Mrs. Margulies, Sie gehen in ihren fiktionalen Rollen permanent auf – nun stellen Sie in "The Hot Zone" zur Abwechslung einen real existierenden Menschen dar. Hatten Sie eine Verbindung zu Nancy Jaax und der Ebola-Thematik?

Als mir die ersten vier Skripte zugeschickt wurden, war ich tatsächlich sprachlos. Ich musste feststellen, dass ich vorher noch nie davon gehört hatte, dass es Ebola auf amerikanischen Boden gab. Ich habe auch Richard Prestons gleichnamigen Roman von 1994 nicht gelesen und hatte mit zunehmender Lesezeit der Drehbücher deswegen immer stärker das Gefühl, dass Nancy Jaax eine amerikanische Heldin ist, die bislang nicht gebührend anerkannt wurde. "The Hot Zone" hebt nun ihre heroischen Leistungen hervor.

Wie passt da National Geographic als Heimatsender rein?

Die Serie ist nicht nur ein Loblied auf Nancy Jaax, sondern gleichermaßen eine Beleuchtung der globalen Ebola-Krise. Eine Marke wie Nat Geo ist das ideale zu Hause um eine Geschichte zu erzählen, die die Menschen für die Wissenschaft sensibilisiert und die klar macht, wie wichtig engagierte Wissenschaftler sind, die solch schreckliche Epidemien in den Griff bekommen.

In "The Good Wife" haben Sie eine außergewöhnliche und unberechenbare Frauenfigur gespielt. In Zeiten, in denen Männer noch präsenter in Hauptrollen vertreten waren, haben Sie Klischees eingerissen und gezeigt, dass Frauen ebenso facettenreich daherkommen können. Die Darstellung von Nancy Jaax geschieht jedoch recht einseitig. Wieso?

Mit der Beobachtung haben Sie absolut Recht. Man muss jedoch beachten, dass "The Hot Zone" gerade einmal sechs Episoden zu bieten hat, während "Good Wife" mit nun über 150 aufwartet. Die Autoren haben sich deshalb darauf beschränken müssen, nicht jeden Blickwinkel einnehmen zu können. Natürlich wäre es schön gewesen, ihren Charakter noch weiter zu vertiefen, jedoch war die Hauptpriorität Nancy in ihrer Professionalität zu zeigen und wie sie mit dieser Katastrophe umgeht. Außerdem ist es National Geographics erste gescriptete Serie mit einer Frau als Protagonist – auch Rom wurde nicht an einem Tag gebaut.

Haben Sie für die Vorbereitung mit Nancy selbst gesprochen?

Kurz, hauptsächlich aber mit ihrem Neffen Dr. Michael Smith, welcher derzeit zu den besten Spezialisten für Infektionskrankheiten in Amerika gehört. Er steht seiner Tante also in nichts nach. Ich habe ihn eine Zeit lang begleiten dürfen und unfassbar viel gelernt. Er war 2015 in Sierra Leone, als es zu einem Ebola-Zaire-Virenausbruch kam und 11.000 Menschen starben. Dr. Michael Smith war also die ideale Anlaufstelle für eine kompakte Ausbildung in diesem Gebiet, da ich vorher wirklich absolut gar nichts über Ebola und die Suche nach einem Heilmittel wusste.

Dann war ihre größte Herausforderung wohl, die ganzen wissenschaftlichen Begriffe auswendig zu lernen.

Zur Hälfte! Die richtige Herausforderung war, diese wissenschaftlichen Dialoge in den Schutzanzügen zu halten. Das sieht der Zuschauer zwar nicht, aber sie wiegen um die 25kg, da sie eigentlich für Männer gemacht sind. Die Geschichte spielt sich im Jahr 1989 ab, wo Nancy die einzige Frau mit derartiger Expertise ist – da wurde ihr natürlich nicht extra ein anderer Anzug maßgeschneidert. Ich musste also, ebenso wie sie damals, immer um die 25kg anheben, wenn ich meinen Arm bewegt habe. Oh, und was ich fast vergessen hätte: Jedes Mal, wenn der Reißverschluss des Anzugs auf- oder zugemacht wurde, kam es durch den Luftstrom des Druckausgleiches immer zu einem ganz lauten Zischen. Dieses surrende Geräusch und der Versuch, seinen auswendig gelernten Text bei sich zu behalten und die gedankliche Verbindung zum Schauspielkollegen bestehen zu lassen, war wirklich das Schwierigste, was ich je zu stemmen hatte.

Julianna Margulies, The Hot Zone

Sie hatten keinerlei Verbindung zur Thematik und nach dem Lesen des Skriptes war Ihnen bewusst, dass Sie in vielen Szenen einen schweren Anzug tragen müssen – wieso haben Sie zugesagt?

