschen Vertreter aus der Europa League ausgeschieden sind. Sonst könnten sie sich nun vermutlich nicht komplett auf die Dortmund-Spiele konzentrieren, oder?

Wir hätten uns über mehr deutsche Vereine im Viertelfinale gefreut. Gerade mit Blick auf das Halbfinale hätte das einen schönen Spannungsbogen ergeben können. Sie dürfen nicht vergessen, dass die Nachberichterstattung bei uns eine große Rolle spielt und die Zusammenfassungen der deutschen Spiele am späten Abend immer sehr gut ankamen. Ohne weitere deutsche Mannschaften könnte es etwas schwieriger werden, die Spannung auf dem hohen Niveau zu halten.

Sie hören nicht nur spät auf, sondern beginnen auch stets sehr früh. Keine Angst vor einer Überdosis?

Mit der Sendestrecke, die gewöhnlich sechs Stunden beträgt, haben wir letztes Jahr eine Art Experiment begonnen. Dieses ist aber voll aufgegangen, weil es uns bereits im Vorlauf gelingt, rund 25 Prozent der Zuschauer ranzuholen. Andere Kollegen wären froh, wenn sie bei ihren deutlich kürzeren Vorläufen schaffen würden. Mit der Radio-Einblendung von Sport1.fm, die wir immer dann vornehmen, wenn wir ein Spiel nicht im Fernsehen übertragen, können wir spannende Szenen mit Zuschauern trotzdem live teilen. Ich will gar nicht behaupten, dass sich die Zuschauer nun stets die kompletten zwei Stunden Vorlauf anschauen – aber das Konzept eignet sich, um immer wieder reinzuzappen. Das hängt auch damit zusammen, dass wir recht detailliert und aktuell Richtung Livespiel berichten und das Konzept der klassischen Vor-Interviews und vorproduzierter Einspieler nicht so intensiv verfolgen wie früher. Das hat sich für uns durchaus bewährt.

Hand aufs Herz: Sie waren lange selber Kommentator. Juckt es da nicht in den Fingern, bei solchen Spielen wieder selbst das Mikrofon in die Hand zu nehmen?

Wo Sie mich so direkt ansprechen, rufe ich den Kollegen Markus Höhner doch direkt mal an und sage ihm ab. (schmunzelt) Natürlich hat man zu solchen Spielen einen Bezug, allerdings durfte bei den Kollegen von kabel eins schon genügend Europapokal-Spiele kommentieren. Jetzt gönne ich es den anderen – auch für Markus wird das ein Highlight seiner Karriere werden.

Sie werben bei Sport1 derzeit mit der "besten Europa League aller Zeiten". Wie wollen Sie das in der nächsten Saison eigentlich noch steigern?

(lacht) "Die allerbeste Europa League aller Zeiten" wäre natürlich eine schöne Schlagzeile. Ob sie uns gelingt, hängt aber vor allem davon ab, ob die deutschen Teams das Turnier im nächsten Jahr so ernst nehmen, wie der BVB es in dieser Saison getan hat. Man muss sich einfach vornehmen, das Ding wirklich gewinnen zu wollen. Wenn das alle so leben wie der BVB, dann kann das nächste Jahr auch wieder so gut werden.

Herr Seemann, vielen Dank für das Gespräch.