Die Verpflichtung, Programme von unabhängigen Dritten auszustrahlen, ist den großen Privatsendern seit jeher ein Dorn im Auge. Vor allem bei Sat.1 war man in den vergangenen Jahren äußerst unzufrieden - nicht zuletzt weil Formate wie die News-&-Pictures-Produktionen "Planetopia" und "Weck up" keine Zuschauererfolge waren. Entsprechend glücklich zeigte man sich in Unterföhring, als das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz urteilte, dass Sat.1 vorerst keine Sendezeiten mehr für Drittanbieter zur Verfügung stellen muss, weil die Lizenzvergabe durch die rheinland-pfälzische Landesmedienanstalt LMK in mehreren Punkten fehlerhaft war. 

Es war eine schallende Ohrfeige für die Medienhüter - und es war nicht die erste. Schon vor zwei Jahren hatten die Richter erklärt, dass die Ausschreibung "offensichtlich auf die Bedürfnisse von News & Pictures ausgerichtet" gewesen sei. Und tatsächlich bekamen seit Einführung der Drittsendezeit-Regelung immer die gleichen Unternehmen den Zuschlag. Sat.1 brachte das derart auf die Palme, dass der Sender inzwischen die Landesmedienanstalt gewechselt hat und bei der MA HSH im Norden lizenziert ist. Von einer "erfreulichen Entscheidung" sprach der Sender daher, als das Gericht ihn von der Pflicht entband, Programme von Drittanbietern ausstrahlen zu müssen. Betroffen sind jedoch nicht nur "Planetopia" und "Weck up" betroffen, sondern auch das Format "News & Stories", das dctp beisteuerte. Zumindest das hat Sat.1 allerdings zu später Stunde im Anschluss an die "Focus TV-Reportage" im Programm belassen.

Etwas mehr als ein Jahr liegt der Richterspruch inzwischen zurück - und so lange befinden sich auch die Magazine nun schon nicht mehr im Programm von Sat.1. Insbesondere am Montagabend, wo "Planetopia" beheimatet war, konnte der Sender seine Quoten dadurch spürbar steigern. Wo "Planetopia" im Schnitt nur selten mehr als fünf Prozent Marktanteil schaffte, erzielte die US-Serie "Castle" zuletzt mitunter das Doppelte.

"Bemühungen um Gespräche unter den Beteiligten"

Aber ist das letzte Wort tatsächlich schon gesprochen? Zwölf Monate nach der weitreichenden Entscheidung des Gerichts hat DWDL.de bei der rheinland-pfälzischen Landesmedienanstalt nachgefragt. Ein Sprecher erklärte, dass dctp in allen drei Verfahren Berufung eingelegt habe, die LMK hingegen in keinem. Mit Blick auf den Sachstand des Verfahrens betonte die LMK, dass die Ausschreibung beschlossen sei. Der Zeitpunkt der Veröffentlichung der Ausschreibung im Staatsanzeiger RLP werde derzeit jedoch "auf Grund von möglichen Aktivitäten der Beteiligten noch abgewartet". Damit sei ist konkret gemeint, "dass es nach unseren Informationen Bemühungen um Gespräche unter den Beteiligten gibt", so ein LMK-Sprecher.

Das bestätigte Sat.1-Sprecherin Diana Schardt gegenüber dem Medienmagazin DWDL.de: "Wir sondieren nach der gerichtlichen Aufhebung der Drittsendezeitbescheide gemeinsam mit der LMK die weiteren Möglichkeiten mit dem Ziel, bisherigen Streit beizulegen und weitere gerichtliche Auseinandersetzungen zu vermeiden." Klar ist aber auch, dass man es in Unterföhring gewiss nicht eilig hat, kann man mit der jetzigen Situation doch nur allzu leben. Josef Buchheit, Chef von News & Pictures, war in den vergangenen beiden Wochen trotz mehrfacher DWDL.de-Nachfrage nicht zu erreichen. Seine Firma mit Sitz in Mainz ist von der Gerichtsentscheidung am härtesten betroffen: Nachdem die Produktion von "Planetopia" und "Weck up" eingestellt wurde, mussten alle Mitarbeiter gehen.

Die Richter betonten damals übrigens, dass ihnen die "existenzbedrohende Situation" des Unternehmens durchaus bewusst sei, gaben die Schuld daran allerdings einzig der Unternehmensführung. Die Entscheidung, sich "in ihrer Geschäftstätigkeit ausschließlich auf die weitere Zuteilung von Drittsendezeiten bei Sat.1" zu verlassen, beinhalte nun einmal ein gewisses Risiko, so die Richter. Dazu gehörten auch etwaige Rechtsstreitigkeiten und infolge dessen auch gerichtliche Aufhebungen von Drittsendezeiten. News and Pictures könne sich nicht "in rechtlich zulässiger Weise" auf einen "Bestandsschutz" berufen.

Wann neue Bewegung in die Debatte um die Drittsendelizenzen kommen wird, ist völlig unklar. Angesichts der erodierenden Marktanteile ist zu erwarten, dass Sat.1 nach Ende des jetzigen Lizenz-Zeitraums 2018 aber ohnehin keine Sendezeit mehr für unabhängige Dritte bereit stellen muss, weil Sat.1 beziehungsweise ProSiebenSat.1 als Ganzes dann wohl unter der entsprechenden Marktanteilsgrenze liegen dürften. Privatsender sind nämlich nur dann dazu verpflichtet, Sendefenster von Drittanbietern auszustrahlen, wenn diese mehr als zehn Prozent Marktanteil beim Gesamtpublikum erzielen. Erreicht eine Sendergruppe zusammen mehr als 20 Prozent, so ist der reichweitenstärkste Sender dazu verpflichtet, entsprechende Sendeplätze freizuräumen. Und diese Messlatte hatte ProSiebenSat.1 in der Vergangenheit schon mehrfach verfehlt.