"Alles, was schiefgehen kann, wird auch schiefgehen." So lauten die pessimistischen Worte des US-amerikanischen Ingenieurs Edward A. Murphy, dessen Alltagsweisheit heute als ‚Murphys Gesetz‘ bekannt ist. In der neuen von TNT Comedy und Good Friends produzierten Comedy Noir wird diese Regel zur Serie gemacht: "Arthurs Gesetz" heißt sie und wird von Jan Josef Liefers angeführt, der von einem Fettnäpfchen ins Nächste tritt. Nicht selten endet das mit Blutvergießen. Der vor allem als "Tatort"-Ermittler Boerne bekannte Schauspieler begibt sich hier in eine Rolle, die für ihn ungewöhnlich ist. Anstatt Verbrechen aufzuklären, begeht er eines nach dem anderen. Und das, obwohl er das eigentlich gar nicht will.

Herr Liefers, wieso wollten sie diesen tollpatschigen Killer von nebenan spielen?

Es liegt am Ungewöhnlichen. Arthur ist eine sehr schöne Rolle in einem insgesamt ungewöhnlichen Projekt. Deswegen ist es erfrischend, wenn ein Sender wie TNT Comedy mit der Good Friends Filmproduktion solch eine Serie entwickelt, die sich von allem abhebt, was ich sonst angeboten kriege. "Arthurs Gesetz" ist originell und hat das Zeug etwas besonderes zu werden. Dazu kam die Aussicht, mit Martina Gedeck und Nora Tschirner zu arbeiten. Zwei Kolleginnen, die ich sehr schätze. 

Welche Grenzen des deutschen Fernsehens werden bei "Arthurs Gesetz" explizit gesprengt?

Im Englischen gibt es das schöne Wort "irreverent". Es hat mehrere Bedeutungen, ins Deutsche übersetzt trifft es am ehesten "respektlos". Wir haben ohne Schere im Kopf gearbeitet, ohne Selbstzensur oder Beschränkungen von außen. Das deutsche serielle Fernsehen ist recht konservativ, als gäbe es einen ungeschriebenen Kanon, der aussagt, was geht und was nicht geht. Wirst Du zu speziell läufst du eben nicht in der Primetime. Verstehen Sie mich nicht falsch, ich finde nicht, dass vor 22 Uhr so zwangsläufig nur langweilige Filme laufen, das meine ich nicht damit. Aber man möchte seine Zuschauer nicht verprellen und genau dieses Problem macht sich TNT nicht. Egal wieviel Zuschauer „Arthurs Gesetz“ sehen, man kann trotzdem Talk of the Town werden. Ich finde es auch toll, wenn ich ein Drehbuch lese und mir bei Seite 15 denke: "Was für ein abgefahrenes Zeug!"

Was passiert auf Seite 15?

Arthur wird 50 und möchte sich nach Jahren unglücklicher Ehe endlich mal selbst etwas gönnen. Deswegen geht er, nach einem frustrierenden Erlebnis im örtlichen Arbeitsamt, in die einzige Kneipe im Dorf, wo er sich ein Bier bestellen möchte. Für den Barkeeper und auch den Rest der Menschen dort scheint er unsichtbar zu sein. Nur von der hübschen Prostituierten namens Jesse wird er wahrgenommen. Sie spricht ihn an und findet ihn süss. Relativ schnell fragt sie ihn, ob er wisse, warum sie auf ältere Männer stehe. Dann erklärt sie ihm dann ziemlich klar und bildlich, dass sie die freischwingenden Eier toll findet, die die jungen Burschen eben nicht haben. Ich will den Dialog nicht ganz vorwegnehmen, aber so ein Gespräch hört man in normalen deutschen Produktionen nicht. Normalerweise würde eine Prostituierte mit dem Standardkram um die Ecke kommen: "Na Süßer, wie wäre es mit uns Beiden?". Doch da höre ich die Dialoge unserer Autoren lieber. Diese coole Art erinnert mich an etwas, dass auch Tarantino schon berühmt gemacht hat. 

"Arthurs Gesetz" beschreibt sich selbst auch als Comedy Noir. Es ist schwer zu beschreiben, was wirklich darunter verstanden werden kann. Ist es im Grunde also der Stil, den wir von Quentin Tarantino kennen?

Tarantino oder die Coen Brüder haben dieses Genre mitgeprägt. In ihren Filmen tritt eine Situation nach der anderen auf, die man als Zuschauer kaum fassen kann. Bei uns gibt es mehr zu lachen, aber wer deren Filme mag, könnte auch bei "Arthurs Gesetz" auf seine Kosten kommen. Sie sind die Meister der Ironie auf einer humoristischen Metaebene, die in absurden Momenten ganz eigen für sich wirkt. Bei "Arthurs Gesetz" gibt es eine Szene, in der Bauschaum dafür sorgt, dass jemand das Zeitliche segnet. So etwas ist erstmal nicht zwangsläufig lustig. Mit den richtigen Kniffen und der passenden Portion Frechheit kann aber etwas amüsantes, etwas schwarzhumoriges daraus gemacht werden. Unser Autor Benjamin Gutsche und seine Mitautoren haben das super hinbekommen.

