RTLplus hat einen schweren Kampf zu kämpfen. Wenn der neue frei-empfangbare Sender von diesem Montag an die ersten zwei von insgesamt vier Gameshow-Neuauflagen auf den Bildschirm schicken wird, dann ist das Problem keineswegs die Qualität der Produktionen - vielmehr wird RTLplus gegen die Erinnerung seines Publikums antreten müssen. Im nostalgischen Blick zurück wird das einst Gesehene schließlich oft ein wenig verklärt. Wer sich also auf zunächst auf "Jeopardy!" und "Familienduell" und schließlich auf "Ruck Zuck" und "Glücksrad" einlässt, wird nur dann echten Spaß bei den Sendungen empfinden können, wenn es gelingt, die Erinnerung an die "gute, alte Zeit" zumindest ein Stück weit hinter sich zu lassen und sich etwa damit abzufinden, dass Moderatorin Inka Bause nicht die alten Tennissocken von Werner Schulze-Erdel aufträgt. Was im Übrigen keine allzu schlechte Idee ist.

Es ist zugegebenermaßen zunächst nicht ganz leicht, die Bilder von früher aus dem Kopf zu bekommen, doch das "Familienduell" und "Ruck Zuck" zeigen ziemlich eindrucksvoll, dass die Idee am Ende größer ist als der Moderator. Das gilt im Übrigen auch für das Studio, das sich alle vier Formate bei der Neuauflage teilen müssen. Das sieht man natürlich - besonders, weil "Familienduell" und "Ruck Zuck" auf dem Schirm eine recht ähnliche Anmutung haben. Man kann diese Entwicklung freilich bedauern, weil es doch reichlich kurios anmutet, wenn die Hits von früher plötzlich erkennbar auf Sparflamme köcheln und dort, wo bei "Jeopardy!" früher der Sichtschutz zwischen den Kandidaten automatisch hochfuhr, plötzlich simple Trennwände auf den Boden gestellt werden. Dennoch haben die Produzenten von UFA Show & Factual und Sony Pictures gute Arbeit geleistet - auch wenn zumindest das "Glücksrad" vielleicht doch etwas zu sehr seines früheren Charmes beraubt wurde.

"Jeopardy!"

Jeopardy! mit Joachim Llambi© RTLplus / Stefan Gregorowius

Joachim Llambi ist der neue Mann der Fragen - oder besser gesagt: der Antworten. Und er hat unter allen Moderatoren der Gameshow-Neuauflagen gewiss die leichteste Aufgabe: Weil er ebenso streng wie unterhaltsam durch das Antwort-Frage-Spiel führt, fällt es nicht schwer, den spröden Frank Elstner von damals vergessen zu machen. Viel kann auch nicht schiefgehen, weil "Jeopardy!" eben "Jeopardy!" ist und einem äußerst stringten Ablauf folgt. Bei der Gestaltung des Studios hat sich RTLplus sichtbar an das Design angelehnt, das Zuschauer aus den 90ern kennen, was sich in Kombination mit der bekannten Titelmusik wunderbar vertraut anfühlt. Nur manche Antwort ist ein Stück weit zu lang formuliert und durch zu viele Hinweise zu einfach geraten. Und dass es in den unteren Bereichen in der ersten Runde um gerade mal zehn Euro geht, ist dann doch etwas zu wenig. Doch das sind allenfalls Details, die angesichts des stimmigen Gesamtpakets kaum ins Gewicht fallen.

Produzent: Sony Pictures FFP

Läuft ab sofort täglich ab 18:40 Uhr in Doppelfolgen bei RTLplus. Wiederholungen gibt es gegen 23:30 Uhr und 10:15 Uhr zu sehen. RTL zeigt jeweils samstags ab 15:45 Uhr zwei Folgen am Stück.

