Einmal mehr ist das Festival in der schottischen Hauptstadt in diesen Tagen ein sehr prominent besetzter Austausch zwischen europäischen und amerikanischen Film- und Fernsehschaffenden. Die internationalere Besetzung reflektiert einen immer internationaleren Fernsehmarkt. Dabei zeigt sich jedoch, dass es immer noch Hürden gibt und einige, aber längst nicht alle Grenzen fallen.

Fortschritte macht Hollywood zumindest in der TV-Produktion beim Schlagwort Diversity. Nicht nur, aber gerade ABC / Disney setzt seit einigen Jahren auf mehr Vielfalt bei der Besetzung von Serienrollen, aber auch in Positionen hinter der Kamera. „Unsere Serien spiegelten nicht mehr die Welt wider, in der wir tatsächlich leben“, erklärt Patrick Moran, der ABC Studios als Executive Vice President führt, in Edinburgh. Zudem soll dieser Ansatz auch bei der internationalen Vermarktung der Produktionen helfen: „Wir suchen nach Serien, die relevante Themen für ein internationales Publikum bieten“, erklärt Moran.

Und dann gibt es noch einen ganz praktischen Grund: Noch nie wurden in den USA so viele Serien produziert wie derzeit. „Der Wettbewerb um Talente ist dadurch so heftig wie nie zuvor“, sagt Keli Lee. Sie kümmerte sich in den vergangenen Jahren um Casting bei der ABC Entertainment Group und zog im vergangenen Jahr nach London. Dort hält sie als Managing Director, International Content & Talent Ausschau nach Schauspielerinnen und Schauspielern ebenso wie nach Regisseuren, Producern oder Autoren, mit denen man zusammenarbeiten könnte. Dass man sich für Großbritannien entschieden hat, hängt nicht zuletzt mit der fehlenden Sprachbarriere zusammen.

Man suche aber weltweit, erklärt Lee, und führt stolz die Entdeckung von Priyanka Chopra an, die in Bollywood längst ein Star war und dann als Hauptdarstellerin für „Quantico“ entdeckt wurde. Auch einige kommende Filme aus dem Hause Disney wurden bewusst mit möglichst internationalem Cast besetzt - was auch bei der globalen Vermarktung von Hollywood-Ware helfen soll. Doch so ganz problemlos verlaufen die Reisen über Grenzen hinweg nicht immer – gerade wenn es nicht um Schauspieler, sondern etwa um Autoren geht. Ben Stephenson kennt beide Seiten: Er war lange für die BBC tätig und leitet nun den TV-Bereich von Bad Robot, der Produktionsfirma von Serien- und Filmemacher J.J. Abrams.

Britische Autoren scheitern demnach schon daran, den Prozess des Pitchens in den USA richtig zu verstehen. „In Großbritannien geht’s nach der Begrüßung um Schuhe, den Wechsel von dieser oder jener Person in einen neuen Job und das Wetter. Wenn man über alles andere geredet hat, schiebt man noch hinterher: Ich habe da so eine Idee, aber ich glaube, sie gefällt dir nicht. Ich schicke dir später einfach eine E-Mail dazu“, karikiert er die britische Herangehensweise. In den USA ist ein Pitch hingegen ein sehr formaler Prozess.

Autoren seien hier perfekt vorbereitet, ihre Serie innerhalb einer Stunde so zu präsentieren, dass inzwischen nicht selten nur auf Basis eines solchen Pitches Serienstaffeln gleich ohne Pilot beauftragt werden. Nun bringt Großbritannien ebenfalls eine enorme Anzahl hervorragender und international reisender Serien zustande – insofern wolle er gar nicht beurteilen, welche Arbeitsweise die bessere sei. Doch kulturelle Unterschiede wie dieser – oder auch die banaleTatsache, dass in den USA alles per Telefon, in Europa viel lieber per Mail geklärt werde – sorgen dafür, dass der TV-Markt vorerst nicht grenzenlos sein wird.

Doch auch andere Grenzen sind nicht so fließend wie sie scheinen. Darüber sprachen in Edinburgh Produzent und Regisseur Bryan Singer und Peter Rice, CEO der Fox Network Group. Es scheint längst wie eine Plattitüde, wenn man im Jahr 2016 hervorhebt, wie viele frühere Kinomacher sich dem Fernsehen öffnen. Doch es gelingt längst nicht immer - auch weil beide Medienformen unterschiedlich gehändelt werden müssen. Singer, der zwar als Produzent von „House“ und „Dirty Sexy Money“ auch schon TV-Erfahrung hat aber zweifelsohne eher als Film-Regisseur der „X-Men“-Reihe bekannt ist, rät seiner eigenen Zunft im Fernsehgeschäft beim Edinburgh International Television Festival zu etwas mehr Demut.

„Fernsehen ist das Medium der Autoren, nicht der Regisseure. Ganz wie das Theater“, erklärt er. „Ein Film gehört mir, aber eine Serie gehört den Autoren und Schauspielern.“ Eine Erkenntnis, die er selbst zu beherzigen haben wird bei der Produktion der neuen „X-Men“-Fernsehserie „Legion“. Auch Peter Rice, CEO der Fox Network Group, sieht Unterschiede: „Beim Film zählt eine Geschichte. Natürlich wird diese auch getrieben von den Charakteren, aber das Ende der Geschichte ist von Anfang an klar definiert. Bei Serien hingegen begeben wir uns mit den Charakteren auf eine Reise und die Geschichte dient der Skizzierung der Charaktere.“

Jeder macht alles mit jedem. Dass diese Formel so viel zu schlicht ist, dürfte jedem klar sein. Das Edinburgh International Television Festival hat in diesem Jahr jedoch einen entscheidenden Punkt erreicht: Statt der puren Faszination für einen globalen Markt in dem alles möglich scheint, der die vergangenen beiden Jahre prägte, kamen die Hürden zur Sprache. Es ist eine wohltuende Betrachtung des Marktes.