Was wäre passiert, wenn die Nazis im Zweiten Weltkrieg die Atombombe in die Finger bekommen hätten? Wie sähe die Welt dann heute aus? Beliebte Fragen, die vielen Filmen einen historischen Hintergrund geliefert haben und leidlich für Spannung sorgten. Auch die sechsteilige Miniserie „The Heavy Water War“ orientiert sich daran und stellt die Arbeit des deutschen Nobelpreisträgers Werner Heisenberg in den Mittelpunkt. Der forschte bekanntlich in den frühen 40er Jahren in einem Uranprojekt des Heereswaffenamtes. Vordergründig ging es um den Aufbau eines Atomreaktors, aber es war leicht zu durchschauen, dass es in Wahrheit um die tödlichste Waffe überhaupt ging. Allerdings kam das Projekt nie zu einem Ende. Einerseits, weil Heisenberg wohl die Brisanz seiner Forschung erkannte und sie angeblich wissentlich verlangsamte, andererseits, weil er für seine Arbeit jede Menge Deuteriumoxid, also sogenanntes Schweres Wasser brauchte. Das aber kam in jener Zeit der kriegsbedingt verknappten Ressourcen vor allem aus einer abgelegenen Fabrik im besetzten Norwegen, die mehrfach Ziel von alliierten Sabotageversuchen war.

Vor diesem historischen Hintergrund spielt die Serie, die als norwegisch-britische Koproduktion daherkommt und in mehreren Handlungssträngen Heisenbergs Arbeit mit den Sabotageversuchen der Briten und des norwegischen Widerstands verknüpft. Es ist eine nicht nur für norwegische Verhältnisse recht aufwändige Produktion, die sich aber leider nie so recht entscheiden kann, ob sie nun die Zerrissenheit der Akteure in den Mittelpunkt stellen möchte oder sich lieber knalliger Action widmen will.

Drei Hauptspielorte sind dabei auszumachen. Zum einen ist da die Fabrik in Norwegen, zum anderen die Spionagezentrale in England und Heisenbergs Wohn- und Wirkungsort Berlin. Wer sich die „The Saboteurs“ betitelte UK-Version auf DVD besorgt erlebt den Film zudem dreisprachig. Es wird in dieser Fassung viel Deutsch gesprochen, etwas weniger Englisch und am wenigsten Norwegisch. Das verwirrt anfangs, leistet aber durchaus seinen Dienst, wenn es darum geht, Authentizität herzustellen.

Im Mittelpunkt stehen lange Zeit norwegische Widerständler, deren Auftrag es ist, die weitere Produktion von Schwerem Wasser zu unterbinden. Sie werden per Fallschirm in unwegsamer Schneelandschaft abgesetzt und müssen dann in die schwerbewachte Fabrik eindringen und dort Bomben zünden.

Der erste Versuch misslingt, und englische Soldaten, die das Sabotageteam unterstützen sollen, kommen bei einem Flugzeugabsturz ums Leben oder werden von den deutschen Besatzungstruppen direkt vor Ort hingerichtet. Also muss sich ein zweites Team aufmachen.

Aus seinem größten Wollen bezieht diese Serie leider auch ihr größtes Scheitern. Man sieht den Outdoor- und Actionszenen sehr deutlich an, dass das Budget übersichtlich war. Vieles wirkt wie von der Festplatte herbeigezaubert, und eine Verfolgungsjagd auf Skiern beispielsweise entwickelt eher den Reiz eines Anfängerkurs-Slaloms als eines Auf-Leben-Und-Tod-Rennens. Hier greifen die Macher um Regisseur Per-Olav Sørensen einfach zu den falschen Sternen. Auch bei der Ausstattung bleiben jede Menge Wünsche offen. Zu deutlich ist oft das Studio zu erkennen, und wenn es um prunkvolle Inszenierung von epischem Berliner Nazikitsch geht, riecht man förmlich die Fabrikhalle hinter den sehr sparsamen Kulissen.

Das ist schade, denn die Serie hat Stärken, wenn sie sich den einzelnen Figuren nähert, wenn sie deren Konflikte visualisiert. So gerät die Darstellung Heisenbergs durchaus glaubhaft, wozu sicherlich auch das vorzügliche Spiel von Christoph Bach beiträgt. Der schaut zwar manchmal eine Spur zu lange nachdenklich in die Gegend, personifiziert aber den zwischen Forschungsdrang und Gewissen oszillierenden Wissenschaftler weitgehend glaubhaft.

Leider aber begnügt sich die Regie nicht mit den einfachen Dingen, die der Serie als Qualität hätten zuträglich sein können. Zu gerne bläst sie etwas auf und landet dann in einer Dimension, die es schwer macht, sich noch auf die Geschichte zu konzentrieren. Insbesondere gegen Ende wird das überdeutlich. Da müssen fast alle Schauspieler viel zu lang bedeutungsvoll in die Gegend starren und sehen sich dann auch noch mit überbordendem Inszenierungskitsch konfrontiert. So muss etwa Christoph Bachs Heisenberg irgendwann in den Trümmern von Berlin einen Flügel finden, aus dem erste Flammen züngeln. Der leidenschaftliche Klavierspieler Heisenberg berührt die Tasten, aber es will kein ordentlicher Ton mehr kommen. Stattdessen steht plötzlich das ganze Instrument in Flammen und pilcherisiert das eigentlich ernsthafte Anliegen.

Bei der Ausstrahlung der ersten Folge im norwegischen Fernsehen erreichte diese Serie Anfang 2015 nach Angaben der staatlichen Rundfunkgesellschaft NRK knapp 1,3 Millionen Zuschauer (63 Prozent Marktanteil), was bei nur rund fünf Millionen Einwohnern ein sehr guter Wert ist und in Deutschland rund 20 Millionen Zuschauern entspricht.

Trotzdem darf gesagt werden, dass das Land mit „Occupied – Die Besatzung“ (TV2) und „Lilyhammer“ (NRK/Netflix) schon Serien von ganz anderem Kaliber abgeliefert hat. „The Heavy Water War“ hinkt da eindeutig hinterher. Man kann besser in Norwegen. Man muss sich halt nur entscheiden.