Nicht alle der 150 geplanten Fernsehfilm-Erstausstrahlungen diesen Jahres passen in eine Präsentation, aber die Botschaft von Volker Herres, Programmdirektor des Ersten, wurde trotzdem deutlich: Die ARD investiert weiter massiv in deutsche Serien und - weitaus mehr - in Fernsehfilme.  Über den Dächern von Hamburg präsentierte Herres zusammen mit Fernsehfilm-Koordinator Jörg Schönenborn und Degeto-Chefin Christine Strobl die Fiktion-Strategie des Ersten für die nächsten zwölf Monate. Kein Ausblick jedoch ohne kurzen Rückblick.

Stolz ist Herres unter anderem auf "Terror - Ihr Urteil", den Fernsehfilm-Event im vergangenen Oktober. Auch Degeto-Chefin Christine Strobl steigt damit ein. "Den Weg wollen wir weitergehen, um immer wieder mit besonderen Projekten solche Debatten anzustoßen. Der Erfolg von 'Terror' hat uns da ermutigt und bestärkt, weiter zu machen." Immer wieder wird bei der Präsentation der kommenden Projekte an diesem späten Donnerstagnachmittag bzw. frühen Abend von Relevanz und gesellschaftlicher Bedeutung besprochen. Auch fiktionale Programme könnten zu Information und wichtigen Diskussionen anstoßen. Es folgte ein Ritt durch die Sendeplätze im Ersten.

Insgesamt 34 Fernsehfilm-Erstausstrahlungen sind in diesem Jahr am "Filmmittwoch im Ersten" eingeplant. "Ernsthafte, gesellschaftliche Themen, die wir auch deshalb aufrufen, weil wir glauben das darüber gesprochen werden muss", erklärt Jörg Schönenborn, neben seinem Job als WDR-Fernsehdirektor auch Koordinator Fernsehfilm in der ARD. Dazu gehören Produktionen wie "Warum" (u.a. mit Martin Brambach, Jella Haase und Carlo Ljubek), "Die letzte Reise" (u.a. mit Christiane Hörbiger), "Am Abend aller Tage" (u.a. mit Friedrich Mücke und Ernst Jacobi), "Ich war eine glückliche Frau", "Loverboy" und "So auf Erden".

Im zweiten Quartal kommt dann auch die ARD-Verfilmung der Geschichte der Gebrüder Dassler als Zweiteiler auf Sendung. Ende des Jahres geht es im Zweiteiler "Die Puppenspieler" zurück ins Jahr 1484. Schon im Sommer läuft die vierteilige Miniserie "Das Verschwinden" und bekanntlich bereits an Ostern holt das Erste die gerade in Großbritannien laufenden "Sherlock"-Staffel nach Deutschland.

"Immer wieder soll es Filme geben, die wir verlängern mit einer anschließenden Diskussion bei 'Maischberger' oder einer weiterführenden Dokumentation", so Jörg Schönenborn. So etwa beim Film "Katharina Luther", dem Film "Kalte Wasser" zum tragischen Schicksal von Rekrutin Jenny Bölen auf dem Marine Schulschiff Gorch Fock, dem Film "Toter Winkel" über Abschiebung sowie den Filmen "Atempause" und "Keimzeit" im medizinischen Umfeld. Im 4. Quartal des Jahres kommt mit "Brüder", so der derzeitige Arbeitstitel, ein zweiteiliger Thriller über die unterschiedlichen Lebensläufe zweier Brüder, von denen einer zum Salafist wird.

"Der Wunsch ist, nicht einfach nur Filme anzubieten am Mittwoch und auch - auch wenn das häufig kritisiert wird - am Sonntag nicht einfach nur Krimis anzubieten. Der 'Tatort' - das muss man nicht mögen und kann man auch kritisieren - ist mehr als ein Krimi und das ist keine neue Erfindung. Das gibt es nicht erst seit der Flüchtlingswelle sondern das sind mehr als vier Jahrzehnte Geschichte des Formats und auch Teil des Erfolgs." Vom neuen "Tatort"-Team aus dem Schwarzwald - in dem Harald Schmidt neben Eva Löbau und Hans-Jochen Wagner in den Hauptrollen zu sehen ist - gab es nur einen animierten Teaser zu sehen. Nur so viel wurde bekannt: Er soll im 3. Quartal zu sehen sein.

Leicht sinkende Reichweiten des "Tatort" im vergangenen Jahr - um im Schnitt ungefähr 500.000 Zuschauer - bereiten Jörg Schönenborn keine Sorgen. "Wenn man im Hochgebirge unterwegs ist, dann ist es unmöglich immer wieder einen neuen, noch höheren Gipfel zu finden. Dann geht es auch mal ein Stück runter. Dann ist es eine Leistung, wenn man so lange in der dünnen Luft da oben bleibt." Wie wertvoll die immer noch enorme Reichweite des "Tatort" ist, veranschaulicht Schönenborn mit einem Blick in die USA. In einem Fernsehmarkt, der vierfach so groß ist, würden die erfolgreichsten Serien etwas über zehn Millionen Zuschauer erreichen. Das mache die 9 Millionen Zuschauer in Deutschland noch viel wertvoller.

