Die „Tagesschau“ ist ein Klassiker des deutschen Fernsehens, die „Lindenstraße“ und das „Wort zum Sonntag“ auch. Und selbstverständlich kann auch der „Tatort“ nach fast 1.000 Folgen getrost als Kult bezeichnet werden. Daneben gibt es noch eine Hand voll weiterer Formate, die es verdienen, als Klassiker ins Lexikon des Fernsehens einzugehen. Dass es einzelne Sendungen schaffen, jahrzehntelang das Publikum zu unterhalten, hängt mit einer gewissen Vorhersehbarkeit zusammen. Um dennoch nicht gestrig zu wirken, müssen die Verantwortlichen immer wieder behutsame Veränderungen vornehmen. Kaum auszudenken, wie das Publikum reagieren würde, sähe der „Tatort“ noch immer so aus wie bei der ersten Folge aus dem Jahr 1970.

„Wenn etwas 38 Jahre läuft, ist es doch auch klar, dass sich etwas verändern muss“, sagt Ludwig Blochberger, der seit Anfang Oktober zusammen mit seiner Schauspieler-Kollegin Stephanie Stumph beim „Alten“ anheuerte, im Gespräch mit dem Medienmagazin DWDL.de. Dass Blochberger mit seinen 32 Jahren jünger ist als die Serie, in der er er mitwirkt, stört ihn ebenso wenig wie der Aufstand, den die älteren Vorgänger in den Medien probten, als sie von ihrem Rauswurf erfuhren. „Das Format heißt ja 'Der Alte' und nicht 'Die Alten'“, entgegnet Blochberger und betont gleichzeitig, dass sich die Zuschauer auf nicht allzu viele Veränderungen einzustellen haben. „Dramaturgisch bleibt sich das Format treu, weil es weiterhin auf seine bewährte Mischung setzt.“

Tatsächlich haben die Quoten der ersten Folgen gezeigt, dass das Publikum die Neuen beim „Alten“ akzeptieren. Eine Garantie gibt es dafür aber freilich nicht. „Die Vorurteile kommen“, weiß Stefanie Stumph. „Es gibt immer die Angst unter den Zuschauern, dass man ihnen wegnimmt, was sie über viele Jahre hinweg liebgewonnen haben. Das ist eine typisch deutsche Mentalität.“ Sie selbst weiß das auch deshalb nur allzu gut, weil ihr Name fast 20 Jahre mit ein und derselben Serie verbunden war – so lange wirkte sie an der Seite ihres Vaters in der erfolgreichen ZDF-Reihe „Stubbe“ mit. Während „Stubbe“ ohne Wolfgang Stumph undenkar schien, entschied sich der Sender im Fall seines „Alten“ schon vor einigen Jahren dazu, die Serie mit neuen Hauptdarstellern fortzusetzen.

Auf dem alten Fundament etwas Neues machen“

Auch den „Fall für zwei“ ließ das ZDF nicht ruhen – auch wenn sich so mancher fragte, ob die Serie ohne den coolen Lederjacken-Träger Matula eine Zukunft haben kann. Dass es durchaus funktioniert, zeigten Antoine Monot, Jr. und Wanja Mues, als sie vor einem Jahr in die großen Fußstapfen traten. Die Frage, ob es leichter oder schwerer sei, die Rolle auszufüllen, weil die Zuschauer nach mehr als 30 Jahren mit einer gewissen Erwartungshaltung an die Serie herangehen, kann Mues nicht eindeutig beantworten. „Es ist leichter, weil man eine gewisse Basis hat. Man hat eine Marke, auf der man aufbauen kann“, sagt der Schauspieler. „Und schwerer, weil man den Leuten nahebringen muss, dass man auf dem alten Fundament etwas Neues machen möchte.“

Dass sich das ZDF dafür entschied, den „Fall für zwei“ nach dem Abschied von Claus Theo Gärtner fortzuführen, obwohl es zunächst hieß, man wolle mit den beiden Schauspielern eine neue Serie machen, kann Monot aber durchaus nachvollziehen. „Es gab lange Diskussionen und bis heute ist es ein zweischneidiges Schwert. Es gibt eine Fanbase vom 'Fall für zwei', die nicht möchte, dass sich etwas ändert. Aber wenn wir uns jetzt 'Zwei für einen Fall' genannt hätten, dann hätte man doch immer gesagt, dass das der alte 'Fall für zwei“ ist. Und selbst bei einem ganz anderen Namen, wären die Parallelen immer wieder aufgekommen.“

Allen könne man es ohnehin nicht recht machen, gibt sich Monot gegenüber DWDL.de realistisch. Für seinen Kollegen und ihn überwogen unterm Strich jedoch die Vorteile: „Unserem Neustart hat der Name der Serie wahnsinnig viel gebracht, weil wir in der ersten Staffel eine Aufmerksamkeit bekamen, die wir als 'Zwei in Mainhattan' sicher nie gehabt hätten. Und das Publikum lief uns auch nicht in Scharen davon.“ Weiterentwickelt wurde der Krimi-Klassiker allerdings nicht nur mit Blick auf die beiden Hauptdarsteller. „Es gibt in Deutschland sehr festgefahrene Sehgewohnheiten, gegen die wir behutsam anzukämpfen versuchen“, erzählt Wanja Mues. „Die Zuschauer erwarten abgeschlossene Fälle – und die bieten wir ihnen auch. Gleichzeitig versuchen wir, eine horizontale Ebene einzubauen, in der die Geschichte zwischen und beiden über die einzelne Folge hinaus weitererzählt wird.“

Doch ganz so einfach ist das nicht, weiß Stephanie Stumph. „Viele Autoren schreiben in Deutschland für sich. Jeder macht sein eigenes Ding und meint, den Charaktern seine eigenen Worte in den Mund legen zu müssen. Da fehlt es oft an einer klaren Linie und einem Headautor, er die gesamte Geschichte im Auge behält“, sagt sie. Dass sich in der Herangehensweise etwas ändert, bekommen Stumph und ihr Mitstreiter Ludwig Blochberger, aber auch Antoine Monot, Jr. und Wanja Mues allerdings gerade am eigenen Leib zu spüren. Mehr und mehr wird das Bewährte mit neuen Erzählmustern verbunden. Wenn sich der neue alte „Fall für zwei“ Ende des Monats mit neuen Folgen zurückmeldet, dann soll neben den abgeschlossen Krimisträngen der Handlungsbogen der beiden Freunde erneut über mehrere Folgen gespannt werden. Demnächst wird übrigens auch Matula mal wieder vorbeischauen. Ganz ohne alte Zöpfe will das ZDF dann eben doch nicht verzichten. Und schon gar nicht auf die legendäre Lederjacke.