Marc Rissmann, Hand aufs Herz – was haben Sie gedacht, als das Angebot kam, bei "Game of Thrones" mitzumachen: Oh Gott oder wie geil?

Im ersten Moment konnte ich gar nichts denken, sondern hab die Mail meiner Agentur noch mal gelesen und noch mal und noch mal und dann war mein erster klarer Gedanke – das darf ich jetzt echt niemandem sagen? Nicht mal meiner Mutter?! "Game of Thrones" hat mich schließlich schon am Theater begleitet, ich habe jede Staffel gesehen, sobald sie rausgekommen ist, und jetzt spiel ich da selber mit?! Da bin ich vor lauter Hormonflutung erstmal aus dem Café gegangen, weshalb der Kellner hinterherkam und meinte, ich müsse schon noch zahlen.

Das haut einen scheinbar um…

Kurzzeitig schon. Ich bin ja kein Star, der sich das Angebot nach Belieben aussuchen kann; in meiner Position bist du erstmal über fast jedes froh. Unabhängig davon schaue ich grundsätzlich zunächst aufs Drehbuch, aber wenn es etwas ist, das du kennst und magst und dann das hier – krass! Trotzdem versuche ich den Hype darum ein wenig von mir fern zu halten und die Serie wie jede andere zu betrachten. Das ging mir zuletzt ähnlich, als mir eine Rolle in "The Man in the High Castle" angeboten wurde.

Einen Nazi?

(lacht) Klar, sogar aus Berlin, mit deutschem Akzent. Dennoch darf ich dank meines guten Englischs froh sein, international nicht so auf meine Herkunft stereotypisiert zu werden. Ich glaube daran, dass zu mir kommt, was zu mir will.

Ist dieser Schicksalsglaube der Grund, warum Sie unter den vielen Tausend Schauspielerin in Deutschland einer von drei sind, die bei "Game of Thrones" mitspielen?

Zuerst dachte ich, es liegt am richtigen Bartwuchs (lacht). Aber vermutlich passen die martialischen, oft gebrochenen Figuren, die ich öfter spiele, gut zu meiner Rolle in "Game of Thrones" als Harry Strickland, der für Cersei Lennisters dunkle Machenschaften engagiert wird, weil er der Anführer der Goldenen Kompanie ist.

Einer Söldnertruppe?

Eher eine Gruppe wohlhabender Outlaws, die für Geld kämpfen, aber ein Berufsethos haben. Meistens zumindest. Das liegt mir offenbar.

Dass Sie schon häufig international gedreht haben, dürfte auch nicht geschadet haben…

Ganz sicher sogar. Erfahrung schafft Vertrauen, und das bezieht sich auf Personen ebenso wie auf Charaktere und Genres. Darüber hinaus ist mein beruflicher Werdegang allerdings einer der kleinen Schritte, deren Länge ich möglichst selbst bestimmen will. Nachdem ich am Theater gekündigt hatte, habe ich mir viele Regie-Tutorials angesehen, eine Kamera gekauft, meine eigenen Showreels gedreht und manchmal gesagt, das seien Ausschnitte richtiger Filme.

Warum?

Um mich zu pushen. Und weil ich nicht warten wollte.

Aus Ungeduld?

Eher, weil ich aktiv sein wollte statt passiv. Sonst fühlt man sich der Filmindustrie rasch ausgeliefert. Ich habe seit jeher an die Kraft geglaubt, selbst etwas kreieren zu können und zum Beispiel Musikvideos gedreht, etwa für Alle Farben. Ich wurde halt nicht im Café entdeckt, sondern hab mir meinen Beruf erarbeitet. Und das ist gut so, deshalb ist sein Fundament solide.