Tarantino musste sich aber auch schon öfters anhören, dass er Gewalt verherrlicht.

So hat das auf mich nie gewirkt. In der Art der Zuspitzung liegt gleichzeitig die ironische Distanz und die Grausamkeit verliert Ihren Schrecken und bekommt fast etwas clowneskes. Klar, diese Filme sind nicht auf politische Korrektheit aus, wie sie in vielen deutschen Produktionen angestrebt wird.

Das deutsche Fernsehen sollte also davon absehen, immer alle Regeln befolgen zu wollen?

Wenn es der speziellen Qualität des Films oder der Serie dient, ja. Ich finde es auch zum Beispiel übertrieben, wenn penibel darauf geachtet wird, dass wirklich kein Markenname zu sehen ist. Es kam schon ein paar mal vor, dass ein Kostümbildner zu mir kam, um mir mit einem Klebeband das Logo auf der Jacke abzukleben. Da klebt dann halt ein Pflaster. In einer anderen Produktion mussten wir mal den Mähdrescher, der im Hintergrund rumgefahren ist, verpixeln. Weil "John Deere" zu lesen war. Da denke ich mir: "Welcher Zuschauer kauft sich denn jetzt einen Mähdrescher, nur weil er da John Deer liest?"

Könnte ″Arthurs Gesetz″ auch im deutschen Free-TV laufen?

Ich hoffe es. Aber was war mit Serien wie "House of Cards" oder "Breaking Bad"? Grandiose Produktionen, die im Free-TV aber nicht unbedingt Riesenerfolge waren. Dieses Phänomen gibt‘s nunmal und deswegen ist es wichtig, dass Kanäle wie TNT Comedy neue Möglichkeiten austesten. Aber es gibt auch Auszunahmen, wie "Die Brücke" bewiesen hat.

In der ersten Folge sehen wir direkt, wie mies es Arthur geht. Doch wieso eigentlich?

In einer Rückblende zeigen wir später noch die Vergangenheit von ihm und seiner Ehefrau Martha. Sie sind glücklich und haben große Pläne für ihr Leben. Nach und nach erkennt er dann aber, dass das nicht so kommen wird, wie sie es sich ausgemalt haben. Ernüchterung und Enttäuschung bestimmen Ihr beider Leben, ehe schließlich der Knoten platzt. Auch die nach dem gleichnamigen Film entstandene Serie "Fargo" hat dieses Szenario toll eingefangen, als Martin Freeman als Lester irgendwann blind vor Hass zum Hammer greift.

Und ab dann wird Arthur zum eiskalten Killer.

Naja, es sterben zwar einige Menschen. Wie viele weiß ich gar nicht, da müsste man mal nachzählen. Das sind aber tatsächlich weniger Morde, als Unfälle, die aus purem Pech und Zufall passieren. Murphys Gesetz eben.

Martina Gedeck spielt ihre verhasst Frau. Hätte die Serie auch mit ihr als Pechvogel funktioniert, á la ″Bridget Jones″?

Traditionell werden Witze im Film eher auf Kosten von Männern gemacht. Weshalb sich Männer auch mal zur Belustigung aller in ein Frauenkostüm zwängen und einen auf sterbenden Schwan machen mit ihren Stachelbeerwaden. Der Klassiker. Der Konsens ist wohl, dass man sich gemeinsam lieber über einen Mann lustig macht, als über eine Frau. Dabei gibt es unter Schauspielerinnen immer wieder  große Komödiantinnen. Shirley MacLaine, Meg Ryan und Renee Zellweger gehören für mich dazu. Bei uns ist es natürlich die Nora Tschirner und - für viele wohl die größte Überraschung - die tolle Martina Gedeck. Es hat großen Spaß gemacht, ihr dabei zuzusehen und mit ihr zu spielen. Und nebenbei: Ich habe mal mit einem Schriftsteller gesprochen, der mit dem "Ärzte ohne Grenzen"-Team in Tschetschenien unterwegs war. Er meinte, dass die Männer dort morgens schon komplett besoffen sind, während sich die Frauen ihre Haare kämen und den Laden im Griff haben. So ist das an einigen Orten. Bei Männern geht es manchmal leichter, sich über sie lustig zu machen.

Die erste Staffel von "Arthurs Gesetz" steht ab morgen beim Telekom-Angebot EntertainTV zum Streaming zur Verfügung. Die lineare Ausstrahlung bei TNT Comedy ist für Dezember eingeplant.