Vor knapp einem Jahr, bei einem Pressegespräch am Rande der Programmpräsentation von RTL in Köln, ließ sich Anke Schäferkordt nichts anmerken. Wer angesichts der aktuellen Vorkommnisse eigentlich das Sagen habe bei "Deutschland sucht den Superstar", Dieter Bohlen oder sie als RTL-Geschäftsführerin, war die Frage. Die diplomatische Antwort erfolgte in einer zuvor schon von anderen RTL-Verantwortlichen gewählten Sprache: Das mit Bohlen und RTL, das sei eben wie eine Ehe. Was gemeint war, konnte man sich denken: Es gibt gute und schlechte Tage. Was war damals passiert? Bei der 2011er Staffel von "Deutschland sucht den Superstar" hat Juror Dieter Bohlen mehrfach das auf die Spitze getrieben, wofür er bei der Produktion von "Deutschland sucht den Superstar" gefürchtet wird: Seine Unkollegialität. Man könnte auch sagen: Seine Launen.

Bei den jährlich von ihm geforderten Dreharbeiten auf den Malediven kam es schon zum Eklat hinter den Kulissen: Ein RTL-Redakteur musste zuhause bleiben. Bohlen spielte nach einer Auseinandersetzung einmal mehr die "Er oder ich"-Karte - und so fand der Recall-Dreh in der Ferne ohne den RTL-Redakteur statt. Ganz offensichtlich wurde Bohlens eher gegen Minimum tendierende Kollegialität dann am Tage des Finales. Da kommunizierte Bohlen im Alleingang via "Bild" den Austausch der Jury. Seine Mitjuroren damals, Fernanda Brandao und Patrick Nuo, erfuhren von ihrem Aus aus der Presse. Und nicht nur das: Bohlen hatte sich weder mit RTL noch der Produktionsfirma Grundy Light Entertainment abgesprochen. Dieter Bohlen mag nicht für viele ein Vorbild sein, aber beim Vorführen von Kollegen und Geschäftspartnern besitzt er zweifellos Talent.

Ein Jahr nachdem Dieter Bohlen sowohl RTL als auch die Produktionsfirma vorführte, kommt jetzt die späte, aber umso süßere Rache: Wie die "Bild"-Zeitung am Montag berichtet, soll Dieter Bohlen nicht gewusst haben, dass RTL und Grundy Light Entertainment Thomas Gottschalk eine Juroren-Rolle angeboten haben. Demnach habe Bohlen eher an einen Gastauftritt Gottschalks gedacht. Als am Donnerstagabend durch den DWDL.de-Bericht die Verpflichtung von Gottschalk bekannt wurde, interpretierten dies nicht wenige Journalisten als einen Sieg für Bohlen über Gottschalk, der als "Assistent" zu ihm ins Team wechsele. Doch offenbar sieht Bohlen das nicht so. Denn verglichen mit den zuletzt immer brav und Hauptsache harmlos besetzten Jurys von "DSDS" und "Supertalent", könnte ihm Gottschalk jetzt die Show stehlen - im doppelten Sinne.

Die "Bild" spekuliert deshalb sogar über einen möglichen Ausstieg Bohlens. Immerhin spielt der seit drei Tagen sehr effektiv die beleidigte Leberwurst: Kein Statement gegenüber seinem Hausmedium "Bild", keine Erreichbarkeit für RTL, um ein Statement für die Pressemitteilungen abzustimmen. Sollte er wirklich so ahnungslos gewesen sein, wie die "Bild" suggeriert, spürt er schlimmstenfalls mal, wie sich sonst nur die fühlen, die mit ihm arbeiten müssen. Wahrscheinlicher ist jedoch, dass Bohlen sehr gut wusste oder zumindest ahnen konnte, was RTL und Grundy Light Entertainment mit Gottschalk planen. Ihm passt es nur einfach nicht. Doch diesmal haben sich RTL-Geschäftsführerin Anke Schäferkordt und Grundy Light Entertainment-Chefin Ute Biernat durchgesetzt.