Auf ein halbes Jahrhundert bringen es nur ganz wenige Fernsehsendungen. Seit wenigen Wochen gehört auch "Monitor" diesem erlesenen Kreis an. Es war der 21. Mai 1965, als das Politmagazin erstmals auf Sendung ging. 16 Jahre drückte Claus Hinrich Casdorff dem Magazin seinen Stempel auf - getoppt wurde er nur von Klaus Bednarz, der "Monitor" sogar 18 Jahre lang prägte. Dass er wenige Wochen vor dem Jubiläum starb, schmerzte viele der Beteiligten, die am Mittwochabend im Kölner Harbour Club den runden Geburtstag des Klassikers feierten. "Er hätte seine Freude an der Feier gehabt", war sich WDR-Intendant Tom Buhrow sicher. Kurz vor seiner Rede habe er sich mit dem Journalisten Franz Alt unterhalen. Dieser erzählte, von Bednarz geträumt zu haben. "Er hat gesagt, es geht mir gut."

Zugleich erinnerte sich der Intendant an den "Bunkerschlitz-Blick", der "Monitor" einst nachgesagt wurde. Den Feind, so Buhrow, habe man immer rechts gesehen. Inzwischen sei das alte Lagerdenken jedoch passé. "'Monitor' blieb nicht im Bunker." Dass sich die Sendung im Laufe der Jahrzehnte weiterentwickelt hat, zeigt auch der Blick auf die Themen der ersten Ausgabe. Damals ging es um den Staatsbesuch der Queen und das schlechte Abschneiden von Schalke 04 in der Bundesliga. Letzteres wäre auch heute noch ein Thema, scherzte Buhrow in seiner Rede, "aber vermutlich nicht bei 'Monitor'". Dem Magazin attestierte er auch 50 Jahre nach seinem Start seine "gesellschaftliche Notwendigkeit". "Im Netz kann jeder behaupten, was er will. In dieser Welt ist 'Monitor' ein Leuchtturm der seriösen Recherche." Daher sei die Sendung auch "kein nice to have", sondern gehöre zum Kern des öffentlich-rechtlichen Auftrags. "Das wird auch immer so sein", betonte der Intendant in Köln.

WDR-Chefredakteurin Sonia Mikich, die als Nachfolgerin von Klaus Bednarz zehn Jahre lang "Monitor" moderierte, gab sich da schon kritischer - auch wenn noch immer zwei bis drei Millionen Zuschauer pro Ausgabe einschalten. "Sorge macht mir, dass die Sendung alt ist", sagte Mikich mit Blick auf das Durchschnittsalter des Publikums, das innerhalb eines Jahrzehnts von 59 auf 63 angestiegen ist. Es ist ein Trend, der sich trotz häufig junger Themen und einer jungen Redaktion im Hintergrund offenbar nicht aufhalten lässt. Mikich nutzte zugleich die Gelegenheit, um die vor einigen Jahren reduzierte Sendezeit zu kritisieren. "Es war ein Fehler, diese Sendung zu kürzen", sagte die Chefredakteurin und erntete dafür erwartungsgemäß viel Applaus unter den Anwesenden.

Dann erzählte sie noch eine Anekdote aus ihrer "Monitor"-Zeit. Einmal habe das Politmagazin über die angeblich schlechten Arbeitsbedingungen bei Air Berlin berichtet, woraufhin man sich eine Gegendarstellung einfing. Diese sei jedoch nicht wie üblich nüchtern verlesen worden, sondern von Egon Hoegen, der sich einst als Sprecher des "7. Sinns" einen Namen machte. Hoegen, in einem Ledersessel sitzend, habe den Text so vorgelesen, dass man ihn keinesfalls ernst nehmen konnte. Kein Wunder also, dass die Fluglinie wenig später ein erneutes Verlesen forderte. Also rief Sonia Mikich umgehend bei Airline-Chef Joachim Hunold an - und schluchzte. Das tat sie offensichtlich so gut, dass Hunold sie nach Berlin einlud, wo er ihr vermeintlich glückliche Mitarbeiter zeigte. Es folgte ein Abendessen, aber auf die zweite Gegendarstellung verzichtete Air Berlin dann doch.

Es wird ganz nicht die einzige Anekdote gewesen sein, die man sich auf der mit vielen prominenten Gästen aus Fernsehen, Kultur und Politik gespickten "Monitor"-Feier erzählt hat. Immer wieder war allerdings auch Platz für ernste Töne. So erinnerte Philosoph Julian Nida-Rümelin an die "gewaltigen Herausforderungen", vor denen der Journalismus stehe. Die Publizität müsse sich gegen alle Widerstände behaupten, "auch wo große politische und ökonomische Kräfte das nicht wollen", sagte der frühere Kulturstaatsminister und ermunterte die "Monitor"-Redaktion, ihren Weg auch in den nächsten 50 Jahren fortzusetzen.

Kabarettist Erwin Pelzig fand humorvollere Töne, gab sich aber nicht weniger kritisch. Ob sein Honorar aus Gebühren stamme oder werbefinanziert sei, wollte er wissen, und sagte schließlich mit Blick auf die jüngst aufgekommenen Debatten um die Zahlungen an Thomas Gottschalk nach dessen Vorabend-Flop: "Ich nehme an, es stammt aus Gebühren. Sonst wäre es mehr. Wäre es werbefinanziert, hätte ich gar nicht erst kommen müssen." Einmal in Fahrt, teilte er in alle Richtungen aus: "Ich würde gerne mal wissen, warum wir bei superreichen Russen von Oligarchen sprechen und bei superreichen Deutschen von Leistungsträgern", sagte er und schon gleich die nächste Frage an die "Monitor"-Mannschaft hinterher: "Warum kann die Börse mein Lebensglück zerstören, obwohl ich selbst keine einzige Aktie besitze?"

Angst vor der Angst habe er allerdings nicht, betonte Erwin Pelzig und gab zum Schluss seines Auftritts den wohl schönsten Satz des Abends zum Besten: "Nur wer die Hosen voll hat, sucht den frischen Wind."