Stefan Nowak"Freunde staunen, dass ich es mir leisten kann, meine Preise seit 20 Jahren nicht zu erhöhen", sagt Stefan Nowak (Bild). "Fakt ist aber: Ich muss es mir leisten, meine Preise nicht zu erhöhen, denn sonst wird es schwer, neue Aufträge zu bekommen". Stefan Nowak ist seit mehr als zwei Jahrzehnten freiberuflicher Fotojournalist und Kameramann – und steht damit am unteren Ende der Produktionskette. Wie viele seiner Kollegen – auch aus anderen Gewerken wie Licht und Ton – beklagt Nowak den wachsenden Preisdruck und die wachsende Beliebigkeit der Programmhersteller bei der Auswahl ihrer freien Mitarbeiter.

"Es gibt mittlerweile Kameraleute, die reisen für ein Tageshonorar von 200 Euro von Hamburg nach Köln – ohne eine Vergütung der Reisekosten versteht sich", berichtet Nowak von seinen Erfahrungen. Die Tagessätze für die Leistungen von Nowak und seinen Kollegen scheinen nahezu im freien Fall. Zwischen 650 und 750 pendelt derzeit der Tagessatz für ein Team, bestehend aus Kameramann- oder -frau, Assistenz und Equipment. "Im besten Falle heißt das: 200 Euro bekommt der Assistent, 300 Euro der Kameramann – aber für die verbleibenden 150 bis 250 Euro bekomme ich keine Ausrüstung", rechnet Nowak vor.

"Da braucht es schon verdammt gute Kontakte zu verständnisvollen Equipmentverleihern, denn sparen lässt sich sonst nur noch am Honorar", sagt  er. Als einzelner Kameramann könne er nicht auf Rabatte in Größenordnungen hoffen, wie sie großen Produzenten eingeräumt werden – und wird ein Rabatt ausgehandelt, muss er in der Regel an den Produzenten weitergegeben werden, um einen annehmbaren Preis anbieten zu können, berichtet Nowak.

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Je nach Ausrichtung, Anforderung und vor allem Größenordnung kann es für einzelne Freiberufler, Produzenten und Dienstleister sinnvoll sein, sich eine eigene Ausrüstung zuzulegen. Denn der Marktpreis der Technik liegt nach der Abschreibung zuweilen über dem Selbstkostenpreis. "Allerdings müssen wir auch Rücklagen für Neuanschaffungen bilden", warnt Uli Veith, Geschäftsführer des Doku-Produzenten Taglicht. "Außerdem verbessert sich die Kameratechnik derart rasant, dass wir als Produzent nicht mehr in der Lage sind, immer auf dem neuesten Stand zu sein".

Foto: PhotocaseVeith begegnet dem Kostenproblem bei der Teamauswahl mit dem Versuch „Reibungsgewinne“ zu erzeugen. "Die entstehen, wenn wir mit guten Leuten zusammenarbeiten, deren Arbeitsweise wir sehr gut kennen", erklärt der Produzent. Doch auch hier sind klare Grenzen gesetzt. Diesmal allerdings nicht durch die budgetierenden Sender, in deren Sinne dieses Vorgehen eigentlich wäre, sondern durch die geltenden Sozialversicherungsgesetze.

Denn bei der Beschäftigung freiberuflicher Mitarbeiter ist Vorsicht geboten, so man nicht mit den Sozialversicherungen in Konflikt geraten will, die unter Umständen die Selbständigkeit der Kollegen - und damit deren Berechtigung, Rechnungen zu schreiben – anzweifeln. "Damit entgeht mir die Zusammenarbeit mit exzellenten Kolleginnen und Kollegen", sagt Kameramann Stefan Nowak und führt noch einen weiteren Aspekt an: "Das in unserem Beruf klassische 'Training on the job' mit Newcomern ist so schon gar nicht mehr möglich".

Vor allem am unteren Rand bereitet die Ausbildungssituation der Branche zuweilen Kopfzerbrechen. "Im Augenblick entlassen wir zu viele Absolventen mit unklarer Perspektive in den Markt. Exzellente Producer werden immer gesucht, grundsätzlich ist der Markt aber gesättigt", sagt Jörg Graf, Produktionschef bei RTL. Der Grund: Nach einer längeren Wachstumsphase ist der Werbekuchen mittlerweile verteilt und dem Bedarf an Inhalten steht ein breites Angebot gegenüber. Zudem werden eher Kapazitäten abgebaut.

Flächendeckend ist die Bestrebung zu erkennen, ohne den Verlust von Marktanteilen günstiger zu produzieren. Das beginnt beim Verzicht auf Großproduktionen und reicht bis zum Einsparen einzelner Leuchtmittel, am Set, die für den Effekt nicht zwingend notwendig sind. Zwangsläufige Folge ist ein sinkender Personalbedarf. Für manchen bis dahin angestellten Filmschaffenden scheint die Selbstständigkeit als guter Ausweg aus drohender Arbeitslosigkeit. Der Preisverfall der Technik macht den Markteintritt auf den ersten Blick recht günstig. Kamera und Schnittsysteme für den Einstieg sind bereits für einige tausend Euro zu haben.

Lesen Sie auf der folgenden Seite, warum der Videojournalismus kein Allheilmittel sein, und warum der Arbeitsschutz auch für Freiberufler von Interesse sein kann.