Jörg Graf© RTL/Stefan Gregorowius
Graf weist die Vorwürfe zurück, denen zufolge die Ansprüche der Sender steigen, während die Honorare im Sinkflug seien. "Es stimmt nicht, dass wir immer mehr für immer weniger Geld verlangen. Wir produzieren fiktionales Programm eher teurer als vor einigen Jahren, stellen in Summe aber derzeit weniger her". Vor allem, wenn es um ganz bestimmte Schlüsselpositionen gehe, die man für eine Produktion haben wolle, sei die Zahlungsbereitschaft vorhanden. "Gute Leute kosten Geld und bestimmte Positionen innerhalb einer TV-Produktion stehen immer auch direkt mit dem Erfolg oder Misserfolg in Beziehung", sagt RTL-Produktionschef Jörg Graf (Bild).
 
"Wenn die Produzenten jammern, dann muss man ihnen zuhören. Denn sie haben recht", erklärt Schauspieler Schafmeister. Der Verband unterstützt die Filmhersteller dabei, für bessere Produktionsbedingungen zu kämpfen. "Wir erwarten von den Produzenten allerdings auch, dass sie mit uns darüber nachdenken wie man Regeln finden kann, damit wir eleganter durch die Situation kommen". Dazu gehören auch so unglamouröse Themen wie das deutsche Sozialversicherungswesen, denn das macht vielen Menschen in der Film- und Fernsehbranche das Leben schwer – aus den unterschiedlichsten Gründen.
 
 
Für einen Schauspieler liegt die Schwierigkeit unter anderem im Prinzip des Drehtages, an dem er nicht als Freiberufler agiert, sondern als Arbeitnehmer – schließlich ist der Darsteller gegenüber dem Regisseur weisungsgebunden. Damit werden auch die Pflichtversicherungen gegen Krankheit und Arbeitslosigkeit, sowie die Rentenversicherung relevant. Um allerdings nicht nur zu zahlen, sondern schließlich auch in den Genuss der entsprechenden Leistungen zu kommen, ist eine Mindestanzahl von Tagen mit entsprechender Beschäftigung notwendig. Auf die schließlich zu kommen wird angesichts der Produktionssituation immer schwieriger.

Die Bezeichnung Drehtag ist ohnehin irreführend, jedoch – zumindest in der Vergangenheit – die für die Sozialversicherung zwar nicht korrekte aber häufig einzig fassbare Größe. Doch ein Drehtag umfasst weit mehr als nur den reinen Dreh. Er beinhaltet die Vorbereitung und die Entwicklung der Rolle, das Casting und eventuelle Sperrzeiten, während denen der Schauspieler für andere Produktionen nicht zur Verfügung steht. "Hinter einem Drehtag stecken für den Schauspieler oft eine Woche oder noch mehr Tage", erklärt Schafmeister. So mag eine Gagenhöhe von 1.000 Euro pro Drehtag, die sich eher im unteren Mittelfeld bewegt, zunächst hoch erscheinen. Doch angesichts des damit verbundenen Zeitaufwandes relativiert sich das schnell. "Wer 40 Drehtage pro Jahr hat, zählt zu den Top-Leuten", konstatiert Schafmeister.

Heinrich Schafmeister© BFFS
So gilt es für das Gros der Fernsehschauspieler schon als großer Erfolg, auf ein Jahreseinkommen von 20.000 Euro nur mit TV-Engagements zu kommen und sich dabei eventuell auch noch akzeptable Rentenansprüche zu sichern. Nicht jeder Schauspieler, dessen Altersarmut durch die Presse geistert, hat seine Gagen verjubelt – sondern war schlicht schlecht abgesichert. So macht der Schauspieler-Verband neben den Problemen in der TV-Landschaft auch Fehler im System aus. Geltende Gesetze seien zum Beispiel über Jahre falsch angewendet worden. "Im ersten Schritt haben wir die Sozialversicherungsträger dazu gebracht, die Gesetze richtig anzuwenden. Allerdings müssen wir nun auch noch die Politik davon überzeugen, dass auch die Gesetze nicht stimmen", sagt Schafmeister.

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Die Forderung nach tariflicher Einigung wird immer lauter. Die Schwierigkeit: Gagensituation und Absicherung sollen verbessert werden, ohne die Budgetrahmen der Produktionen allzu sehr auszuweiten. Die Folge daraus nämlich hieße: Noch weniger Produktionen. Stattdessen soll anders verteilt werden. Denkbare Modelle: Anstatt des Drehtages, mit dessen Vergütung auch die Zeit davor und danach abgegolten wird, denkt man im Verband verstärkt über Wochengagen und ausgelagerte Proben nach. Dem Gagendumping – vor allem für den Nachwuchs – soll mit einer tariflichen Anfängergage begegnet werden, die nicht unterschritten werden darf. Dem Vorhaben kann man jedoch auch kritisch gegenüberstehen. Eine festgelegte Anfängergage kann schnell zur Standardgage werden, wird andernorts befürchtet.

Ein Problem, das auch andere Gewerke der Fernsehbranche plagt: Kameraleute, Autoren, Cutter, sie alle klagen über den Umstand, dass das zurückhaltend formulierte Einstiegsangebot, das als Türöffner dienen sollte, zum Boomerang wird. Auch für eine künftige Zusammenarbeit gilt: Auf dem ersten Preis bleibt man hängen. Doch der ist ohnehin nicht mehr verhandelbar, sondern aufgrund der derzeitigen Marktsituation durch die budgetierenden Sender mehr oder minder klar gesetzt.

Lesen Sie in den kommenden Tagen wie Non-Fiction-Produzenten kalkulieren, warum mancher den Verlust eines gesunden Marktes beklagt, und welche gravierenden Probleme sich für freiberufliche Kameraleute ergeben.