Frau Behrends, alle reden über Netflix und Amazon aber Sie leben ja noch…

Was heißt denn hier „noch“? (lacht) Wir sind ja eines der Studios, die Pay-TV in Deutschland mit aus der Taufe gehoben haben mit 13th Street und Syfy. Es hat ein bisschen gedauert bis das deutsche Pay-TV gezündet hat, aber mit inzwischen 6,7 Millionen Abonnenten haben wir eine Reichweite von der Netflix und Amazon nur träumen können. Wir sind sehr zufrieden, daher habe ich auch gar nichts gegen die neuen Anbieter. Der Markt ist groß und die Angebote ergänzen sich. Und wenn Serien nun nochmal verstärkt in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit rücken, dann ist das für alle gut, die in dem Geschäft sind.

Sie klingen sehr zufrieden. Hat NBC Universal in Deutschland denn überhaupt noch Ambitionen?

Wir sind seit dem Beitritt zur Quotenmessung im Jahr 2011 mit 13th Street und Syfy die Nummer 1 und Nummer 2 im deutschen fiktionalen Pay-TV. Das wollen wir weiter bleiben, und wir wollen natürlich auch weiter wachsen. Wir bieten mit unseren weiteren vier Sendern Universal Channel,  History, A&E sowie E! Entertainment im jeweiligen Genrebereich zahlreiche exklusive Programmhighlights an und wollen hier auch nochmal deutlich zulegen.

Wie konkret meinen Sie das?

Wenn wir Glück haben, wird noch 2016 etwas passieren. Aber darüber kann ich Ihnen jetzt noch nicht mehr verraten.

Wer etwas vor hat, braucht Geld. Wenn Sie sagen es läuft gut für NBC Universal in Deutschland, was bedeutet das in konkreten Zahlen?

Da sind wir sehr nah bei unseren neuen Wettbewerbern und schweigen über die Zahlen. Wir haben vor zweieinhalb Jahren mit Universal Channel einen neuen Sender gelauncht. Das kostet immer sehr viel Geld. Und die guten Serien werden immer teurer. Es gibt immer mehr Wettbewerber, und dann müssen wir immer mehr Rechte an einer Serie erwerben, um sie auch on demand einzeln oder als ganze Box-Sets anbieten zu können. Dazu kommen mehr Investitionen in Branding und Marketing, um mit unseren Marken sichtbarer und klarer erkennbar zu werden.

Okay. Keine Zahlen also. Welche Rolle spielen eigentlich einzelne Sendermarken in einem Wettbewerb mit neuen Anbietern, deren Marke über der gesamten Angebotspalette steht?

Es gibt immer mehr Serien, immer mehr Inhalte. Da wird es wichtiger zu kuratieren. Wer findet  in der Vielfalt der Serien die besten Programme für mich? Auf wessen Urteil vertraue ich da? Das übernehmen wir. Wir haben im Haus Kolleginnen und Kollegen, die sich in ihren Genres bestens auskennen. Mit unseren starken Genre-Marken werden wir zum besten Freund unserer Zuschauer, der diesen neue Serien empfiehlt. Wir übernehmen die soziale Empfehlungsfunktion. Diese Aufgabe wird zunehmend wichtiger, und sie ist es auch, die uns mit Genre-Sendern abhebt vom Wettbewerb in der immer größeren Multi-Plattform-Welt.

Wie schlägt sich das im Programm nieder?

Wir haben z.B. auf 13th Street mit „The Art of More“ exklusiv eine ganz tolle neue Serie gestartet, von der ich sehr begeistert bin.und die von dem Streamingdienst Crackle.produziert wurde und die wir von Sony Pictures lizensiert haben. Eine solche Serie hätte ein Zuschauer ja nicht unbedingt von alleine entdeckt. Wir wollen Highlights setzen und Programme präsentieren, die uns abheben und „pay value“ bieten. Anfang Juli kam „Cape Town“  auf 13th Street als exklusive deutsche TV Premiere, eine spannende internationale Crime Produktion, die die deutsche Regisseurin Annette Reeker ohne großen Sender im Rücken kurzerhand selbst finanziert und gedreht hat. Auch diese Serie haben wir entdeckt und groß rausgebracht - und nun läuft sie sogar auf NBC Universal Sendern in Frankreich und Afrika.

In Großbritannien ist NBC Universal mit einem SVoD-Dienst namens Hayu im Endkundenmarkt aktiv geworden. Wäre das auch in Deutschland ein denkbares Angebot?

Eher nicht. Wir haben als NBC Universal vertriebsseitig in Deutschland sehr gute Geschäftsbeziehungen zu den großen Free-TV-Sendern und wir als Sendergeschäft haben etablierte Beziehungen zu vielen Plattformpartnern. Es müsste schon sehr gute Gründe geben, um diese glücklichen Partnerschaften mit einem Direct to Consumer-Angebot zu strapazieren. Ich kann mir eher vorstellen, dass wir bestehende Marken mit digitalen Angeboten verlängern. Warum nicht eine E!-App anbieten? Das sind ergänzende Ideen, aber es macht wie gesagt keinen Sinn darüber nachzudenken, jetzt die bestehenden NBC Universal Sendermarken zu bündeln und damit selbst direkt an den Konsumenten heranzutreten. Das ist nicht unser Geschäftsmodell.

