Die bekanntesten Gesichter des ZDF sind nicht etwa Thomas Gottschalk, Marietta Slomka oder Giovanni Zarrella - sondern Anton, Berti, Conni, Det, Edi und Fritzchen. Die sechs Mainzelmännchen waren vermutlich die beste Idee, die die Verantwortlichen des öffentlich-rechtlichen Senders hatten. Oder besser gesagt, die Wolf Gerlach hatte. Der gelernte Theatermaler war es, der die bis heute beliebten Trickfiguren zum Sendestart des ZDF vor nunmehr 60 Jahren - in namentlicher Anlehung an die Heinzelmännchen - entwickelte.

Dabei entstehen die Mainzelmännchen gar nicht in Mainz, sondern in der hessischen Nachbarstadt Wiesbaden, also auf der "ebsch Seit'", wie man "drüben" in der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt scherzt. Die Mainzelmännchen-Macher sind Wiesbaden auch nach einem Umzug in die Nähe des Schlossparks treu geblieben, wo ein weit über 300 Jahre altes Fachwerkhaus inzwischen die Heimat der beliebten Figuren ist. Das geschichtsträchtige Gebäude passt gut zur Firma NFP Animation, die einst vom Vater des heutigen Geschäftsführers Stefan Thies gegründet wurde und somit selbst reichlich Tradition mitbringt. Klar, dass auch viele Zeichnerinnen schon seit Jahrzehnten mit dabei sind.

Anders als in der Anfangszeit wirken die sechs Männchen mit ihren heiseren Stimmchen heute jedoch wie aus einem Guss, auch weil das Merchandising wichtiger geworden ist. "Früher konnte man noch genau erkennen, wer die Zeichnungen gemacht hat", erinnert sich Produktionsleiterin Martina Sasse. Und so ist inzwischen alles bis ins kleinste Detail geregelt. Die Folien, die einst mühsam zusammengestellt werden mussten, gehören auch bei den Mainzelmännchen längst der Vergangenheit an. Mehrere hundert Clips schaffen es dadurch inzwischen jährlich auf den Schirm und prägen so das Programm, auch wenn deren Länge mit in der Regel nur etwa zwei Sekunden arg überschaubar ist. Die Faustregel ist leicht zu merken: Eine Sekunde pro Bewegung. Große Geschichten sind da natürlich kaum möglich. 

Kein Alkohol und Sex - und keine Frauen

Aller Zeitknappheit zum Trotz erfüllen die Figuren nach wie vor eine wichtige Aufgabe. "Die Mainzelmännchen gestalten die Werbepausen unterhaltsamer", sagt Hans Joachim-Strauch, seit vielen Jahren Geschäftsführer des ZDF-Werbefernsehens, und verweist darauf, dass das ZDF den geringsten Reichweiten-Verlust aller Sender beim Übergang von Programm und Werbung habe - "ganz sicher ein Verdienst der Mainzelmännchen". Die stellen mittlerweile ein echtes Unikum im deutschen Fernsehen dar, nachdem regionale Figuren wie "Äffle und Pferdle" oder "Onkel Otto" verschwunden sind.

Allerdings ecken die heutigen Zwergen-Geschichten nur noch selten an. "Die Figuren sollen positiv rüberkommen, nicht schadenfroh oder gar aggressiv", so Produktionsleiterin Martina Sasse. Auf Politik und Religion wird daher ebenso verzichtet wie auf Alkohol und Sex – und im Übrigen auch auf Mainzelfrauen. Einzig vor rund 20 Jahren, als es kurzzeitig eine Zeichentrickserie namens "Die Mainzels" gab, wurde mit der Einführung der Zwillingsschwestern Lea und Zara eine Ausnahme gemacht. 

Mainzelmännchen 70er © ZDF/NFP Die Mainzelmännchen in den 70er Jahren.

Derart harmlos, manche würden womöglich sagen langweilig, ging es in der Welt der Mainzelmännchen nicht immer zu. Als das ZDF den Figuren zuletzt zu Beginn des Jahrtausends einen komplett neuen Anstrich verpasste, ging auch schon mal ein Öltanker unter. In einem legendären Spot putzte sich eine der Figuren die Zähne – bis diese ausfielen. So etwas sucht man heute vergeblich, denn das Urteil der Zuschauer war eindeutig: Sie mochten die rabiaten Geschichten nicht.

Dass die Mainzelmännchen im Hier und Jetzt leben, zeigte sich zuletzt vor knapp drei Jahren, als Anton & Co. das Publikum zu Beginn der Corona-Pandemie auf sympathische Weise dazu aufriefen, zu Hause zu bleiben, möglichst im Homeoffice zu arbeiten und körperliche Distanz zu anderen Menschen zu wahren. Ein Dutzend Clips entstanden damals innerhalb von nur drei Tagen - im normalen Arbeitsalltag hätte die Produktion über einen Monat in Anspruch genommen. Dass die Figuren für eine solche Kommunikation eingesetzt wurden, stellte übrigens kein Novum dar: So warnten die Mainzelmännchen in ihrer Anfangszeit in den 60ern beispielsweise noch vor der Brandgefahr beim Rauchen in geschlossenen Räumen und vor Unfällen im Haushalt.

Und wie sieht es mit der Rente aus? Auch 60 Arbeitsjahren denkt in Mainz niemand darüber nach, die Männchen in den Ruhestand zu schicken. Anton, Berti, Conni, Det, Edi und Fritzchen müssen also weiter schuften - was ganz sicher im Interesse von Millionen Zuschauerinnen und Zuschauern ist, die sich Tag für Tag an den kleinen Geschichten inmitten der Werbeblöcke erfreuen. Und natürlich an ihrem prägenden Ausruf: "Gud'n Aamd".