Ridley Scott, der hier als Executive Producer fungiert, ist der Grund. Er hat mich damals zu "The Good Wife" geholt und mein Leben damit maßgeblich beeinflusst. Ich schätze ihn wirklich sehr und würde für ihn sogar aus einem Telefonbuch vorlesen. Das zeigt gut, wie wohl ich mich bei seinen Projekten fühle. Die Geschichte um "The Hot Zone" lag bei Ridley für knapp 30 Jahre auf dem Tisch herum und dass er sie nie weggeworfen oder verkauft hat, zeigt, dass sie ihm viel bedeutet.

Wie sah ihre wichtigste Erkenntnis nach dem Dreh aus?

Mir wurde bewusst, dass die Frage, ob Ebola jemals wieder amerikanischen Boden erreicht, kompletter Schwachsinn ist. Es stellt sich lediglich die Frage, wann es soweit ist. Neben der Unterhaltung ist es das große Ziel dieser Serie, ein Bewusstsein für diesen Horror zu schaffen und die allgemeine Aussagen zu stärken, dass unsere Wissenschaftler in ihren Forschungen unterstützt werden müssen. Es geht darum, unseren Ärzten zuzuhören, denn sie sind die einzigen die wirklich wissen, was sie tun. Ich verstehe diese Menschen nicht, die glauben, mehr als ein Wissenschaftler zu wissen, der für Jahre sein Kernthema studiert hat.

Sie haben mir diese Vorlage geliefert: Der US-amerikanische Präsident könnte also auch mehr tun?

Es ist unglaublich, dass wir ein Oberhaupt haben, der Wissenschaft verleugnet. Das erschreckt mich wohl noch weitaus mehr, als die Tatsache, dass ein Virus wie Ebola Menschenleben bedroht. Dieses hinterweltliche Denken beginnt nämlich schon im kleinen Maße gefährlich zu sein: In den USA kam es am Anfang des Jahres einer Masernepidemie, wo viele Menschen ihre Kinder nicht impfen lassen wollen, weil sie nicht daran glauben. Es gibt Lösungen, sie werden sogar angeboten, doch durch den allgemeinen Tenor unseres Präsidenten werden sie nicht wahrgenommen und als schwachsinnig empfunden. Das macht mir Angst

"Infektionsspezialisten achten penibel darauf, sich nicht ins Gesicht zu fassen – und werden wenig überraschend deutlich seltener krank."

Warum glauben Sie gibt es Menschen wie Nancy Jaax, die ihr Leben derart aufs Spiel setzen?

Ich habe ihr diese Frage tatsächlich ebenfalls stellen dürfen. Sie sieht es aber nicht so. Für sie war es ihre Leidenschaft und all das, was sie glücklich gemacht hat. Für Nancy gab es keinen besseren Ort als in ihrem Schutzanzug im Level 4-Sicherheitslabor, wo sie die Krankheitserreger entschlüsseln konnte. Sie hat sich deshalb auch nicht als Heldin gesehen, weil sie es nicht nur deshalb getan hat, um Menschenleben zu retten. Es hat ihr Spaß gemacht und es war ihr Job. Ich sehe sie dennoch als Heldin.

Ist "The Hot Zone" nicht genau die Serie, nach der sich der Zuschauer total unwohl fühlt, weil er paranoide Angst vor der nächsten Krankheitswelle bekommt?

Jeder sollte es hier mit der Angst zu tun bekommen, absolut. Das ist ein reales Problem, welches nicht so schnell enden wird. Angst hält einen wachsam und aufmerksam – Todesangst hat aber hoffentlich niemand nach diesen sechs Episoden. Das ist natürlich nicht unser Ziel, aber wir wollen helfen und den Individuen vor den Bildschirmen zeigen, was sie jeweils tun können, um die Gesamtstituation zu verbessern.

Haben Sie paranoide Angst bekommen?

Ich bin nicht paranoid geworden, sondern äußerst aufmerksam. Nach meiner Zusammenarbeit mit diversen Infektionsspezialisten ist es für mich nun selbstverständlich, ein Desinfektionsmittel für die Hände in jede meiner Taschen zu haben. Dr. Michael Smith hat mir außerdem gesagt, dass ich mal beobachten solle, wie viele Menschen sich unbewusst in ihr Gesicht fassen. Infektionsspezialisten achten penibel darauf, dies nicht zu tun – und werden wenig überraschend deutlich seltener krank. Daran hätte ich nie gedacht. Jetzt reibe ich mir nur noch ganz bewusst die Augen, wenn überhaupt.

Julianna Margulies, vielen Dank für das Gespräch!

National Geographic zeigt "The Hot Zone" ab sofort immer montags um 21 Uhr in Doppelfolgen.