Man kann über den Sinn von Sperrfristen lange philosophieren und leidenschaftlich darüber diskutieren. Genauso wie über die Frage, wieso die vier größten deutschen Fernsehsender bei dem von ihnen gestifteten Deutschen Fernsehpreis keine Live-Übertragung wollen. Doch neben diesem Irrsinn entlarvte sich in der Nacht zum Montag einmal mehr die Pseudo-Pressevielfalt im Web als Überangebot austauschbarer Nachrichtenportale, die Aktualität durch automatisierte Agentur-Ticker vortäuschen.

So verschickte die dpa am späten Sonntagabend eine Meldung mit den wichtigsten Gewinnern des diesjährigen Fernsehpreises. Mit Sperrfristhinweis für den 3. Oktober, 23 Uhr. Doch diese Meldung wurde binnen Minuten von Focus Online offenbar automatisch veröffentlicht. Mehrere weitere Nachrichtenportale, darunter Sueddeutsche.de und Welt Online sowie zahlreiche regionale Tageszeitungs-Websites, folgten. Doch der automatisierte Agentur-Journalismus wird noch kurioser.

Die dpa versendete zur Schadensbegrenzung nach dem Bekanntwerden der ersten Veröffentlichungen dieser mit Sperrfrist belegten Meldung eine aktualisierte Fassung. Es handelte sich um den exakten Wortlaut der ersten Meldung, nur ergänzt um folgenden Vorspann: "Eil +++ Bitte verwenden Sie die Meldung zum Deutschen Fernsehpreis nicht rpt nicht vor Ablauf der Sperrfrist. Die Meldung hat Sperrfrist 3. Oktober 2300."

n-tv Fernsehpreis© Screenshot

Der Kenner von Qualitätsjournalismus im Web ahnt es bereits: Auch diese Meldung wurde wieder automatisch von zahlreichen Nachrichtenportalen verbreitet. Inklusive Sperrfrist-Hinweis. Auch diese Meldung findet sich dutzendfach im Web, natürlich ebenfalls wieder bei vergleichsweise renommierten Webportalen, Bild.de sowie unzähligen regionalen Zeitungs-Websites und auch bei n-tv.de, der Website des Schwestersenders des diesjährigen Fernsehpreis-Ausrichters RTL.