Die Quote war zwar nicht die beste, doch der Unterhaltungswert hoch: Wer sich am vorletzten Samstagabend für "Alle gegen Einen" bei ProSieben entschied, bekam über drei Stunden hinweg eine gute Show ins Wohnzimmer geliefert. Die Experimente machten Laune, der Live-Charakter kam zur Geltung und auch die prominenten Gäste wurden gut eingebunden. Damit unterschied sich die vierte Ausgabe spürbar von der ersten, die Mitte Oktober noch auf durchwachsene Resonanz gestoßen war. Ganz offensichtlich haben Redaktion und Produktion seit der Premieren-Ausgabe noch einmal kräftig an der Show gearbeitet. 

Dass ein Format mit der Zeit besser wird, vermag nicht zu überraschend, schließlich zeigen sich seine Schwächen oft erst unter Live-Bedingungen. Tatsächlich gab es im Falle von "Alle gegen Einen" einiges zu verbessern: Etwas verloren wirkten die Promis in der ersten Sendung. Dass Sie nun bei jeder Runde einen eigenen Tipp ab- und ihren Senf dazugeben durften, gab ihnen nicht nur eine Daseinsberechtigung, sondern sorgte auch für mehr Abwechslung. Dass man zugleich den wertvollen Annäherungsjoker, der die Siegchancen der Studio-Kandidaten am Ende massiv erhöhte, abschwächte, war dem Spannungsbogen zuträglich.

Vor allem sorgte aber die geschickte Einbindung von Studio- wie Fernsehpublikum für Laune. Die Wiederauferstehung der "Saalwette" mit ins Studio einlaufenden Bräuten, die mit der Einlösung des Chippendales-Auftrittes des männlichen Publikums aus einer früheren Runde verknüpft wurde, war launig, der unerwartete Rückruf eines Zuschauers auf dem Handy des Moderators genau die Situation, die Live-Fernsehen der perfekt geschnittenen Aufzeichnung voraus hat.

Tatsächlich scheinen die Veränderungen Früchte getragen zu haben: Nach den mäßigen Auftakt-Quoten gewann "Alle gegen Einen" in den darauffolgenden beiden Wochen Zuschauer hinzu. Einzig die vorerst letzte Folge litt unter der Bundesliga: Einerseits durch das Live-Spiel, das sich mit der Anfangsphase überschnitt, andererseits durch das "Sportstudio", das am Ende einige Marktanteile kostete. Grundsätzlich dürfte einiges dafür sprechen, die Brainpool-Produktion mit Moderator Elton in die Verlängerung zu schicken.

Schöneberger kämpft bei RTL mit den Freudentränen

Während das Publikum also allmählich Gefallen an der Show fand, sahen die Fernsehkritiker nach der Premiere nicht mehr so genau hin. Besprochen wurde meist allenfalls die erste Folge, auch bei DWDL.de. "Alle gegen Einen" dürfte sich damit ein Schicksal teilen mit dem RTL-Neustart "Denn sie wissen nicht, was passiert", der zu Beginn der Saison über vier Wochen hinweg zu sehen war. Der Fokus der Berichterstattung rund um die mit Barbara Schöneberger, Thomas Gottschalk und Günther Jauch äußerst prominent besetzte Show lag auf der Premiere, die stellenweise noch etwas holprig daherkam. 

Denn sie wissen nicht, was passiert© MG RTL D / Stefan Gregorowius

Der Tiefpunkt: Das unbefriedigende, weil vorzeitig abgebrochene Finale, an dessen Ende sich die Kandidaten darauf verständigten, die Gewinnsumme zu teilen. Dass die Produktionsfirma i&u TV in den darauffolgenden Wochen noch einmal am Ablauf schraubte und nicht nur das Finalspiel änderte, sondern auch die Zahl der Spielrunden reduzierte, fand in der Presse nahezu kaum Beachtung. Dabei nahm "Denn sie wissen nicht, was passiert" plötzlich mächtig Fahrt auf - vor allem, weil dem Trio gefühlt mehr Freiraum gelassen wurde. Die Show machte so viel Spaß, dass Schöneberger gleich mehrfach vor Lachen die Tränen in die Augen schossen. Vielen Zuschauern wird es ähnlich gegangen sein.

Die Liste an Sendungen, die sich mit der Zeit verbesserten, könnte noch lange fortgesetzt werden. Man denke nur an "Late Night Berlin": Die ProSieben-Show mit Klaas Heufer-Umlauf ist seit der Rückkehr aus der Sommerpause kaum wiederzuerkennen, was längst nicht nur darauf zurückzuführen ist, dass der Moderator seither seinen steifen Anzug gegen ein bequemeres Outfit tauschen durfte. Oder "Wer weiß denn sowas?": Ihren hohen Unterhaltungswert hat die ARD-Rateshow vor allem der Tatsache zu verdanken, dass sich die Protagonisten vor der Kamera über viele Folgen hinweg einspielen und dadurch eine ganz eigene Dynamik entstehen konnte.

Die Beispiele zeigen: Manchmal lohnt ein zweiter Blick. Und nicht selten ist eine Sendung plötzlich besser als ihr Ruf.

DWDL.de will das zum Anlass nehmen, um in Zukunft in unregelmäßigen Abständen einen "zweiten Blick" auf TV-Formate zu werfen. Wurde an den anfänglichen Schwächen gearbeitet? Hat sich etwas verbessert? Gerne auch mit Ihrer Hilfe: Mailen Sie uns Ihre Beobachtungen und wir schauen noch einmal genauer hin.