Uwe Esser war in den vergangenen Jahren nicht nur zu beneiden. Als Leiter der TV-Vermarktung von AS&S musste er den Werbekunden die Werbeplätze am ARD-Vorabend schmackhaft machen, obwohl die Quoten nicht immer zu Freudensprüngen führten. Als Todeszone verschrien, hatte der Vorabend über die Jahre hinweg zahlreiche Quoten-Opfer gefordert. Auch große Namen gingen hier gnadenlos unter - man erinnere sich bloß an Thomas Gottschalk, der nach seinem "Wetten, dass..?"-Abschied den größtmöglichen Fall erlebte. Doch inzwischen hat sich etwas getan am Vorabend: Seit die "Verbotene Liebe" erst halb und dann ganz aus dem Programm genommen wurde, besserte sich die Lage auf einem der schwierigsten Sendeplätze des deutschen Fernsehens massiv.

Entsprechend positiv blickt Esser nun der Zukunft entgegen, wenn er mit den "AS&S Momenten" in ganz Deutschland unterwegs ist, um die Werbekunden auf das Jahr 2016 einzuschwören. Während es hinter den Kulissen zu größeren Veränderungen kommt, weil die 2008 zusammen mit dem ZDF gegründete Vertriebstochter ARD ZDF Fernsehwerbung dann schon wieder Geschichte sein wird, kann A&SS seinen Werbekunden zumindest programmlich Stabilität bieten. Das ist für den Vermarkter nach vielen Jahren der Sinnsuche am Vorabend beinahe schon ein ungewohntes Gefühl. Doch die Etablierung einer Quiz-Schiene um 18:00 Uhr hat neuen Schwung in die "Todeszone" gebracht.

Dabei war der Start zunächst von zahlreichen Pannen geprägt, erinnert sich Uwe Esser beim Auftakt der Vermarkter-Tour, für die AS&S nebst Geschäftsführerin Elke Schneiderbanger vor wenigen Tagen ins Kölner "Sportschau"-Studio geladen hat - unterstützt von Moderator Alexander Bommes und Kommentator Tom Bartels. Das "Quizduell" sei zunächst "komplett in die Grütze gehauen" worden, scherzte er mit Blick auf die nicht funktionierende App zum Start des Testlaufs im vorigen Jahr. Rückblickend sei genau das allerdings der Beginn einer echten Erfolgsgeschichte gewesen. Die geht mittlerweile sogar weit über das "Quizduell" hinaus: Mit den Sommer-Vertretungen "Gefragt - gejagt" und "Wer weiß denn sowas?" war der Sender zuletzt sogar noch erfolgreicher als mit Pilawas "Quizduell".

Wo sich also noch vor wenigen Monaten Sorgenfalten breit machten, stehen nun gleich drei Formate zur Ausstrahlung bereit. Das nennt man wohl die Qual der Wahl, was wiederum den Vermarkter freut. Erzielte die "Verbotene Liebe" teils weniger als fünf Prozent Marktanteil, so fährt die Quiz-Schiene nach "Brisant" inzwischen ziemlich konstant zweistellige Werte ein. Kein Wunder also, dass schon ab dieser Woche freitags im Doppelpack gequizzt wird. Die eigentlich eingeplante Krimiserie "Morden im Norden" muss dafür kurzerhand weichen.

Doch auch im fiktionalen Bereich hat sich in den zurückliegenden Monaten etwas getan. Während die Schmunelkrimis, abgesehen von "Hubert und Staller", vom Publikum weitgehend verschmäht werden, hat der Ableger des Primetime-Hits "In aller Freundschaft" am Donnerstag um 18:50 Uhr für steigende Quoten gesorgt. Hier sei es gelungen, den Marktanteil fast zu verdoppeln - auf 9,7 Prozent bringen es die "jungen Ärzte" inzwischen, was für ARD-Vorabend-Verhältnisse einem echten Quantensprung gleichkommt. AS&S-Vermarkter Uwe Esser spricht gar von einem "Phänomen". Für die Zukunft hat er bereits ein Ziel ausgegeben: "Wir müssen wieder zweistellig werden", sagte er in Köln - und angesichts der jüngsten Erfolge am Vorabend ist dieses Ziel inzwischen näher als man das noch vor gar nicht allzu langer Zeit gedacht hat.

Es gehe nun darum, "programmliche und leistungsmäßige Stabilität" zu bieten, betonte Esser und gab seinen Werbekunden bei den "AS&S-Momenten" gleich noch ein paar Zahlen mit auf den Weg. So wirke jeder Kontakt im Ersten um etwa 30 Prozent stärker als in Umfeldern der Privatsender, was wohl nicht zuletzt auf die kurzen Werbeblöcke im Vorabend-Programm zurückzuführen ist. Vieles deutet also auf ein erfolgreiches Jahr 2016 für die ARD-Vermarkter hin. Und mit der Fußball-EM und den Olympischen Spielen stehen auch noch zwei äußerst attraktive Sport-Events an, die es ebenfalls zu vermarkten gilt. Das geriet bei aller Freude über den gestärkten Vorabend bei den AS&S-Momenten in Köln zwischenzeitlich fast zur Nebensache - trotz der imposanten "Sportschau"-Kulisse.