"Sie können bei uns aber auch lachen", versichert Jörg Schönenborn nach seinem Plädoyer für Filme mit gesellschaftlichem Anspruch. Ein schönes der wenigen Beispiele sei die neue Dienstagsserie "Frau Temme sucht das Glück", die schon am Dienstag in einer Woche startet. Weitere neue Serien am Dienstagabend in diesem Jahr sind das lang erwartete Prestige-Projekt "Charité" ab dem 21. März und im dritten Quartal dann die Anwaltsserie "Falk" mit Fritz Karl in der Hauptrolle. Erst 2018 kommt dann "Babylon Berlin" ins Erste - die Koproduktion mit Sky feiert in diesem Jahr zunächst dort im PayTV ihre Premiere.

Neben dem Sonntagabend wird auch der Donnerstagabend im Ersten noch krimineller, bekräftigt Christine Strobl. Die Degeto-Geschäftsführerin kündigte eine atemberaubende Vielzahl von Krimis für den Sendeplatz an. Neu dabei ist der "Lissabon-Krimi" mit Jürgen Tarrach, der im 2. Quartal laufen soll. Und dann hat Strobl in Hamburg noch eine Neuigkeit im Gepäck: Für den geplanten "Barcelona-Krimi" konnte man Clemens Schick als Hauptdarsteller gewinnen, allerdings erst für 2018. Für das laufende Jahr sind aber auch schon einmal 23 Donnerstage mit neuen Krimis versorgt. Leichtere Kost gibt es am Freitagabend, wo im Herbst das Label "Endlich Freitag im Ersten" eingeführt wurde.

34 neue Fernsehfilme sind hier geplant, darunter eine weitere Folge der Reihe "Eifelpraxis" mit Rebecca Immanuel, die Filme "Familie ist kein Wunschkonzert" und "2 Sturköpfe im Dreivierteltakt" mit Uwe Ochsenknecht und Herbert Knaup. Mit "Eltern allein zu Haus kommt eine Trilogie, die sich den Beziehungsproblemen von Paaren widmet, die nach Jahren des Familienlebens nach dem Auszug der Kinder plötzlich wieder allein miteinander beschäftigen müssen. Erste Eindrücke des u.a. mit Ann-Kathrin Kramer, Harald Krassnitzer, Walter Sittler, Susanna Simon, Anna Schudt und Oliver Mommsen hochkarätig besetzten Projekts konnten überzeugen.

Unter den Labels Sommerkino und Premierenkino ist die Ausstrahlung von 14 Kinofilmen geplant. Auf dem Programm stehen wie "The Imitation Game" mit Benedict Cumberbatch, das französische Werk "Birnenkuchen mit Lavendel" und die Hollywood-Produktionen "Frauen in Gold" (u.a. mit Helen Mirren, Ryan Reynolds und Daniel Brühl) sowie "Wild" mit Reese Witherspoon. Volker Herres betont aber auch: "Die ARD ist einer der wichtigsten Partner des deutschen Kinos, das auch international konkurrenzfähig ist, wie dies Maren Ades in Cannes gefeierte und mit einem Europäischen Filmpreis ausgezeichnete Komödie "Toni Erdmann" bewiesen hat."

Nach Ablauf der Kinosperre werde der Film natürlich im Ersten seine TV-Premiere feiern, allerdings noch nicht in 2017. Ein anderer deutscher Ausnahmefilm dafür schon: "Victoria", der 140-minütige Film von Sebastian Schipper ist insbesondere durch seinen Stil außerordentlich: Das gesamte Werk kommt ohne einen Schnitt aus. Für dieses Meisterwerk hat sich die ARD als "einer der wichtigsten Partner des deutschen Kinos" einen ganz besonderen Sendeplatz überlegt: Es kommt im 2. Quartal auf einem Sendeplatz um 23.30 Uhr.

Auch jungen Filmemachern will Das Erste in diesem Jahr wieder unter dem bekannten Label "Filmdebüt im Ersten" nach derzeitigem Stand 12 Sendeplätze freiräumen. Den Anfang macht der Film "Ohne Dich" mit Katja Riemann und Charly Hübner in der Hauptrolle. Doch auch hierfür sollte man sicherheitshalber vorschlafen: Sie sind erneut an Dienstagabenden ab 22.45 Uhr in Doppelprogrammierung eingeplant. Am Ende der fast zweistündigen Präsentation in Hamburg bleibt der gefestigte Eindruck: An sehenswerten Filmen im Ersten dürfte es auch 2017 nicht mangeln. Allein die Leichtigkeit - und damit sind keine Schnulzen am Freitagabend gemeint - traut man sich im Rausch der gesellschaftlichen Bedeutung immer noch recht selten.