Für das ZDF war die vergangene Saison eine Einschneidende. Nicht unbedingt mit Blick auf die Quoten – die waren so gut, dass die Mainzer ihre Marktführerschaft beim Gesamtpublikum recht ungefährdet verteidigen konnten. Vielmehr war man durch das Ende von "Wetten, dass..?" gezwungen, sich in der Unterhaltung neu aufzustellen. Dass der Klassiker zum Ende noch einmal mehr als neun Millionen Zuschauer vor dem Fernseher versammelte, zeigt, wie schwer es sein wird, die einst größte Unterhaltungsshow Europas zu ersetzen. Und doch war das ZDF mit so manchem Krimi zuletzt erfolgreicher als mit "Wetten, dass..?" - was die Frage aufwirft, ob die Zuschauer derzeit überhaupt den Wunsch haben nach neuen Shows am Samstagabend.

Mit "1000 – Wer ist die Nummer 1" und "Das Spiel beginnt" versuchte sich das ZDF dennoch an zwei Neustarts, die jedoch erwartungsgemäß nicht mit den "Wetten, dass..?"-Quoten mithalten konnten. Während sich "1000" mit deutlich weniger als vier Millionen Zuschauern und dem schlagzeilenträchtigen Chaos bei der Aufzeichnung nicht zwangsläufig für eine Fortsetzung empfahl, schlug sich "Das Spiel beginnt" recht wacker – und schaffte beim jungen Publikum durchweg zweistellige Marktanteile. Derzeit ist das ZDF im Show-Bereich allerdings viel zu abhängig von einem Mann: Johannes B. Kerner präsentierte zuletzt nämlich nicht nur "1000" und "Das Spiel beginnt", sondern kümmerte sich auch ums „Große Schlüpfen“ und die Kür eines neuen "Quiz-Champions". Gut, dass mit Steven Gätjen im kommenden Jahr ein frisches Gesicht auf den Lerchenberg kommen wird.

Umso beachtlicher sind dagegen die Erfolge der "heute-show". Die Nachrichten-Satire mit Oliver Welke hat in den vergangenen Monaten weitere Fans hinzugewonnen und ist beim jungen Publikum fast durchgängig für zweistellige Marktanteile gut. Inzwischen schafft es die "heute-show" hier freitags sogar regelmäßig unter die fünf meistgesehenen Sendungen des Tages - beachtliche Ergebnisse für den Sender, der sich ansonsten schwer tut, junge Zuschauer anzusprechen. Das gelingt den Mainzern ansonsten vor allem mit der nach wie vor starken Champions League oder dem Dauerbrenner "Aktenzeichen XY". Jan Böhmermanns "Neo Magazin Royale" findet hingegen vor allem im Netz sein Publikum. Versteckt nach "Aspekte" und "heute+" dient die ZDF-Ausstrahlung in erster Linie dazu, die finanzielle Ausstattung der Show zu erhöhen. Die ZDF-Zuschauer wird man auf diese Weise kaum an Böhmermann gewöhnen können.

Fest im Programm hat sich dagegen die runderneuerte "Anstalt" etabliert, die wegen ihrer Schärfe schon mehrfach für Furore sorgte und zu Recht mit dem Grimme-Preis ausgezeichnet wurde. Das Unterfangen, eine neue Kabarettshow mit Urban Priol und Alfons an den Start zu bringen, erwies sich dagegen rückblickend als Missverständnis, das ebenso schnell beendet wurde wie es begonnen hat. Auch die Zusammenarbeit mit Christian Rach entpuppte sich bislang nicht als gelungen: Nachdem die Zuschauer "Rach tischt auf" mit schwachen Quoten abspeisten, kam auch der Neustart "Rach und die Restaurantgründer" - trotz der sichtbaren Parallelen zu Rachs früheren Einsätzen als Restauranttester - bislang nur schwer in Fahrt.

Seine Gesamt-Marktführerschaft hat das ZDF nicht zuletzt der Fiktion zu verdanken, deren Krimi-Anteil nach wie vor ausgesprochen groß ist. Dass selbst der Fernsehfilm der Woche inzwischen aus zahlreichen Krimireihen besteht, ist schade, aus Quotensicht aber zumindest verständlich. Immerhin: Mit "Schuld nach Ferdinand von Schirach", "The Team" oder der eingekauften britischen Serie „Broadchurch“ halten im Krimi-Bereich inzwischen auch ungewöhnliche Farben Einzug, die dem Sender wiederum Aufmerksamkeit und Anerkennung einbringen. Abseits der Krimis war vor allem auf den "Bergdoktor" Verlass, der zu Jahresbeginn in der Spitze mehr als sieben Millionen Zuschauer vor den Fernseher lockte und selbst beim jungen Publikum beachtliche Erfolge feierte. So gesehen machte es Sinn, den Bereich der Heimatfilme zu stärken. Das gelang mit den neuen Reihen "Lena Lorenz" und "Hanna Hellmann" dann auch schon recht gut.

Am Vorabend hat ZDF-Programmchef Norbert Himmler vor allem die Arztserien für sich entdeckt - was im Show-Bereich noch nicht so recht funktionierte, hat hier mit Bravour geklappt: Alte, aber bewährte Zöpfe wurden abgeschnitten und durch zeitgemäßere Produktionen ersetzt. Mit "Dr. Klein", "Sibel & Max" und "Bettys Diagnose" starteten am Vorabend gleich vielversprechende Serien, die sich allesamt für eine Fortsetzung empfahlen. Und doch sind es auch tagsüber vor allem die Krimis, die für steigende Marktanteile sorgen: Wann immer das ZDF eine "SOKO" wiederholt, sind dem Sender hohe Zuschauerzahlen sicher. Probleme bereiteten dem ZDF zuletzt nachmittags vor allem die Kochshows. Mit der Trödelshow "Bares für Rares" hat man nun aber immerhin schon mal die schwachen "Topfgeldjäger" mit solidem Erfolg ersetzt. Und auch Johann Lafers Bäcker-Casting wird trotz mäßiger Quoten in eine zweite Staffel geschickt.

Und dann ist da auch noch der kurz vor Saison-Ende gestartete Versuch, sich mit "heute+" an eine junge Nachrichtensendung zu wagen. Allzu viele junge Zuschauer erreicht man in der Nacht nach "Markus Lanz" freilich nicht, doch die Idee, die Inhalte zunächst online zu veröffentlichen, ist ganz sicher nicht verkehrt. Nun gilt es, die Feinjustierung voranzutreiben. Aber auch mit Blick aufs übrige Programm sollte man nicht aufhören, in jüngere Formate zu investieren. Die Marktführerschaft beim Gesamtpublikum ist zwar schön; sie sollte jedoch keinesfalls von den großflächigen Problemen, junge Zuschauer anzusprechen, ablenken.