Andreas Bartl versprach, seinen Sender breiter aufzustellen, und - so viel sei vorweg gesagt - dieses Versprechen hat der Geschäftsführer von RTL II durchaus eingehalten. Für einen kleinen Sender bot RTL II in der zurückliegenden Saison wieder eine ungewöhnlich große Fülle an Eigenproduktionen, die sich diesmal nicht nur vorwiegend auf den Dokusoap-Bereich konzentrierten, sondern auch Testballons in Bereichen wie Comedy oder Show umfassten. Vieles davon wurde von den Zuschauern allerdings nicht honoriert. Weil noch dazu mit "Köln 50667" und "Berlin - Tag & Nacht" auch die zwei verlässlichsten Quotenbringer der Daytime Boden verloren, ging es insgesamt dann auch ein gutes Stück nach unten für RTL II. Besonders schwach lief es im Dezember und Januar, als mit jeweils nur noch 5,3 Prozent Marktanteil bei den 14- bis 49-Jährigen die niedrigsten Werte seit vielen Jahren verzeichnet wurden.

Dabei hatte man zu diesem Zeitpunkt den größten und wohl auch schmerzvollsten Flop der Saison bereits hinter sich gebracht. Gemeint ist die Neuauflage von "Popstars", die viel zu zahm daherkam und mit kaum mehr als einer Million Zuschauern schon von Beginn an Probleme bereitete. Anfangs verwies RTL II offiziell noch auf die recht soliden Quoten bei den 14- bis 29-Jährigen, doch auch hier bröckelte das Interesse schnell. Die Folge: Erst lief "Popstars" später, dann unter Ausschluss der Öffentlichkeit am Wochenende. Kurz vor Schluss konnten sich gerade mal noch 130.000 Zuschauer für das frühere Aushängeschild des Senders begeistern. Auch die tierische Castingshow "Oberaffengeil" erwischte keinen guten Start - und die neu aufgelegten "Test"-Shows waren schon weg, bevor sie überhaupt ausgestrahlt wurden. Hinzu kommen schwache Quoten der Comedys "Starshine" und "Der Dennis Show".

Recht enttäuschend schnitt auch der Versuch ab, mit "Gottlos" eine eigenproduzierte Serie zu etablieren, die es - anders als es Vox mit "Club der roten Bänder" gelang - nicht schaffte, Buzz zu generieren. Hier traf man offenbar nicht den Nerv der Zielgruppe, sodass sich die Quoten am Ende klar unterhalb des Senderschnitts bewegten. Deutlich erfolgreicher verlief da schon die Ausstrahlung des "BTN"-Ablegers "Meike & Marcel", der aber natürlich bereits auf eine bestehende Fangemeinde aufbauen konnte. Weitgehend glücklos blieb RTL II zudem mit seinen US-Serien. Sicher, "The Walking Dead" war einmal mehr ein schöner Erfolg, doch längst so stark unterwegs wie noch im Jahr zuvor. "Z Nation", eine weitere Zombie-Serie, blieb darüber hinaus von den guten Quoten des offensichtlichen Vorbilds ein gutes Stück entfernt.

Auch "Game of Thrones", das - anders als noch im Vorjahr - diesmal nicht mit wöchentlicher Dosis programmiert wurde, tat sich schwerer. "The Quest" schnitt derweil mäßig ab und "Agents of S.H.I.E.L.D." ging sogar völlig baden. Am Ende war hier kaum noch ein Zuschauer dabei. Auffällig ist dabei übrigens, wie wenig sich RTL II momentan um gelernte Sendeplätze zu scheren scheint. Da können Serien mal montags oder freitags laufen - und selbst vor dem Dienstagabend, an dem man seit Jahren mit großem Erfolg auf "Zuhause im Glück" setzt, waren plötzlich wahlweise Filme oder die neue Serie "The Shannara Chronicles" zu sehen. Diese schnitt alles in allem zwar ganz gut ab, konnte letztlich aber nicht mit den guten Quoten der Dokusoap mithalten. Unterm Strich ist die Quoten-Ausbeute im Serien-Bereich also ausbaufähig.

Bei den Dokusoaps lief's dagegen schon deutlich besser, was vor allem auf einen Namen zurückzuführen ist: Daniela Katzenberger. Weil die Blondine dank Baby und Hochzeit wieder viel mehr zu erzählen hatte als in ihren letzten Tagen bei Vox, schalteten ihre Fans in Scharen ein und bescherten RTL II durchweg starke Quoten. Den Höhepunkt markierte dabei ganz sicher die Live-Hochzeit, mit der man sogar RTL in die Schranken weisen konnte. Zusammen mit den ebenfalls von Vox geerbten Reimanns hat der Sender nun also in kürzester Zeit zwei bekannte Aushängeschilder hinzugewonnen, die zugleich die Abhängigkeit von den ohnehin schwächelnden Geissens reduzieren. Ähnlich angelegte Formate wie "Die Herrens" und "Lugner und Cathy" blieben dagegen blass. Recht zufrieden kann man mit "Hartz und herzlich" sein, einer XXL-Dokureihe, mit der der Sender offensichtlich dem "Asternweg" von Vox nachzueifern versuchte. Ganz so gut lief's für das durchaus ernsthafte Format am Samstagabend dann aber doch nicht.

Bleibt noch das Tagesprogramm, das abseits von "Köln 50667" und "Berlin - Tag & Nacht" weiterhin keine Verlässlichkeit bietet. Zumindest "Die Straßencops" schlugen sich zuletzt aber ganz solide. Ein wirkliches Erfolgsrezept hat RTL II letztlich aber noch nicht gefunden - und ein tägliches Magazin dürfte angesichts der fast ausnahmslos schwachen "Klub"-Quoten erst mal vom Tisch sein. Nachmittags sind für den Sender somit noch enorme Wachstumsmöglichkeiten vorhanden. Weil hier, vor allem aber in der Primetime die ganz großen Tiefschläge in den zurückliegenden Monaten ausblieben, zogen die Marktanteile von RTL II in den vergangenen Monaten wieder an. Und wenn gar nichts mehr läuft, kann man es ja wieder mit "Zurück in die Zukunft" probieren. Den Film an dem Tag zu zeigen, an dem Marty McFly in der Zukunft ankam, erwies sich im Herbst übrigens als goldrichtige Entscheidung: 17 Prozent Marktanteil sprangen heraus - verbunden mit dem Sieg vor der Champions League. Das schafft sonst nur die Katze.