Die Saison begann für Sat.1 mit zwei echten Rückschlägen: Nachdem das Experiment "Newtopia" die Erwartungen nicht erfüllen konnte und vorzeitig abgebrochen wurde, sollten "Mila" und "Unser Tag" im Herbst für Besserung sorgen. Doch das Gegenteil trat ein: Der Versuch, die ungewöhnlich erzählte Soap mit Susan Sideropoulos in der Hauptrolle gegen "Alles was zählt" und "Berlin - Tag & Nacht" zu programmieren, ging von Beginn an schief und machte es auch dem anschließenden Vorabendmagazin mit Mara Bergmann durchweg schwer - das verzeichnete am Ende sogar weniger als vier Prozent Marktanteil in der Zielgruppe und verschwand nach nur zwei Wochen ebenso in der Versenkung wie "Mila".

Diese Flops waren es letztlich auch, die Sat.1-Chef Nicolas Paalzow zum Rückzug zwangen. "Wir haben in diesem Jahr Mut bewiesen und gerade am Vorabend viel Neues gewagt. Leider haben wir damit nicht den Nerv der Zuschauer getroffen. Der Start in die Herbst-Season ist Sat.1 misslungen", gab er in respektabler Offenheit ganz unumwunden zu, als er Anfang Oktober seinen Platz für Kaspar Pflüger räumte, der bis dato bereits als sein Stellvertreter fungierte. Ihm sollte es ein halbes Jahr später dann auch tatsächlich gelingen, den Vorabend wieder in die Spur zu bringen - vor allem, weil er einen echten Trend ausmachte und die schon nachmittags erfolgreiche Scripted Reality "Auf Streife" auf immer mehr Sendeplätze ausdehnte.

Inzwischen sorgen das Original sowie mehrere Ableger auf gleich vier Sendeplätzen zwischen 14 und 19 Uhr für starke Quoten, darunter auf dem schwierigen Termin um 18:00 Uhr, wo "Auf Streife - Die Spezialisten" schon teils mehr als 16 Prozent Marktanteil in der Zielgruppe verbuchte. Die einfachste - wenn auch unkreativste - Möglichkeit, den Erfolg auch auf 19:00 Uhr auszudehnen, wäre vermutlich die Ausstrahlung eines weiteren Ablegers. Stattdessen bemüht sich Sat.1 hier aber bislang noch um Abwechslung. Mit mäßigem Erfolg: Das tägliche Live-Magazin "Fahndung Deutschland" passt sich zwar ganz gut ein und präsentiert sich auch stärker als die zwischenzeitlich gezeigte Krimi-Reihe "Einsatz in Köln", konnte bislang aus Quotensicht aber auch noch keine Bäume ausreißen.

Arbeit wartet auf Kaspar Pflüger zudem in der Primetime, in der Sat.1 viel zu selten eine entscheidende Rolle spielt. Das fängt mit solider Krimikost am Montag an, setzt sich mit häufig schwachen Filmen am Dienstag und unbeständigen Programmen am Mittwoch fort und endet am Wochenende mit Spielfilm-Wiederholungen und schwächer werdenden US-Serien. Tatsächlich ist nach vielen erfolgreichen Jahren am Sonntag inzwischen guter Rat teuer: "Navy CIS" holt inzwischen nämlich allenfalls noch mit Erstausstrahlungen gute Quoten, doch das reicht eben nicht, um den Sendeplatz ein ganzes Jahr lang zu bespielen. Mehrere "NCIS"-Ableger oder auch der Versuch, andere Krimis zu positionieren, bringen den Sender schon seit geraumer Zeit nicht mehr nennenswert voran. 

Lobenswert, aber letztlich nicht erfolgreich war zudem der Versuch, "Homeland" noch einmal ins Programm zu nehmen. Am verlässlichsten funktioniert im Bereich der US-Krimis derzeit noch "Criminal Minds", auf das sich Sat.1 am Donnerstagabend in der Regel selbst mit Wiederholungen verlassen kann. Wie schön wäre das Leben, könnte der Sender angesichts sinkender Quoten amerikanischer Serien auf deutsche Fiction setzen. Doch daran war in der zurückliegenden Saison angesichts fehlenden Nachschubs gar nicht erst zu denken. Zu Beginn der Saison floppten "Josephine Klick" und "Frauenherzen" - und mehr kam dann auch nicht. Die Suche nach Nachfolgern für "Danni Lowinski" und den "Letzten Bullen", beide immerhin vor sechs Jahren gestartet, verlief bislang nicht erfolgreich. Vielleicht könnte es am Ende wieder auf Annette Frier hinauslaufen, die als "Truckerin" in einem populären Pilotfilm zu sehen war.

Im Show-Bereich versuchte Sat.1 dafür umso mehr, auch wenn es letztlich doch vor allem "The Voice of Germany" war, auf das sich der Sender verlassen konnte. Immerhin gelang es, mit "Superkids" einen recht soliden Neustart zu etablieren, an dessen Konzept nun noch weiter geschraubt werden soll. Der Versuch, "Mein Mann kann" als "Ran an den Mann" noch einmal ins Prorgamm zu hieven, verlief unterm Strich eher unspektakulär, und Shows wie "Keep your Money", "Die große Revanche" und "Got to Dance Kids" scheiterten sogar kläglich. Wie gut, dass zumindest "The Biggest Loser" durch die Rückkehr in den Vorabend zu alter Stärke zurückfand. Doch auch hier fehlt es an Nachschub: "Ganz in weiß" wurde schnell abgesetzt, "Hochzeit auf den ersten Blick" knüpfte nicht an die Erfolge aus Staffel eins an und "Verzeih mir" sorgte dafür, dass Julia Leischik weniger Zeit für "Bitte melde dich" hatte - auf Kosten der Quote. Man darf also gespannt sein, welche Ideen Kaspar Pflüger in seiner ersten vollen Saison als Sat.1-Chef einbringen wird.