"Familienduell"

Familienduell mit Inka Bause© RTLplus / Willi Weber

Der "Werner in Gold" ist Geschichte, nicht aber die Schweinchen, die zu Beginn jeder Runde auf der Ratewand erscheinen. Und anders als bei den Promi-Specials, an denen sich RTL vor einiger Zeit in der Primetime versuchte, ist auch die alte Titelmusik wieder zurück - etwas aufgefrischt zwar, aber klar wiederzuerkennen. Das erleichtert den Einstieg und spätestens, wenn die Familien etwas ungelenk ihre Schlachtrufe zum Besten geben, merkt man, dass dem Privatsendern in den vergangenen Jahren wirklich etwas gefehlt hat. Bause selbst füllt ihre Rolle als Moderatorin so aus wie man das von ihr erwartet: Die kultige Schnoddrigkeit von Werner Schulze-Erdel ist einer sympathischen Warmherzigkeit gewichen, die keineswegs gekünstelt wirkt. Man merkt: Da führt jemand durch die Sendung, der ernsthaft mit seinen Kandidaten mitfiebert. Die Tonalität des "Familienduells" unterscheidet sich daher von früher, doch die einzelnen Runden machen mindestens genauso viel Spaß wie einst. An so manch ungelenker Antwort mangelt es nämlich auch der Neuauflage nicht.

Produzent: UFA Show & Factual

Läuft ab sofort täglich ab 19:25 Uhr in Doppelfolgen bei RTLplus. Wiederholungen gibt es gegen 11:00 Uhr und 00:15 Uhr zu sehen. RTL zeigt jeweils samstags ab 16:45 Uhr zwei Folgen am Stück.

"Ruck Zuck"

Ruck Zuck mit Oliver Geissen© RTLplus / Frank W. Hempel

Dass Frank Elstner nicht mehr "Jeopardy!" moderiert, Werner Schulze-Erdel nicht mehr 100 Leute fragt und Frederic Meisner nicht mehr am "Glücksrad" dreht, ist mit Blick aufs heutige Alter der Kult-Moderatoren durchaus nachvollziehbar. Doch Jochen Bendel wäre für das Comeback von "Ruck Zuck" ganz sicher auch heute noch eine Idealbesetzung gewesen: Das schnelle Spiel, bei dem es in jeder Runde gilt, ein gesuchtes Wort ohne Geräusche und Gesten zu beschreiben, hätte Bendel heute mit hoher Wahrscheinlich ähnlich schwungvoll moderiert wie in tausenden Ausgaben zuvor. Umso beachtlicher, dass sein Nachfolger Oliver Geissen es tatsächlich schafft, der Sendung seinen eigenen Stempel aufzudrücken. Das liegt vor allem daran, dass er selbst großen Spaß zu haben scheint und er dadurch bei "Ruck Zuck", anders als mitunter in der "Ultimativen Chartshow", alles andere als gelangweilt wirkt. Er ist spontan, macht auch mal einen Witz in Gürtellinien-Nähe und gibt den Kandidaten sogar Ratschläge, wenn es ihm nötig erscheint. So gesehen ist Oliver Geissen die vermutlich größte personelle Überraschung der Gameshow-Neuauflagen von RTLplus.

Produzent: UFA Show & Factual

Startet im Oktober bei RTLplus und RTL.

"Glücksrad"

Glücksrad mit Jan Hahn© RTLplus / Frank W. Hempel

Erinnern Sie sich noch daran, wie einst das "Glücksrad" aus der Wand gefahren kam? Ja, das "Glücksrad" war mal eine echt aufwendig inszenierte Show - umso trauriger, was aus ihr wurde, als sich 9Live vor einigen Jahren an ihr versuchte. Die RTLplus-Version mit Isabel Edvardsson als "Buchstabenfee" kommt natürlich ungleich hochwertiger daher als zu 9Live-Zeiten und doch fühlt sich das "Glücksrad" im Vergleich aller Neuauflagen am wenigsten rund an. Vielleicht liegt's an Jan Hahn, der erstaunlich steif und bieder daherkommt, oder aber an der ungewöhnlichen Farbgebung und den fehlenden Gewinnpaletten, die ja streng genommen schon abgeschafft wurden, als die Show Ende der 90er von Sat.1 zu kabel eins wanderte. Dass ausschließlich um Geld gespielt wird und das kultige "Superspiel" drei unnötigen Schnellraterunden weichen musste, die einzig dazu dienen, den Kandidaten des ersten Runden-Drehs zu bestimmen, ist schade. Hinzu kommt, dass die Show mit ihrer Länge von 22 Minuten schon arg gehetzt daherkommt. Mehr Zeit und mehr Preise täten der Sendung gut. So aber ist ausgerechnet der größte Klassiker das schwächste Glied unter allen Neuauflagen.

Produzent: Sony Pictures FFP

Startet im Oktober bei RTLplus und RTL.