Katharina Behrends© DWDL.de


Kommen wir zu den Inhalten…

Ja, gerne! Da haben wir etwas ganz Tolles! Syfy produziert in den USA gerade die erste gescriptete Virtual-Reality-Serie, die Zuschauer hierzulande im Herbst  als exklusive TV Premiere sehen werden: „Halcyon“. Das Prinzip hinter der Hybrid–Serie aus klassisch linearem TV und Virtual Reality: Zehn Folgen werden im TV linear ausgestrahlt und mit fünf Episoden ergänzt, die via App in Virtual Reality weitererzählt werden. Das Tolle dabei ist, dass sich die Inhalte ergänzen.

Ich lasse mich gerne überraschen. Neben Virtual Reality spielt jetzt auch Gaming eine Rolle bei Syfy. Sie öffnen also eine ihrer klar positionierten Marken und haben im Juni die erste Ausgabe von „Syfy Experience“ über den Sender geschickt. Auch ein Risiko?

Nein, wir wissen schon lange, dass die Syfy-Zuschauer sehr jung, männlich und Technik- sowie Gaming-affin sind. Und mit „Defiance“ hatten wir auch schon eine Syfy-Serie, die aus der Gaming-Welt stammt. Wir haben ja schon Gaming-Kompetenz im Haus wollen das jetzt mit Jochen Dominicus weiter ausbauen, weil Themen wie eSports oder eben Virtual Reality sehr interessant sind für unsere Zielgruppe, aber bislang noch nicht ausreichend abgebildet wurden im Programm. Und da kam Jochen Dominicus mit der passenden Idee.

Ein Magazin ist das eine. Aber seit einigen Jahren gibt es den Wettbewerb um die großen Eigenproduktionen. TNT Serie ist vorgeprescht, Sky zieht nach. Wie hat sich ihre Haltung zu dem Thema entwickelt?

Wir haben ja bereits seit vielen Jahren eine Historie der kleinen feinen und innovativen Eigenproduktionen. Zuletzt haben wir bei E! Entertainment Akzente gesetzt. Wir haben zwei Kuba Specials mit Jorg Gonzalez ausgestrahlt und produzieren derzeit wieder die E! Red Carpet Suite zu verschiedenen Themen, wie z.B. den Kardashians, die ja E! berühmt gemacht hat. Wir verwandeln E! Entertainment zum Beispiel vor dem Start der 12. Staffel in den Kardashian-Sender: Ab 7. November werden zwei Wochen lang alle Staffeln der legendären Realityshow „Keeping Up with the Kardashians“ am Stück zu sehen sein. Und übrigens: Harald Lesch, der jetzt beim ZDF zuhause ist - den haben wir zuvor in unserem Syfy-Format „Leschs Universum“ entdeckt und on air gebracht.

"Für 13th Street lassen wir eine fiktionale Miniserie produzieren, die in Format und Geschichte neuartig ist"

Aber all das bislang nicht in Form einer größeren Eigenproduktion.

Wir können und wollen nicht konkurrieren mit amerikanischen Großproduktionen. Wenn wir uns an denen orientieren würden, wäre die Serienproduktion abartig teuer und am Ende doch nur ein deutscher Versuch, Hollywood zu kopieren. Ich habe mich lange mit dem Thema beschäftigt und dabei über 13th Street und Universal Channel nachgedacht. Für Syfy ist das kein Thema, weil Sci-Fi-Serien sowieso viel zu kostspielig wären. Und wir sind jetzt fündig geworden: Für 13th Street lassen wir eine fiktionale Miniserie produzieren, die in Format und Geschichte neuartig ist.

Können Sie dazu mehr verraten?

Es sollen vier Folgen á 25 Minuten werden - eine feine Crime-Serie mit psychologischem Ansatz. Wir gehen da gerade mit der Produktionsfirma Readymade Films in Produktion, die auch die visuelle Umsetzung und den Cast vorgeschlagen haben. Das wird toll. Mehr will ich jetzt noch nicht verraten. In der Zwischenzeit können sich unsere 13th Street-Zuschauer aber auch schon auf eine tolle kanadische Serie freuen, die wir exklusiv eingekauft haben: „Slasher“. Die wird hart, echt hart. Das wird unser blutiges Herbst-Highlight bei 13th Street.

Wir haben über E! Entertainment, Syfy und 13th Street gesprochen. Sprechen wir noch über den Universal Channel. Das sollte ihr Flaggschiff-Sender werden. Er tut sich aber weiterhin schwer damit…

Wir sind super happy mit dem Sender, sowohl mit der technischen Verbreitung, der Abonnentenzahl als auch dem Programm. Klar, der Sender kann als relativ junger Sender noch nicht so bekannt sein wie seine Brüder und Schwestern. International ist Universal Channel ohne jeden Zweifel der Flaggschiff-Sender und im Programmnachschub sind wir hier mit bester Ware versorgt. Wir haben die Deutschland-Premieren der sehr erfolgreichen Chicago-Serien von Dick Wolf, also „Chicago Fire“ oder „Chicago Med“. Wir haben auch „Bates Motel“ und „Devious Maids“. Und als September Premierenhighlight freuen wir uns über die neue Comedy „Superstore“ aus dem eigenen Haus, die perfekt zu unserem Senderclaim „100% Charakter“ passt.

Frau Behrends, herzlichen Dank für das Gespräch.