Daniele, auch dein Tag hat nur 24 Stunden - beinahe zu wenig für all das, was du machst: du bist Interviewer, YouTuber, machst Comedy-Clips, bist Schauspieler und Moderator. Wie platzt einem da nicht der Kopf? 

Ich glaube mir platzt der Kopf genau deshalb nicht, WEIL ich so viel mache. So komme ich nicht dazu, über das ganze Geschehen in der Welt nachzudenken (lacht). Aber im Ernst: Letztens habe ich in Köln die Moderation bei der Premiere von "Wishlist", der neuen Webserie, übernommen. Morgens war ich aber noch in Berlin für Interviews mit Benedict Cumberbatch, der in dem Fantasy-Movie "Doctor Strange" die Hauptrolle spielt. Den Abend zuvor verbrachte ich wiederum in Köln, bei der Verleihung des Deutschen Comedy Preises. Bei solch einem Zeitplan läuft man irgendwann auf dem Zahnfleisch, das gebe ich zu. Aber ich würde es ja nicht machen, wenn es mir keinen Spaß bringen würde. Das einzig Nervige ist eigentlich, wenn sich ein Flug verspätet oder irgendetwas anderes, dass ich nicht beeinflussen kann. Solange ich die Kontrolle über meinen Terminkalender habe, ist alles cool. Es kann aber auch schonmal vorkommen, dass ich mich hinten klischeehaft im Taxi umziehen muss.

Wirklich bekannt geworden bist du durch deine außergewöhnlichen Interviews mit A-Promis. Du verkleidest dich immer als die Filmfigur, die dein Gegenüber verkörpert hat. Die Idee ist so simpel, kam da vor dir noch keiner drauf oder hast du dich von jemandem inspirieren lassen?

Es ist so, dass ich Schauspieler bin bzw. schon immer werden wollte. In der Regel wurden - und teilweise immernoch - werden mir aber Rollen als Eisverkäufer oder Pizzabäcker angeboten, weil ich Italiener und in der Szene noch relativ unbekannt bin. Mir war schon früh klar, dass ich lange damit zu kämpfen haben werde, in eine bestimmte Schublade gesteckt zu werden. Da wollte ich raus. Eines Tages hatte ich die Möglichkeit, mit Adam Sandler ein Interview zu führen und war auf der einen Seite begeistert, mit ihm reden zu können. Auf der anderen Seite interessierte mich aus journalistischer Sicht aber nicht, was er über seinen Film zu sagen hatte. Im Grunde sagen die Stars doch sowieso immer, dass ihr Projekt super geil und der beste Film aller Zeiten ist. Also dachte ich mir, dass ich es irgendwie ausnutzen muss, wenn ich schonmal die Chance habe, mit Adam Sandler zu reden. Es ging um den Film "Leg dich nicht mit Zohan an" wo seine Figur am Anfang eine unfassbar große Haarpracht hat, ungefähr so wie ich damals. So kam ich auf die Idee mit der Verkleidung und dass ich doch etwas machen könnte, dass mich von allen anderen unterscheidet.

Will mit dir überhaupt noch jemand ein normales Interview führen? Willst du das?

Es kommt auf den Kontext an. Bei einem Holocaust-Drama beispielsweise, sollte man es nicht auf die Spitze treiben. Bei "Schindlers Liste" wäre ich jetzt nicht mit langer Stoffbahn umgehängt, mit Namen drauf beim Interview erschienen, um wie eine Liste auszusehen, weil ich es selbst als unpassend empfunden hätte. Es gibt aber auch Leute, mit denen ich einfach normal reden möchte oder bereits im Vorhinein die Auflage der PR-Agentur bekomme, dass ich bitte ohne Verkleidung auftauchen solle. Das kommt aber eher selten vor, in 90% der Fälle geht das mit dem Kostüm in Ordnung - es kommt sogar immer öfters vor, dass mir Vorschläge gemacht werden, wie ich mich verkleiden könnte. Dann kann es aber auch mal skurril werden: Für "Kung Fu Panda" sollte ich als Rettich kommen. Rettich-Kostüme sind aber nicht unbedingt der Verkaufsschlager und habe mir deswegen selbst etwas zusammenschustern müssen. Es gab zudem Probleme mit der Übersetzung und es war nicht ganz klar, ob es sich nun um einen Rettich oder nicht doch ein Radieschen handelt. Am Ende sah ich in meinem Kostüm wie ein knallrotes Herz aus und niemand, inklusive Jack Black, hat das Kostüm verstanden. Es war trotzdem super lustig. 

