"Dem Zuschauer Fragen stellen – aber nicht alle Antworten geben", nennt Piv Bernth, Fiction-Chefin des dänischen Fernsehens DR, gern als eines der Erfolgsrezepte ihrer Serien. Insofern ist es kein Wunder, dass auch das jüngste Werk aus ihrem Stall dieser Maßgabe folgt. "Follow the Money" – oder im Original "Bedraget" – verkörpert vor wie hinter der Kamera eine konsequente Weiterentwicklung dänischer TV-Tugenden.

Weil Jeppe Gjervig Gram sich als Mitglied des Writers' Rooms von "Borgen" bewährt hat, durfte er nun seine erste eigene Serie als Creator und Showrunner schaffen und zwei langjährige Freunde als Episoden-Autoren anheuern. Nach der hohen Politik schien ihm die Finanz- und Wirtschaftswelt das nächste reizvolle Sujet zu sein. Aber keine Sorge: Auch wer von Börsenkrisen nichts mehr hören will, wird von "Follow the Money" rasch gefesselt sein.

 

Ganz am Anfang taucht an der Norseeküste eine Leiche in der Nähe eines Windparks auf. Es ist an Mads (Thomas Bo Larsen), die polizeilichen Ermittlungen zu übernehmen. Wir sehen, wie er furchtlos zupackt – beruflich, indem er ohne Zögern ins Wasser springt, um Beweismittel zu sichern; privat, indem er das Familienleben mit seiner bettlägerigen, MS-kranken Frau und ihren kleinen Kindern scheinbar spielend managt. Im Laufe seiner Ermittlungen führt der Todesfall Mads auf die Spur illegaler Insidergeschäfte in der Energiewirtschaft.

Der Windpark gehört zum expandierenden Imperium von Energreen, einem Konzern, der sein Geschäft mit erneuerbaren Energien macht. Geführt wird er von Sander (Nikolaj Lie Kaas), dem jungen, aalglatten und sehr telegenen CEO, der schon mal mit dem Fahrrad zum TV-Interview radelt, um seine Strategie und seine Aktie anzupreisen. Innerhalb von Energreen – das stellt sich schnell heraus – gibt es eine kriminelle Verschwörung. Nur ist unklar, wer dazu gehört und wie nah sie an die Konzernspitze heranreicht. Als Sander seinen Justiziar feuert, bekommt die junge, ehrgeizige Juristin Claudia (Natalie Madueno) den Posten. Ohne Wissen des Chefs führt sie geheime interne Ermittlungen durch. 

Mads, der wegen seiner unkonventionellen Methoden steten Ärger mit dem Vorgesetzten hat, verbringt mehr und mehr Zeit mit den Kollegen vom Dezernat für Finanzkriminalität. Dort lernt er die goldene Regel "Follow the Money" – nur wer mit langem Atem der komplizierten Spur des Geldes folgt, kann am Ende vielleicht jenen Verschwörern das Handwerk legen, die mit ihren Machenschaften munter den nächsten Börsen-Tsunami provozieren.

"Eine große Stärke von 'Follow the Money' liegt darin, über Milieugrenzen hinweg die Schicksale seiner Protagonisten miteinander zu verknüpfen, vom CEO bis zum Automechaniker", urteilte der "Spiegel" völlig zu Recht nach der Aufführung der ersten beiden Folgen auf der diesjährigen Berlinale. Die Serie lässt sich nicht nur als spannender, gründlich recherchierter Wirtschaftsthriller konsumieren, sondern bietet darüber hinaus auch reichlich Stoff zum Nachdenken über moralische Fragen. Die Frage etwa, was Gier aus Menschen macht.

"Wir haben die größtmögliche kreative Freiheit, die ein Sender gewähren kann", antwortet Jeppe Gjervig Gram auf die Frage, wie so herausragende Stoffe wie "Borgen" oder jetzt eben "Follow the Money" zustande kommen. In die Drehbücher oder die Besetzung redet ihm niemand hinein. In seinem Vertrag steht, dass er zu 50 Prozent an den Auslandserlösen der Serie beteiligt ist. Dort steht aber auch, dass DR ihn fristlos feuern kann, wenn er nicht mindestens eine Million Zuschauer pro Folge holt. Die erste Staffel mit zehn Folgen läuft in Dänemark ab Januar 2016. Zehn weitere Folgen sind in Vorbereitung und sollen noch im selben Jahr on air gehen. Noch hat kein deutscher Sender zugeschlagen.