"Wir haben allen Beteiligten Geduld eingeimpft", sagt Nitro-Chef Oliver Schablitzki und meint damit die Sendung "100% Bundesliga". Die ist zu Beginn der Fußball-Saison gestartet und erweist sich derzeit auf ihrem Platz am späten Montagabend als das größte Sorgenkind des zuletzt so erfolgsverwöhnten Männersenders. Das ursprüngliche Ziel, durch die Bundesliga neue Zuschauer an Nitro zu binden, ist bislang jedenfalls noch nicht aufgegangen. Entsprechend ernüchternd liest sich die Quoten-Bilanz der ersten Monate: Von den 240.000 Zuschauern, die Ende Juli die erste Folge sahen, waren zwischenzeitlich nur noch die Hälfte übrig.

Erst vor zwei Wochen lag der Marktanteil mit 0,3 Prozent bei den 14- bis 49-Jährigen so niedrig wie noch nie. Den Tiefpunkt setzte es ausgerechnet in jener Woche, in der Nitro den Arbeitsplatz des Videoassistenten im Studio aufgebaut und die Arbeitsschritte mit Verantwortlichen des umstrittenen Bundesliga-Projekts nachgestellt hat. Das Beispiel zeigt: Die Redaktion "100% Bundesliga" ist gewillt, innovative Ideen in die Sendung zu integrieren, doch nach mehr als fünf Monaten stellt sich inzwischen die Frage, ob es abseits von derartigen Versuchen einen Bedarf des Publikums nach Zusammenfassungen von Fußballspielen gibt, deren Abpfiff zum Teil schon über drei Tage zurückliegt.

Genau das ist ja eigentlich der Markenkern der Sendung, für die die RTL-Mediengruppe für gleich vier Spielzeiten viel Geld in die Hand nahm und die frühere Sport1-Moderatorin Laura Wontorra sowie den einstigen Sky-Reporter Thomas Wagner verpflichtet hat. Oliver Schablitzki ist von der Mischung dennoch überzeugt. "Die Spielberichte und Gäste kommen gut an", sagt er im Gespräch mit DWDL.de, "vor allem aber unsere Informationen und Analysen, die über reine Spielbilder hinausgehen. Dadurch schaffen wir einen Mehrwert, der über den Spieltag hinausgeht." Ausgebaut werden soll auch der Ausblick auf die Fußballwoche mit anstehenden Spielen in der Champions oder Europa League.

Oliver Schablitzki© Nitro
Angesprochen auf die mageren Quoten von "100% Bundesliga", zieht Oliver Schablitzki (Foto) einen Fußball-Vergleich heran. "Mit der Spieleröffnung sind wir zufrieden, aber jetzt gilt es, ein paar Tore zu schießen", sagt er und spricht von einem langen Weg, der noch bevorsteht. Hoffnung macht ihm der Blick auf die Konkurrenz. So habe der "Doppelpass" einst drei Jahre gebraucht, bis die Zuschauer ihn gefunden hätten. "Ich bin optimistisch, dass wir es schneller schaffen", so Schablitzki, der es jedoch vermeidet, ein konkretes Quotenziel für die wöchentliche Live-Sendung zu nennen. Vielmehr wird in der kommenden Woche am Vorprogramm geschraubt und anstelle von "Cobra 11" der Spielfilm "Cop Land" gezeigt.

Bekanntheit soll "100% Bundesliga" zudem durch eine Funk-Kampagne mit Radiospots und eine stärkere Präsenz in Stadionmagazinen erhalten. Mit radikalen Veränderungen der Sendung hat sich Nitro bislang dagegen zurückgehalten und dies wolle man auch in Zukunft vermeiden, heißt es aus der Chefetage." Trotzdem möchten wir systematisch an unserem USP schleifen", betont Schablitzki und ergänzt, man operiere derzeit "am offenen Herzen". Die wohl größte Veränderung war die Abschaffung der Studio-Band nach nur sechs Ausgaben. Diese sei von den Zuschauern schlicht als "störendes Element" wahrgenommen worden.

Warten auf das erste Montagsspiel der Bundesliga

Unzufrieden ist man bei Nitro derweil mit den Topspielen der 2. Liga, von denen der Sender als erster die Highlights im Free-TV zeigen darf. Doch die Partien seien bisher "nicht zwangsläufig die attraktivsten" gewesen, sagt Oliver Schablitzki zu DWDL.de. "Das hängt auch damit zusammen, dass die 2. Liga in diesem Jahr nicht so stark besetzt ist wie in den vergangenen Jahren." Entsprechend ungeduldig warten die Verantwortlichen in Köln auf den Spieltag, an dem erstmals ein Bundesliga-Spiel Montagabend angepfiffen wird – fünf Mal soll das pro Saison geschehen und Nitro könnte dann vor allen anderen die Ausschnitte zeigen.

Dass Fußball bei Nitro funktionieren kann, zeigte der jüngst aufgestellte Quoten-Rekord beim WM-Qualifikationsspiel zwischen Italien und Schweden. Mehr als drei Millionen Zuschauer zählte der Sender in den Minuten nach dem Abpfiff, als Italiens WM-Traum endgültig platzte. Ein Quoten-Erfolg, der sich so schnell wohl nicht wiederholen lässt – es sei denn, der Männersender erhält den Zuschlag für die Übertragung der Europa League, für die Nitro seit Monaten als Favorit gilt. Völlig unklar, weshalb die Entscheidung der UEFA so lange auf sich warten lässt.

Markus Kavka, der anfangs noch die Fußballspiele moderierte, wird im Falle eines Zuschlags allerdings wohl kaum für Nitro am Spielfeldrand stehen, sondern sich auf Musik-Formate fokussieren. Er habe "einen tollen Job gemacht, aber wenn wir unsere Fußball-Kompetenz erweitern wollen, dann ist es folgerichtig, dass wir unsere Moderatoren von '100 % Bundesliga' auch im Rahmen der Live-Übertragungen einsetzen", sagt Nitro-Chef Oliver Schablitzki, nachdem schon die letzten Quali-Spiele von Wontorra und Wagner präsentiert worden waren. Das alleine wird die Probleme der Bundesliga-Sendung auf Dauer aber kaum lösen.