Daniele Rizzo Jack Black© Screenshot YouTube

Stellst du das alles dann eigentlich alleine auf die Beine, oder hast du ein größeres Team hinter dir? 

Ich mache das immer noch ganz alleine. Auch die Kostüme bastel ich mir alleine zusammen. Außer da ist irgendeine Mechanik drin verbaut, von der ich als Laie keine Ahnung habe und mit der ich mich theoretisch selbst umbringen könnte (lacht). Das macht dann ein Freund von mir. Ansonsten mache ich alles selber: Von der Accessoir-Auswahl, bishin zur Schminke und der Rolle, die ich mir für den Auftritt zurecht lege. Da ich mich vor Ort umziehen muss, kenne ich auch die meisten Toiletten der Hotels, in dem die Interviews stattfinden, auswendig.

Kommen die Interviewmöglichkeiten mittlerweile von alleine oder musst du immer noch Anfragen rausschicken? 

Wenn es beispielsweise zu Marvel-Filmen kommt, wo ich unbedingt hin möchte, frage ich selber schon Monate vorher nach, ob die mich einplanen können. Viele Interviewanfragen werden mittlerweile aber tatsächlich an mich herangetragen oder ich bin sowieso schon von Anfang an eingeplant. Super ist es nämlich, wenn mir von einer geheimen Veranstaltung erzählt wird. Ich weiß dann nicht mehr, als dass ich in fünf Monaten mit Mutanten-Kräften in New York aufschlagen werde. Dann male ich mir für diese Tage ein großes Fragezeichen in den Kalender, schreibe "Irgendwas mit Mutanten" daneben und warte ab, was kommt. 

Deine Interviews lädst du allesamt auf deinem YouTube Channel hoch. Da bist du mittlerweile seit knapp 8 Jahren unterwegs. Im Verhältnis zu anderen YouTubern hast du klicktechnisch aber nie an die großen YouTuber rankommen können. Warum nicht?

Ich würde sagen, ich mache Special Interest. Wenn man sich aber andere Kanäle anschaut, wo die Leute nur über sich reden, ist das sozusagen ja auch Special Interest.  Es könnte aber auch daran liegen, dass ich in den meisten meiner Videos englisch spreche und das deutsche Publikum deswegen so verpasse.

Wo bleibt dann aber das englisch-sprachige Publikum?

Gute Frage! Es gibt immer bestimmte Zeitpunkte - ich nenne es "Momentum", bei denen alles zusammenpasst. Das beste Beispiel dürfte mein "Conjuring"-Video sein, mit dem ich letztens zum ersten Mal die Millionen-Marke geknackt habe. Das Kostüm, dass ich darin trage, ist nichts besonders krasses, doch kam mein Video zum perfekten Zeitpunkt, in dem der Hype um den Film am höchsten war. Das Interview war mega lustig, doch wenn ich mir überlege, wie viel Energie und Aufwand ich im Verhältnis in andere Projekte gesteckt habe, wird mir bewusst, wie wenig ich den Erfolg auf YouTube planen kann. Da ich die Videos - in Anführungszeichen - aber für mich mache, weil ich einfach Bock drauf habe und die Leute treffen möchte, ist das auch in Ordnung. Meine Existenz hängt nicht davon ab, ob jedes meiner Videos gehyped wird.

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